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Urteil: "Zinsenstreit" - Verjährung beginnt erst mit Saldoziehung am Ende der Kreditlaufzeit

Als Berufungsinstanz in einem Musterverfahren der AK hatte sich das HG Wien mit der Verjährungsfrage im "Zinsenstreit" zu befassen. Unabhängig davon, ob die strittige dreijährige oder die regelmäßige dreißigjährige Verjährungsfrist zur Anwendung komme, könne der Anspruch auf Rückforderung zuviel bezahlter Zinsen frühestens mit Saldoziehung im Kontokorrent zu verjähren beginnen. Gemäß Rechtsprechung des OGH findet diese Saldoziehung am Ende der Laufzeit des Kredites statt und ist zu unterscheiden von den bereits während der Laufzeit übermittelten "Tagessaldi".

Das Erstgericht hatte den Klagsanspruch in Höhe von € 1.773,35 wegen Verjährung mit der Begründung abgewiesen, dass ab 26.7.1999 ein Fixzinssatz vereinbart worden sei und somit iSd Entscheidung des OGH vom 24.6.2004, 4 Ob 73/03v (siehe VRInfo 9/2003) Zahlungen auf überhöhte Zinsen jedenfalls drei Jahre vor Klagseinbringung (10.4.2003) nicht stattgefunden haben.

Klagsgegenständlich war ein Kredit aus 1987 in Höhe von ATS 210.000,- , welcher in den Jahren 1989 und 1991 aufgestockt wurde. Am 2.2.2001 wurde der Kredit mittels Einmalzahlung gänzlich - nach der Rechnung der Bank - getilgt. Die Zinsänderungsklausel lautete: " Der vereinbarte Zinssatz gilt vorbehaltlich gleichbleibender Geld- und Kapitalmarktverhältnisse."

Das HG Wien referierte - in diesem Musterprozess der AK Wien - zunächst die Entscheidung des OGH vom 17.12.2003, 4 Ob 265/02b (siehe VRInfo 3/2003), wonach von der Saldobildung nach Ablauf der Verrechnungsperiode ( = vereinbarte Laufzeit des Kredits) jener Vorgang zu unterscheiden ist, bei dem dem Kreditnehmer in periodischen Abständen ein Tagessaldo (Bankauszug, Tagesauszug) übermittelt wird. Letzterer ist ein buchtechnischer Postensaldo, der keine Verrechnung mit Tilgungswirkung iSd periodischen Verrechnung eines Kontokorrent nach § 355 HGB darstellt (dies freilich unabhängig vom sich aus der Verpflichtung der Bank zu einer richtigen Kontoführung ergebenden Recht des Kunden darauf, dass der Tagesauszug den Kontostand richtig wiedergibt).

Aufgrund der Besonderheiten des Kontokorrent und der Tatsache, dass die Höhe der Pauschalraten jeweils exakt gleich hoch waren, verwarf das HG Wien die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Unabhängig von einer Anwendung der kurzen (3 Jahre) oder regelmäßigen Verjährung (30 Jahre) sei der Klagsanspruch keinesfalls verjährt.

Das HG Wien verwies das Verfahren an das Erstgericht zurück. Dieses habe insbesondere die Auswirkungen der Kredit-Aufstockung zu klären - ob es etwa im Rahmen der Kredit-Aufstockungen zum Abschluss eines jeweils gesondert zu betrachtenden Kreditvertrag kam, in welchem Fall etwa der jeweils neu vereinbarte Zinssatz als Ausgangszinssatz für die weitere Überlegungen heranzuziehen wäre bzw. eine bereits in den Jahren 1989 bzw. 1991 überhöhte Zinsenverrechnung zu kapitalisieren und als bereits seinerzeit entstandener Rückforderungsanspruch zu behandeln wäre.

HG Wien 6.12.2004, 1 R 270/04h
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

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