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Urteil: Unzulässige Gerichtsstandvereinbarung: Klage gegen Verbraucher zurückgewiesen

Die beklagte Konsumentin lebt in Wien, wo sie bis zu ihrer Pensionierung im April 2019 als Lehrerin tätig war. Sie besaß bis vor etwa vier Jahren ein Haus im Sprengel des Erstgerichts Vöcklabruck, das von ihr und ihrer Familie zu Ferienzwecken genutzt wurde. Nunmehr ist die Tochter der Beklagten Eigentümerin dieses Hauses. Bis zur Pensionierung nutzte die Beklagte das Haus in den Monaten Juli und August, wobei sie jedoch nicht durchgehend anwesend war, sondern nach etwa zwei Wochen jeweils für eine Woche nach Wien zurückkehrte, weil sie aus gesundheitlichen Gründen immer wieder ins Krankenhaus musste. Im Übrigen urlaubte sie auch an anderen Orten.

Der klagende Unternehmer berief sich auf eine Gerichtsstandvereinbarung („Gerichtsstand Vöcklabruck“) aus dem Jahr 2018.

Der OGH bestätigte die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts Vöcklabruck. Gemäß § 14 Abs 1 KSchG sind Gerichtsstandsvereinbarungen für Klagen gegen einen Verbraucher nur zulässig, wenn im vereinbarten Gerichtsstand der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung des Verbrauchers liegt. Die Bestimmung des § 14 KSchG soll den Verbraucher davor schützen, wegen einer rechtsgeschäftlichen Verschiebung der Zuständigkeit Gerichtsverfahren unter Umständen in großer räumlicher Distanz zu führen. Die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung, auf die sich die Klägerin beruft, hängt damit davon ab, ob sich im Zeitpunkt ihres Abschlusses im Sprengel des Erstgerichts ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der Beklagten befand.

Der Wohnsitz einer Person ist nach § 66 Abs 1 JN an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Von einem Wohnsitz kann nur dann die Rede sein, wenn neben dem körperlichen Moment des tatsächlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort das Willensmoment der erweislichen Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, nach außen hin erkennbar wird. Ein Mehrfachwohnsitz ist zwar möglich, erfordert aber die Absicht, die mehreren Orte zum jeweiligen Mittelpunkt der Lebensführung zu machen. Aus dem Sachverhalt ergibt sich nicht, dass die Beklagte den Sprengel des Erstgerichts bewusst zu einem Mittelpunkt ihres Lebens gemacht hätte. Dagegen spricht letztlich auch die regelmäßige medizinische Versorgung in Wien.

Nach § 66 Abs 2 JN ist bei der Beurteilung, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, auf die tatsächlichen Umstände abzustellen. Dabei sind Dauer und Beständigkeit maßgeblich und Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die eine dauerhafte Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Nach der Rechtsprechung kommt es darauf an, ob jemand einen Ort zum Mittelpunkt seines Lebens, seiner wirtschaftlichen Existenz und seiner sozialen Beziehung macht. Es muss zwar nicht unbedingt ein ständiger Aufenthalt vorliegen, allerdings müssen objektiv überprüfbare Umstände persönlicher oder beruflicher Art darauf hindeuten, dass eine Person nicht nur vorübergehend, sondern längere Zeit an einem Ort bleiben wird. Aufenthalte zu Urlaubszwecken sind demgegenüber bloß vorübergehend. Auch ein jahrelanges regelmäßiges Aufsuchen eines Sommeraufenthalts für jeweils mehrere Wochen dient letztlich Erholungszwecken und ändert nichts am vorübergehenden Charakter des Aufenthalts. Es würde dem Schutzzweck des § 14 KSchG zuwiderlaufen, wollte man an solche saisonale Anwesenheiten einen "gewöhnlichen Aufenthalt" iSd § 14 KSchG knüpfen, weil der Verbraucher erst recht gezwungen wäre, sich im Falle einer Prozessführung, die iaR nicht auf die Zeit einer typischen Urlaubssaison beschränkt ist, an ein vom Wohnort entferntes Gericht zu begeben. Durch ihre - ohnedies nicht durchgängigen - regelmäßigen Anwesenheiten im Sprengel des Erstgerichts während der Monate Juli und August hat die Beklagte daher keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.

Die gegenständliche Vereinbarung verstößt gegen die zugunsten der Beklagten als Verbraucherin zwingende Bestimmung des § 14 Abs 1 KSchG und ist damit unwirksam. Die Klage wurde zurückgewiesen.

OGH 23.7.2020, 1 Ob 127/20p

Das Urteil im Volltext.

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