I. Einleitung
Diskriminierung wird in der Alltagssprache als nicht gerechtfertigte benachteiligende Unterscheidung zwischen einzelnen Menschen(gruppen) verstanden. Dieses Verständnis liegt auch dem rechtlichen Diskriminierungsbegriff zugrunde. Diskriminierung ist - gerade im Europarecht - in vielen Bereichen verboten.
Seit einiger Zeit ist Diskriminierung noch dazu nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verboten. Das heißt, dass - entgegen dem Grundsatz der Vertragsfreiheit - auch Private gewisse Personengruppen nicht schlechter behandeln dürfen als andere. Derzeit gilt das Diskriminierungsverbot in diesem Bereich nur für die Diskriminierungsgründe ethnische Herkunft/Zugehörigkeit, Geschlecht und Behinderung (dazu weiter unten).
Unter "ethnische Herkunft/Zugehörigkeit" ist auch die Staatsangehörigkeit zu verstehen - entsprechende Ausnahmen im Gleichbehandlungsgesetz zielen vereinfacht gesagt nur darauf ab, etwa Fremden- und Asylgesetze zu ermöglichen, wo klarerweise nach der Staatsangehörigkeit differenziert wird. D.h wenn ich als UnternehmerIn jemandem, der/die nicht österreichische StaatsbürgerIn ist, einen Vertrag verweigere, weil er/sie nicht aus Österreich stammt, verstoße ich gegen Gesetze und werde unter Umständen schadenersatzpflichtig, Privatautonomie hin oder her!
Das Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsrecht bietet rechtlichen Schutz vor Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts,
der ethnischen Zugehörigkeit/Herkunft,
der Religion und Weltanschauung,
einer Behinderung,
der sexuellen Orientierung und
des Alters
in der Arbeitswelt und
aufgrund
des Geschlechts,
der ethnischen Zugehörigkeit/Herkunft,
einer Behinderung (Behindertengleichstellungsgesetz)
beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen.
Beispiele von Gütern und Dienstleistungen
• Waren, die es in Geschäften, auf Märkten oder anderswo zu kaufen gibt
• Angebote von verschiedenen Arten von Lokalen, wie Cafés, Gasthäuser, Restaurants,
Diskotheken, etc.
• Angebote von diversen Sport- und Freizeiteinrichtungen wie Fitnesscenter, Kinos,
Theater, etc.
• Transportleistungen durch Taxis, lokale Verkehrsbetriebe, Bahn, Bus, Fluglinien etc.
• Leistungen von anderen Gewerbebetrieben wie Installateure und Installateurinnen,
Autowerkstätten, Friseuren und Friseurinnen, etc.
• Angebote von Banken und Versicherungen, wie zum Beispiel Sparbücher, Konten, Versicherungen, private Pensionsvorsorge, etc.
• Leistungen von Ämtern
Aufgrund der bundesstaatlichen Struktur Österreichs gibt es etwa 30 Gesetze, die Diskriminierung verbieten.
Vereinfacht lässt sich sagen: Der Diskriminierungsschutz in der Arbeitswelt besteht für alle der oben genannten Diskriminierungsgründe, beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die von privaten Unternehmen, dem Bund bzw. solchen, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags angeboten werden nur aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit/Herkunft und des Geschlechts.
Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz regelt aber ebenfalls das Verbot einer Diskriminierung wegen einer Behinderung in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb der Arbeitswelt.
II. Beispiele für Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen
1. Ethnische Zugehörigkeit/Herkunft
Ein Hauseigentümer vermietet keine Wohnungen an Personen mit dunkler Hautfarbe.
Kein Einlass in eine Diskothek auf Grund der Hautfarbe - Ein junger Mann indischer Herkunft möchte gemeinsam mit seiner Freundin österreichischer Herkunft in eine Diskothek gehen, wo ein Freund Geburtstag feiert. Der Türsteher sagt zu ihm "Für dich heute nicht". Seine Freundin wird ohne Probleme eingelassen. Der Türsteher meint, er müsse seine Entscheidung nicht begründen, weil er das Hausrecht habe. Quelle: Gleichbehandlungskommission
Eine Bank vergibt an eine Person mit Migrationshintergrund aufgrund der ausländischen Herkunft keinen Kredit, obwohl keine sachlichen Gründe z.B. fehlende Bonität vorliegen.
