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EU beschließt „Recht auf Reparatur“-Richtlinie

Am 13.6.2024 wurde die EU-Richtlinie 2024/1799 zur Förderung der Reparatur von Waren („Right to Repair“-Directive) verabschiedet. Die Richtlinie ist Bestandteil des European Green Deal und soll einen nachhaltigeren Konsum fördern. Vom österreichischen Gesetzgeber ist die Richtlinie bis zum 31.7.2026 in nationales Recht umzusetzen. Wir informieren über die wichtigsten Neuerungen.

Die Recht auf Reparatur-RL ist ein weiterer Puzzlestein in der EU-Nachhaltigkeitsstrategie. Ein enger Zusammenhang besteht insbesondere zur am selben Tag beschlossenen Ökodesign-Verordnung 2024/1781. Die Ökodesign-VO setzt auf der Ebene der Produktgestaltung an (zB reparierfähige Konstruktion von Produkten); die Recht auf Reparatur-RL hat zum Ziel, die tatsächliche Durchführung solcher Reparaturen zu fördern. Im Hinblick auf die gewährleistungsrechtlichen Aspekte der Richtlinie ändert sie die Warenkauf-RL 2019/771 (WK-RL). Die Verpflichtungen aus der Recht auf Reparatur-Richtlinie betreffen die gesamte Lieferkette von der Herstellerin bis zum Vertreiber.

 

Recht auf Reparatur

Kern der Richtlinie ist die eingeführte Reparaturverpflichtung im Hinblick auf bestimmte Produktkategorien (Art 5), die im Anhang II der Richtlinie angeführt sind:

  • Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrockner;
  • Haushaltsgeschirrspüler;
  • Kühlgeräte;
  • Elektronische Displays;
  • Schweißgeräte;
  • Staubsauger;
  • Server und Datenspeicherprodukte;
  • Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Slate-Tablets;
  • Haushaltswäschetrockner;
  • Waren, die Batterien für leichte Verkehrsmittel (bspw E-Bikes, E-Scooter) enthalten.

Im Hinblick auf diese Produkte werden in im Anhang II genannten Rechtsakten Anforderungen an die Reparierbarkeit festgelegt. Sofern eine Reparatur nicht unmöglich ist, hat der Hersteller auf Verlangen einer Verbraucherin solche Waren zu reparieren. Eine Untervergabe der Reparatur ist zulässig. Die Reparatur muss unentgeltlich oder zu einem angemessenen Preis, sowie innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgen (Abs 2). 

Sofern die Herstellerin ihren Sitz außerhalb der Union hat, erfüllt ihr Bevollmächtigter die Herstellerverpflichtung. Sofern es auch keinen Bevollmächtigten gibt, geht die Verpflichtung auf die Importeurin und wiederum subsidiär zu dieser auf den Vertreiber über (Abs 3). Sämtliche dieser Akteur:innen sind auch verpflichtet, sicherzustellen, dass die Verbraucher:innen über eine frei zugängliche Website auf Informationen über die Richtpreise zugreifen können, die für die typische Reparatur dieser Waren anfallen (Abs 5).

Hersteller:innen von Ersatzteilen und Werkzeugen für Waren, die unter den Anhang II fallen, müssen diese Ersatzteile und Werkzeuge zu einem angemessenen, nicht abschreckenden Preis anbieten (Abs 4).

Ferner soll auch die Reparatur durch andere Reparaturbetriebe gefördert werden. Verbraucher:innen können sich unbeschadet der Reparaturverpflichtung an jeden Reparaturbetrieb ihrer Wahl wenden (Abs 8). Hersteller:innen dürfen die Reparatur der in Anhang II genannten Waren nicht allein deshalb ablehnen, weil eine frühere Reparatur von anderen Reparaturbetrieben oder anderen Personen vorgenommen wurde (Abs 7). Im Übrigen besteht eine umfassende Verpflichtung für Hersteller:innen, die Reparatur von Waren nicht zu behindern, etwa durch Vertragsklauseln oder Hard- und Softwaretechniken. Insbesondere darf die Verwendung von Originalersatzteilen, gebrauchten Ersatzteilen, kompatiblen Ersatzteilen oder Ersatzteilen, die mittels 3D-Druck hergestellt wurden, durch unabhängige Reparaturbetriebe nicht behindert werden, wenn diese Ersatzteile den rechtlichen Anforderungen entsprechen (Abs 6).

