In einem Rechtsstreit zwischen NIKI Luftfahrt GmbH bzw deren Insolvenzverwalter und einer Passagierin hatte der EuGH zu beurteilen, ob Luftfahrtunternehmen, die einem Fluggast infolge einer Nichtbeförderung, Annullierung oder großen Verspätung nach der Fluggastrechte-VO (EG) 2004/261 eine unentgeltliche Hotelunterbringung anzubieten haben, wenn aufgrund der Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig wird, für ein Fehlverhalten des Hotelpersonals haftbar gemacht werden können. Im Ausgangsfall hatte sich die österreichische Passagierin in einem Hotel auf Mallorca, in dem sie infolge der Flugannullierung durch die Airline untergebracht war, infolge fahrlässigen Verhaltens der Mitarbeiter des Hotels schwer verletzt.
Der EuGH entschied, dass das Luftfahrtunternehmen bei einer Flugannullierung, -verspätung oder Nichtbeförderung der Passagiere zwar verpflichtet ist, Passagieren unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten. Dies bedeute aber nicht, dass das Luftfahrtunternehmen die Unterbringungsmodalitäten als solche übernehmen müsse. Das Luftfahrtunternehmen müsse daher nur ein Hotelzimmer organisieren und die Kosten dafür übernehmen.
Bei einer Flugannullierung müssen daher nach der Fluggastrechte-VO einem Fluggast die Schäden nicht von der Fluglinie ersetzt werden, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind. Eine solche Haftung würde auch dem System der Fluggastrechte-VO widersprechen, das hinsichtlich von Betreuungsleistung und Ausgleichsansprüchen ein System standardisierter und sofortiger Leistungen vorsieht, ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung der speziellen Situationen im Einzelfall bedürfe. Der EuGH schloss daher eine Haftung auf der alleinigen Grundlage der Fluggastrechte-VO aus.
EuGH 03.09.2020, C-530/19 (NM [Insolvenzverwalterin NIKI Luftfahrt GmbH]/ON)