Ein Kunde mit Migrationshintergrund wird in einem Geschäft vom Verkaufspersonal "übersehen".
Diskriminierung beim Abschluss einer Versicherung: Eine Frau und ihr Lebensgefährte, die beide in Österreich leben, möchten gemeinsam für ihr Auto eine Kfz-Versicherung abschließen. Bei einem Telefongespräch zur Klärung der Kosten erkundigt sich die Mitarbeiterin der Versicherung nach der Staatsbürgerschaft der beiden. Die Frau teilt ihr mit, dass sie slowenische und ihr Mann bosnischer Staatsbürger ist. Die Mitarbeiterin der Versicherung erklärt, dass nichtösterreichische StaatsbürgerInnen höhere Prämien zahlen müssen. Außerdem bestehen zwischen den einzelnen Ländern unterschiedliche Prämienhöhen, von bosnischen StaatsbürgerInnen werden höhere Prämien verlangt als von slowenischen. Quelle: GAW Tätigkeitsbericht 2004/2005.
Eine Bank kündigt die Konten von kubanischen StaatsbürgerInnen unter Berufung auf ihren amerikanischen Eigentümer (wg. Helms-Burton-Gesetz).
Autovermieter weigert sich, an Osteuropäer Autos zu vermieten bzw. nur gegen eine hohe Kaution (die auch nur OsteuropäerInnen hinterlegen müssen).
Handyanbieter weigert sich, mit einer Kroatin einen Handyvertrag abzuschließen,
weil mögliche offene Forderungen im Ausland schlechter durchsetzbar sind (dieses Argument ist keine sachliche Rechtfertigung!)
Schlechtere Konditionen beim Bankkonto (z.b. wenn Überziehungsrahmen oder Bankomatkarte verweigert werden) für nicht EU- bzw. EWR -BürgerInnen aus ähnlichen Gründen wie zuvor.
2. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
Ein Friseursalon bietet günstige Herrenschnitte nur für Männer an und verlangt bei Frauen für die idente Leistung (gleicher Zeitaufwand, gleiche Pflegeprodukte) mehr Geld.
Höhere Versicherungsprämien nur aufgrund des Geschlechts.
Unter Umständen billigere Fußballtickets für Frauen (diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof kürzlich entschieden, aber noch nicht veröffentlicht!)
Seniorenkarten, die Frauen schon ab 60 Jahren, Männer erst ab 65 Jahren bekommen (problematisch ist hier das alleinige Festmachen am Geschlecht - die Seniorenermäßigung hat ja va ein soziales Ziel, nämlich dass auch die finanziell schlechter gestellten SeniorInnen die Leistungen zB der Wiener Linien oder ÖBB in Anspruch nehmen können, es kann aber auch sein, dass Männer schon mit 62 in Pension gehen und entsprechend weniger verdienen - es wäre also auf den Zeitpunkt der Pensionierung abzustellen).
3. Diskriminierung aufgrund der Behinderung
Bietet ein Versandhaus seine Waren im Internet an, die Website ist aber für blinde Menschen nicht lesbar, so kann das eine Diskriminierung sein (Unternehmen sind nach § 6 Abs 2 BGStG zu prüfen, ob die Belastung bei Beseitigung einer Barriere unzumutbar ist. Die Übergangsregelungen gem § 19 BGStG gelten für Websites nicht.)
Ein Gastwirt verwehrt einer Gruppe von Menschen wegen deren Behinderung den Eintritt in sein Lokal.
Belästigt ein Gastwirt einen behinderten Gast wegen seiner Behinderung (z.B. Beschimpfung, Sich Lustigmachen), dann ist dies eine Diskriminierung im Sinne des Gesetzes.