Art 6 sieht eine Informationspflicht über die Reparaturdienstleistungen über die gesamte Dauer der Reparaturverpflichtung vor, die Hersteller:innen oder gegebenenfalls Bevollmächtigte, Importeur:innen oder Vertreiber:innen trifft. 

 

Gewährleistungsrechtliche Privilegierung der Verbesserung

Art 16 der RL ändert die WK-RL punktuell ab, mit dem Ziel, die Inanspruchnahme des Gewährleistungsbehelfes der Nachbesserung (in österreichischer Terminologie: Verbesserung) zu forcieren und Reparaturen generell für Verbraucher:innen attraktiver zu gestalten. Anders als das Recht auf Reparatur betreffen diese Änderungen nicht nur die Anhang II gelisteten Produkte, sondern grundsätzlich sämtliche Waren im Anwendungsbereich der WK-RL.

So wird die Reparierbarkeit neben den bestehenden Kriterien der Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit als weiteres sonstiges Merkmal, das für die Einhaltung der objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit relevant ist, etabliert (Art 7 Abs 1 lit d WK-RL neu). 

Von besonderer Bedeutung für Verbraucher:innen ist die einmalige Verlängerung des Haftungszeitraumes um zwölf Monate, wenn die Verbraucherin die Nachbesserung als Abhilfe wählt (Art 10 Abs 2a WK-RL neu). 

Nach geltendem österreichischen Verbrauchergewährleistungsrecht können Gewährleistungsansprüche beim Warenkauf grundsätzlich binnen 27 Monaten ab Übergabe der Ware geltend gemacht werden (zwei Jahre Gewährleistungsfrist + drei Monate Verjährungsfrist; § 10 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 VGG).

Im Zuge der obligatorischen Information der Verkäuferin über das Recht des Verbrauchers, zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung (nach österreichischer Terminologie: Austausch) zu wählen, ist auch über diese Verlängerung des Haftungszeitraums zu belehren (Art 13 Abs 2a WK-RL neu). 

 

Weitere Regelungen

Reparaturbetriebe können (nicht: müssen) Verbraucher:innen das durch die Richtlinie neu eingeführte Europäische Formular für Reparaturinformationen zur Verfügung stellen, mit welchem relevante Informationen über die Reparatur transparent dargestellt werden können (Art 4). Dies hat für Reparaturbetriebe den Vorteil, dass mit der Zurverfügungstellung eines vollständigen und korrekten Formulars zahlreiche Informationspflichten, etwa aus der Verbraucherrechte-RL 2011/83 und der Dienstleistungs-RL 2006/123 als erfüllt gelten (Art 4 Abs 6).

Ebenfalls neu geschaffen wird eine Europäische Online-Plattform für Reparaturen (Art 7), die es Verbraucher:innen ermöglichen soll, Reparaturbetriebe, Reparaturinitiativen etc zu finden. Mitgliedstaaten können entweder eine nationale Sektion auf der Europäischen Online-Plattform oder eine eigene nationale Online-Plattform einrichten. Die Nutzung der nationalen Sektionen und der nationalen Online-Plattformen ist für die Verbraucher:innen kostenlos, die Teilnahme für Betriebe freiwillig (Art 7 Abs 5). Zum Monitoring der Plattform(en) sind von den Mitgliedstaaten nationale Kontaktstellen zu benennen (Art 9).

Die Europäische Kommission ist ermächtigt, Leitlinien zu erlassen, um insbesondere KMU bei der Einhaltung der Richtlinie zu unterstützen (Art 10).

 

Durchsetzung der Richtlinie

Aufgabe der Mitgliedstaaten ist es, dass angemessene und wirksame Mittel, mit denen die Einhaltung der Richtlinie sichergestellt wird, vorhanden sind. Dies schließt Vorschriften ein, nach denen Einrichtungen wie staatliche Stellen und deren Vertreter:innen, Verbraucherschutzorganisationen, Umweltschutzorganisationen und Berufsverbände die Gerichte oder Verwaltungsbehörden anrufen können, um die Anwendung der nationalen Vorschriften zur Richtlinienumsetzung sicherzustellen (Art 11).

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Vorschriften über (wirksame, verhältnismäßige und abschreckende) Sanktionen zu erlassen, die bei Verstößen gegen die gemäß der Art 4-6 zu erlassenen nationalen Vorschriften zu verhängen sind (Art 15).

Ferner sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mindestens eine (im Richtlinientext nicht näher konkretisierte) Maßnahme zur Förderung der Reparatur zu ergreifen, die der Kommission bis zum 31.7.2029 mitzuteilen ist und in weiterer Folge öffentlich zugänglich sein soll (Art 13).

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