Zum Inhalt

Corona Pandemie – Airline muss Kosten von staatlichen Rückholflügen nicht ersetzen

In einem von einem österreichischen Gericht eingeleiteten Verfahren ging der EuGH der Frage nach, ob Airlines Reisenden die Kosten eines während der Corona – Pandemie staatlich organisierten Rückholfluges ersetzen müssen.

Ausgangsverfahren

Der Kläger und seine Ehefrau verfügten über einen Flugschein von Austrian Airlines für den 18.März 2020, der jedoch aufgrund der von der Regierung getroffenen Maßnahmen infolge der Covid-19 Pandemie annulliert wurde. Austrian Airlines informierte den Kläger weder über die Annullierung noch über ihre nach der Fluggastrechte-Verordnung zustehenden Rechte. Der Kläger registrierte sich und seine Ehefrau folglich selbst für einen vom Außenministerium organisierten Repatriierungsflug, welcher von Austrian Airlines – zwar unter einer anderen Flugnummer – aber zu derselben Flugzeit durchgeführt wurde, wie der annullierte Flug. Für diesen Repatriierungsflug musste der Kläger einen verpflichtenden Unkostenbeitrag in Höhe von Euro 500,-- pro Person bezahlen.

Der Kläger begehrte folglich für sich und seine Ehefrau mittels Klage gegen Austrian Airlines die Zahlung von Euro 1.000,-- samt Zinsen. Dieser Betrag entspricht dem obligatorischen Unkostenbeitrag, den er und seine Ehefrau für den Repatriierungsflug leisten mussten.

Das Landesgericht Korneuburg hat das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, um zu klären, ob ein Repatriierungsflug eine anderweitige Beförderung zum Endziel iSd Art. 5 Abs. 1 lit a und Art. 8 Abs 1 lit b der Fluggastrechte-VO darstellt, sowie ob das Luftfahrtunternehmen dem Reisenden die Unkosten für diesen Rückholflug ersetzen muss.

Ausführungen EuGH

Nach Ansicht der EuGH unterscheiden sich die Bedingungen für einen Repatriierungsflug signifikant von jenen für einen kommerziellen Flug. Airlines können Reisenden keinen Repatriierungsflug als anderweitige Beförderung im Sinn der Fluggastrechte-VO anbieten, weil sie ihnen kein Beförderungsrecht für diesen Flug einräumen können. Die Organisation eines solchen Fluges erfolgt ausschließlich im Kontext einer konsularischen Unterstützungsmaßnahme eines Staates, sowohl Boarding als auch die Dienstleistungen an Bord können mit einem kommerziellen Flug nicht verglichen werden.

Weiters führt der EuGH aus, dass Art. 8 Abs. 1 der Fluggastrechte-VO nicht dahin ausgelegt werden kann, dass einem Fluggast, der sich im Anschluss an die Annullierung seines Rückflugs selbst für einen von einem Mitgliedstaat organisierten Repatriierungsflug anmeldet, auf der Grundlage dieser Verordnung gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ersatz des zusätzlich anfallenden Unkostenbeitrags zusteht, den er für die Registrierung für diesen Flug leisten musste.

Ein solcher Fluggast ist aber berechtigt, auf der Grundlage der in den Art. 8 und 9 der Verordnung Nr. 261/2004 aufgeführten Gesichtspunkte einen Ausgleichsanspruch geltend zu machen, wenn ein ausführendes Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen aus diesen Bestimmungen verletzt hat.

Fazit

Airlines müssen die von Reisenden geleisteten Unkostenbeiträge von Repatriierungsflügen nicht ersetzen, jedoch können sie gegenüber der Airline einen Ausgleichsanspruch aufgrund der Fluggastrechte-Verordnung geltend machen, wenn die Airline ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.

 

EuGH 8.6.2023, C-49/22 (Austrian Airlines)

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

zupfdi.at: „Besitzschützer“-Geschäftsmodell laut OGH unzulässig

zupfdi.at: „Besitzschützer“-Geschäftsmodell laut OGH unzulässig

Eine Rechtsanwaltskanzlei hatte eine einstweilige Verfügung (eV) gegen die Zupf di Besitzschutz GmbH begehrt, wonach diese die von ihr kommerziell betriebene Abmahnpraxis bei behaupteten Besitzstörungen zu unterlassen habe. Die Antragsgegnerin hatte eine Website (zupfdi.at) betrieben, bei der Betroffene eine Besitzstörung durch das widerrechtliche Abstellen von Kfz melden und deren Ansprüche an die Antragsgegnerin abtreten konnten, woraufhin diese Abmahnschreiben an die (vermeintlichen) Besitzstörer versandte. Der OGH gab der Antragstellerin mit Beschluss vom 25.01.2024 recht und erließ die eV; das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin in der betriebenen Form ist somit unzulässig. Der Beschluss des OGH ist rechtskräftig.

Kostenfreier Rücktritt von Pauschalreise – Situation zum Rücktrittszeitpunkt maßgeblich

Kostenfreier Rücktritt von Pauschalreise – Situation zum Rücktrittszeitpunkt maßgeblich

Art 12 Abs 2 Pauschalreise-RL ist dahingehend auszulegen, dass für die Feststellung, ob „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ aufgetreten sind, die im Sinne dieser Bestimmung „die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen“, nur die Situation zu berücksichtigen ist, die zu dem Zeitpunkt bestand, zu dem der Reisende vom Reisevertrag zurückgetreten ist.

Ausgleichszahlung nur bei rechtzeitigem Einfinden am Flughafen

Ausgleichszahlung nur bei rechtzeitigem Einfinden am Flughafen

Voraussetzung für die in Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichszahlung im Fall einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der geplanten Ankunftszeit ist das rechtzeitige Eintreffen des Fluggastes zur Abfertigung bzw im Fall einer online Registrierung das rechtzeitige Einfinden am Flughafen bei einem Vertreter des ausführenden Luftfahrtunternehmens.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang