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Urteil: Taggeld aus Unfallversicherung auch bei Arbeitslosigkeit

Der VKI hatte im Auftrag des BMSG eine private Unfallversicherung auf Zahlung von Taggeld nach einem Unfall geklagt. Die Versicherung hatte argumentiert, dass ein Anspruch auf Taggeld nach den AUVB 1994 nur bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit im Beruf zu leisten wäre, bei Arbeitslosigkeit bestünde hingegen kein Anspruch auf Taggeld.

Der betroffene Konsument hatte im April 2000 eine private Unfallversicherung abgeschlossen, in der die Risken Invalidität und Taggeld versichert waren.

Taggeld sollte nach Art. 6 Z 3 der Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung 1994 (AUVB 1994) bei dauernder oder vorübergehender Invalidität für die Dauer der vollständigen Arbeitsunfähigkeit im Beruf oder in der Beschäftigung des Versicherten gezahlt werden. Ab Oktober 2001 war der Konsument arbeitslos. Am 1.5. 2002 wurde der Konsument bei einem Unfall schwer verletzt und ist seit damals invalide. Die Versicherung leistete nach dem Unfall eine Akontozahlung betreffend Invalidität. Eine Leistung zum Taggeld erfolgte nicht.

Das BG Linz gab dem Klagebegehren zur Gänze statt und ging davon aus, dass die Versicherung auch bei Arbeitslosigkeit des Versicherungsnehmers Taggeld leisten müsse. Das LG Linz hat dieses Urteil nunmehr bestätigt.

Das LG Linz weist darauf hin, dass die dem Fall zugrunde liegenden AUVB 1994 (wie bereits in der Neufassung in den AUVB 1988) in ihrer Formulierung zum gegenständlichen Problemkreis eine ausdrückliche Erweiterung gegenüber der Vorgängerbestimmung erfuhren. Während gemäß Art. 8 III AUVB 1965 ursprünglich ausdrücklich auf den im Versicherungsvertrag angegebenen Beruf abgestellt wurde ("Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten in seinem angegebene Beruf") legt die erweiterte Formulierung "im Beruf oder in der Beschäftigung des Versicherten" das Verständnis nahe, dass der Versicherungsfall mit der unfallbedingten Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit schlechthin eintritt.

Das LG Linz weist auch darauf hin, dass der OGH zur engeren Formulierung "in seinem angegebene Beruf" bereits ausgesprochen hat, dass es beim Anspruch auf Taggeld nicht darauf ankommt, ob und wie sich das Einkommen des Versicherten tatsächlich verringert hat. Taggeld ist auch zu gewähren, wenn die Behinderung der Arbeitsfähigkeit keinerlei Vermögensnachteil gebracht hat (OGH 2.4.1997, 7 Ob 2393/96d). Auch in der deutschen Lehre wird vertreten, dass es bei der Taggeldversicherung nicht darauf ankommt, ob und wie sich das Einkommen des Versicherten verringert hat.

Im übrigen würde die Auffassung, dass nur aktuell erwerbstätige Versicherungsnehmer Anspruch auf Taggeld haben, zu einer unangemessenen Benachteiligung führen, da der Versicherer für diese Leistung auch eine Prämie erhält. Auch bei einer Zusammenschau mit den übrigen Bestimmungen der AUVB 1994 ergibt sich, dass Arbeitslose eine Anspruch auf Taggeld haben - so findet sich kein Ausschluss für Arbeitslose, sondern nur für jene Personen, welche dauernd vollständig arbeitsunfähig sind.

Das LG Linz geht somit davon aus, dass Taggeld nach Art. 6 Z 3 AUVB 1994 auch arbeitslosen Personen gewährt werden muss. Es stellt auch klar, dass dieses Ergebnis auch auf Grund der Unklarheitenregel des § 915 ABGB anzunehmen wäre.

Die von der Versicherung behauptete Obliegenheitsverletzung, wonach die Arbeitslosigkeit des Konsumenten nicht bekannt gegeben worden wäre, weist das LG Linz zurück, da eine entsprechende Anzeigepflicht aus den Versicherungsbedingungen nicht ableitbar ist.

Die ordentliche Revision an den OGH wurde zugelassen.

LG Linz 30.9.2004, 14 R 112/04w
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Klagevertreter: Dr. Dieter Gallistl, RA in Linz

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