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Dieselskandal: VW-Abschalteinrichtung verboten laut Generalanwältin des EuGH

Druck auf Automobilbranche steigt: Schummeldiesel und Thermofenster entsprechen nicht Typengenehmigung

Mitte September 2015 hatte VW eingestanden, bei Dieselmotoren der Marken VW, Audi, SEAT und Skoda aus der Konstruktionsserie EA 189 mit Hilfe einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware Abgastests manipuliert zu haben. Schadenersatzzahlungen an Betroffene wurden von VW damals in Europa verweigert.

Die Staatsanwaltschaft von Paris ermittelt gegen VW wegen arglistiger Täuschung. Sie hat den EuGH insb. mit der Auslegung der Begriffe "Emissionskontrollsystem" und "Abschalteinrichtung" sowie mit der Frage befasst, ob, eine solche Vorrichtung erlaubt ist.

Die Generalanwältin des EuGH, deren Schlussanträge zwar nicht bindend sind, an deren Inhalt sich der Gerichtshof bei seiner Entscheidung aber orientiert, kommt zu folgendem Ergebnis:

Art 5 Abs 2 der VO Nr. 715/2007 (welche Regelungen zur Typengenehmigung von Kfz enthält) verbietet  Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern.
Das von VW behauptete Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, sei keine zulässige Rechtfertigung und nicht "notwendig [...], um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten".

VW hatte die angebliche Rechtskonformität seiner Fahrzeuge auf die vorhandene Zulassung durch das KBA gestützt; die Generalanwältin kommt jedoch zu dem Schluss, dass die eingebaute Abschalteinrichtung von Anfang an verboten war und nie der Typengenehmigung entsprochen hat.

Aus der Feststellung der Generalanwältin, dass die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionsgrenzen während ihres gesamten normalen Betriebs einhalten müssen, ergibt sich, dass auch das sogenannte "Thermofenster", wodurch die Abgasreinigung bei bestimmten Außentemperaturen gedrosselt wird, verboten ist.

Weiters stellt die Generalanwältin anhand eines technischen Gutachtens fest, dass das AGR-System die Motorleistung bei der Nutzung verschlechtere und seine Verschmutzung beschleunigen könne, wodurch Wartungsarbeiten "häufiger und kostspieliger" würden, was insbesondere jene Fahrzeughalter bestätigen, die von derartigen Nachteilen berichten.

Sollte der EuGH diese Einschätzung teilen, hätte dies weitreichende Folgen für die gesamte Automobilbranche, da ihnen für diese Verstöße Sanktionen drohen. Wann die endgültige Entscheidung ergeht, ist noch offen.

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2020-04/cp200052de.pdf

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