III. Verwaltungsrechtliches Diskriminierungsverbot
Art III Abs 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen
(EGVG) verbietet es, Personen auf Grund ihrer "Rasse", ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt zu benachteiligen oder sie zu hindern, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind. Bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung kann die Bezirksverwaltungsbehörde eine Verwaltungsstrafe von bis zu 1.090 Euro verhängen.
Beispiele für solche Fälle:
Bei der Suche nach Mietwohnungen stoßen Sie auf folgendes Inserat:
Helle 3-Zimmer-Wohnung zu vermieten. 60 m2, neu renoviert, in bester Lage. Nur
an Inländer zu vermieten. Tel: 87 654 321.
Drei Männer sudanesischer Herkunft möchten sich bei einem Imbissstand
etwas zu trinken kaufen. Sie werden jedoch mit den Worten "alle Schwarzen verkaufen Drogen" aufgefordert wegzugehen. Auf Grund ihrer Hautfarbe werden sie nicht bedient.
IV. Diskrminierungsverbot laut EG -Vertrag (geltende Fassung d.h. ohne Lissabon-V)
Dieser sieht vor, dass EU- BürgerInnen anderer Mitgliedstaaten nicht schlechter behandelt werden dürfen als Inländer. Das gilt bislang aber nur für staatliche Einrichtungen bzw. solche Private, die staatlichem Einfluss unterliegen, klassisches Beispiel: Schwimmbad, dass von der Gemeinde geführt wird, Schilift, der von Gemeinde betrieben wird, Staatsoper etc. - d.h. niedrigere Preise für Einheimische im Verhältnis zu EU-AusländerInnen wären verboten. Im Gegensatz zum Gleichbehandlungsgesetz gilt das aber wie gesagt nicht für rein Private!!
Inländerdiskriminierung ist nach EGV nicht verboten. Nicht verboten ist es Unternehmern grundsätzlich auch, in verschiedenen Mitgliedstaaten verschiedene Preise für die gleiche Ware zu verlangen.
V. Welche Folgen hat Diskriminierung?
Zwar gibt es keinen Kontrahierungszwang des Unternehmers, aber der/die Diskriminierte kann materiellen/immateriellen Schadenersatz geltend machen. Die bisher zugesprochenen Beträge sind zwar nicht besonders hoch, der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern versucht hier aber Rechtsprechung zu erzeugen, zumal die einschlägigen EU- Richtlinien regeln, dass die Sanktionen gegen Diskriminierung "abschreckend" sein müssen. Es ist also nicht so, dass man gegen Diskriminierung nichts tun kann oder eine solche zulässig ist!
Soweit die AGB eines Unternehmens gegen Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsgesetze verstoßen, könnte auch der VKI mit Verbandsklage auf Unterlassung dagegen vorgehen.
VI. Welche Stellen sind für KonsumentInnen zuständig, die sich über Diskriminierung beschweren?
Gleichbehandlungsanwaltschaft - Beratung und Information, rechtliche Unterstützung vor der Gleichbehandlungskommission.
Schlichtung vor dem Bundessozialamt bei Diskriminierung aufgrund einer Behinderung
Gleichbehandlungskommission.
Beratung/Information durch ZARA bzw. Klagsverband
Gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund der Diskriminierung (der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern unterstützt hier).
BMASK, AK, ÖGB.
Bezirksverwaltungsbehörde
Es ist darauf hinzuweisen, dass diskriminierte Personen vor Gericht Beweislasterleichterungen genießen: Die diskriminierte Person muss lediglich glaubhaft machen, dass sie auf Grund eines verbotenen Unterscheidungsmerkmals diskriminiert wurde. Hingegen muss die für die Diskriminierung verantwortliche Person beweisen, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein anderer Grund für die Diskriminierung ausschlaggebend war (vgl. §§ 26 Abs 12 und 35 Abs 3 GlBG).
VII. Weitere Informationen:
http://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at/site/6435/default.aspx
http://www.bizeps.or.at/bizeps/
http://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at/DocView.axd?CobId=35606