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Erfolgreiche VKI-Klage gegen Fitinn-Betreiber

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die KSH Sports Holding GmbH (Erstbeklagte) und die FIMA Sportstudio Management GmbH (Zweitbeklagte) geklagt. Die Zweitbeklagte ist Inhaberin der Marke „Fitinn“ und betreibt die Website www.fitinn.at, die Erstbeklagte ist Alleingesellschafterin der Zweitbeklagten. Die Klage richtete sich gegen eine Werbung eines Abovertrags um 9,90 Euro monatlich, bei der aus Sicht des VKI – deutliche – Hinweise auf die Aktivierungsgebühr, auf die Mindestvertragsdauer und darauf fehlten, dass sich der Preis ab einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich nach etwa zwei Monaten, erhöhte. Das OLG Wien gab der Klage statt. 

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die KSH Sports Holding GmbH (Erstbeklagte) und die FIMA Sportstudio Management GmbH (Zweitbeklagte) geklagt. Die Zweitbeklagte ist Inhaberin der Marke „FITINN“ und betreibt die Website fitinn.at. Die Erstbeklagte ist Alleingesellschafterin der Zweitbeklagten und weiterer Gesellschaften, welche in Österreich Fitness-Studios unter der Bezeichnung „FITINN“ betreiben.

Auf fitinn.at wurde bis 16.10.2020 ein Angebot für einen Pro Flex Abovertrag um EUR 9,90 monatlich gemacht. Für die Aktivierung der Mitgliedschaft und der Mitgliedskarte hatten Verbraucher:innen eine einmalige Gebühr iHv EUR 29,90 zu entrichten. Konsument:innen konnten bis 15.12.2020 die Abo-Kategorie ändern (auf das Basic Abo zu EUR 19,90 p.m., oder das Advanced Abo um EUR 24,90 p.m), andernfalls sollte das Vertragsentgelt für das PRO FLEX Abo ab 1.1.2021 EUR 29,90 p.m. betragen. Das Aktionsabo konnte erstmals nach 12 Monaten gekündigt werden.

Die Zweitbeklagte bewarb ein Angebot auf Facebook mit einer Kachelwerbung, ua mit „Pro Flex Abo für 9,90€“. Zumindest in einigen Sujets (Kacheln) der Facebook-Werbung sowie auf den beanstandeten Plakaten wurde mit der Wortfolge „PRO FLEX Abo bis Jahresende um 9,90* mtl“ geworben. Neben dem Preis von „9,90“ befand sich dort in verkleinerter Schriftgröße ein Sternchen, das auf die Fußzeile verwies. In der Fußzeile waren aufklärende Hinweise enthalten.

Passivlegitimation

Der lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Störer.

Fest steht, dass die Erstbeklagte die beanstandeten Werbungen - anders als die Zweitbeklagte – weder unmittelbar noch als Mittäterin willentlich veranlasste und daran auch nicht als Gehilfin - etwa durch Verbreitung in ihrem Medium – mitwirkte. Eine Haftung der Erstbeklagten für die von der Zweitbeklagten geschalteten Werbungen lässt sich daher nur aus der Bestimmung des § 18 UWG ableiten. Dafür muss der Unternehmer kraft seiner Beziehung zum Handelnden die rechtliche Möglichkeit haben, eine allfällige Verletzung des Lauterkeitsrechts zu verhindern oder abzustellen. Wie weit die Möglichkeit, wettbewerbswidrige Handlungen Dritter abzustellen zwischen miteinander verflochtenen Gesellschaften besteht, hängt von den Beteiligungsverhältnissen ab; aus ihnen ergibt sich, ob und welche beteiligte Gesellschaft die andere beherrscht und dadurch auch auf das Abstellen von Wettbewerbsverstößen Einfluss nehmen kann.

Da die Erstbeklagte bereits aufgrund ihrer Stellung als Alleingesellschafterin sowohl der Zweitbeklagten als auch der Betreibergesellschaften der FITINN-Studios all diese Gesellschaften beherrscht und damit die rechtliche Möglichkeit hat, den beanstandeten Lauterkeitsverstoß abzustellen, ist sie in Ansehung der wettbewerbswidrigen Handlungen der Zweitbeklagten passivlegitimiert.

Verstoß gegen § 2 UWG

Daraus, dass auf manchen der Werbungen mit „PRO FLEX Abo bis Jahresende um 9,90 mtl“ geworben wurde, ist für die Beklagten nichts zu gewinnen. Offen bleibt nämlich weiterhin, ob sich die Worte „bis Jahresende“ auf die Dauer der Gültigkeit des Angebots selbst oder des Preises beziehen.

Die Irreführung der Konsument:innen allein durch die Worte „bis Jahresende“ wird nicht beseitigt, solange nicht auch deutlich darauf hingewiesen wird, dass ab 1.1.2021 unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein höherer Preis zur Verrechnung gelangt. Ein entsprechender aufklärender Hinweis ist in den inkriminierten Facebook-Werbeschaltungen aber jedenfalls unterblieben.

Wird eine Aufforderung zum Kauf an Verbraucher:innen gerichtet, gelten gemäß § 2 Abs 6 UWG unter anderem die wesentlichen Merkmale des Produkts in dem für das Medium und das Produkt angemessenen Umfang (Z 1) sowie der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder, wenn dieser vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art seiner Berechnung (Z 3) als wesentliche Informationen im Sinne des § 2 Abs 4 UWG, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.

Der Begriff „Aufforderung zum Kauf“ ist nach der Rsp des EuGH weit auszulegen und trifft auf jede Erklärung eines Unternehmers zu, aufgrund derer sich Verbraucher:innen zum Erwerb einer bestimmten Ware oder der Inanspruchnahme einer bestimmten Dienstleistung entschließen können. Eine Aufforderung zum Kauf liegt bereits dann vor, wenn Verbraucher:innen hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert sind und eine geschäftliche Entscheidung treffen können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht. Insb kann es ausreichen, wenn der Werbende auf seine Website verweist. Es ist nicht nur der potentielle Erwerb eines Produkts erfasst, sondern auch sämtliche vorgelagerte Handlungen, die damit unmittelbar zusammenhängen wie insb das Betreten des Geschäftslokals. Auch das irreführende Anlocken, worauf ein anderes Rechtsgeschäft folgt oder folgen kann, ist daher lauterkeitsrechtlich relevant. Gerade einen solchen nach der Rsp verpönten Anlockeffekt üben die Facebook-Werbeanzeigen der Zweitbeklagten aus, da sie den an dem (vermeintlich) günstigen Tarif interessierten Kund:innen dazu verleiten wird, den in der Werbung enthaltenen Link zur Website der Zweitbeklagten anzuklicken, über welche der Abovertrag sofort online abgeschlossen werden kann, oder aber, etwa wenn der Kunde Wert auf persönliche Beratung oder Unterstützung beim Vertragsabschluss legt, bei passender Gelegenheit ein FITINN-Studio einer der Tochtergesellschaften der Erstbeklagten aufzusuchen.

Selbst wenn die 12monatige Bindungsdauer nicht unter den Begriff der wesentlichen Produktmerkmale iS des § 2 Abs 6 Z 1 UWG fallen sollte, ist auch nach § 2 Abs 6 Z 5 UWG über die Leistungsbedingungen und damit über typischerweise nicht unwesentliche vertragliche Nebenbestimmungen zu informieren ist. Dass der Abovertrag frühestens nach 12 Monaten aufgelöst werden kann, der Konsument zunächst also ein Jahr lang gebunden ist, ist eine solche wesentliche Nebenbedingung, über die in der Werbung zu informieren ist.

Sternchenhinweis

Auf der Plakatwerbung wurde mittels eines direkt neben der Preisangabe angebrachten Sterns auf die Erläuterungen der Vertragsbedingungen im unteren Bereich des Plakats verwiesen. Ein aufklärender Hinweis kann eine Täuschung durch eine mehrdeutige Werbeaussage nur verhindern, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen auch wahrgenommen wird. Maßgebend ist, ob ein durchschnittlich informierter, verständiger Verbraucher den aufklärenden Hinweis wahrnimmt, wenn er mit der Werbeaussage konfrontiert wird. Ein leicht zu übersehendes Sternchen bei einer blickfangartigen Ankündigung kann eine Täuschung nicht verhindern. Die mit der am Rand einer vielbefahrenen Straße aufgestellten Plakatwerbung konfrontierten Verbraucher:innen werden den Inhalt nur flüchtig im Vorbeifahren wahrnehmen. Der Blick der Verbraucher:innen wird auf den schon durch die Schriftgröße hervorgehobenen Preis fallen, die kleingedruckten Erläuterungen im unteren Bereich des Plakats werden in dieser Situation von Durchschnittsverbraucher:innen aber nicht gelesen werden. Auch der unauffällige Stern neben dem Preis ist leicht zu übersehen. Selbst wenn ein Verbraucher den Stern wahrnimmt, wird er zwar erkennen, dass der Preis nur unter bestimmten Bedingungen gilt, nicht aber damit rechnen, dass der Preis von EUR 9,90 monatlich kaum länger als für die ersten beiden Monate des Abos gilt und sich danach zumindest verdoppelt, ohne dass sich der Konsument vom Vertrag allerdings im ersten Jahr lösen kann. Der Sternchenhinweis ist daher nicht geeignet, die Täuschung zu verhindern.

Die Werbung verstößt daher gegen § 2 Abs 4 iVm § Abs 6 UWG.

Demnach müssen es die Beklagten unterlassen, Verträge zur Benutzung von Fitnessstudios mit einem hervorgehobenen Preis im Blickfang zu bewerben (insbesondere 9,90* mtl.“ oder „9,90 €“), ohne ausreichend deutlich hinzuweisen: auf die Bedingung, dass sich der Preis ab einem bestimmten Zeitpunkt erhöht, auf die Mindestbindungsdauer sowie auf die Aktivierungsgebühr, es sei denn, derartige Bedingungen oder Kosten bestehen nicht.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 28.4.2022, 4 R 144/21g

Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien

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