Am 23.09.2021 legte der Generalanwalt die Schlussanträge zu mehreren Rechtssachen betreffend die Auslegung der Fluggastrechte-VO vor dem EuGH vor. Darin führte er aus, dass es eine Annullierung eines Flugs darstellt, wenn der Flug um mindestens zwei Stunden vorverlegt wird.
Die Vorverlegung von Flügen wird in der Fluggastrechte-Verordnung zwar nicht ausdrücklich behandelt, es ist aber evident, dass eine Vorverlegung der Abflugzeit vielfach zu Problemen führen kann. Durchschnittsverbraucher:innen buchen Flüge in der Regel in Abhängigkeit davon, wann sie abkömmlich sind. Wird ein Flug in erheblichem Ausmaß vorverlegt, stört dies die Planung des täglichen Lebens: Beispielsweise müsste man eine vorübergehende Unterkunft suchen, einen extra Tag Urlaub beantragen, geplante Termine absagen oder eigens zum Flughafen eilen. Üblicherweise werden Fluggäste auch aufgefordert, ein bis drei Stunden im Voraus am Flughafen zu sein, um einzuchecken und die Sicherheitskontrollen zu passieren, was je nach Sicherheitslage, Passagieraufkommen und Auslastung des Flughafens eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann. Ein Fluggast, der nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig über die vorgezogene Abflugzeit informiert wurde, kann sich daher nicht rechtzeitig an Bord des Flugzeugs begeben. Einen Flug unter diesen Umständen zu verpassen, „dürfte eine der ärgerlichsten Situationen sein, die man sich als Fluggast vorstellen kann“ – so Generalanwalt Pikamäe. Solche Unannehmlichkeiten, die infolge Vorverlegung eines Flugs entstehen, können sogar schwerwiegender sein als solche, die durch die bloße Verspätung eines Flugs hervorgerufen werden. Dem Unionsgesetzgeber kann daher auch in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Fluggastrechte-VO unterstellt werden, dass er eine erhebliche Vorverlegung der Flüge vermeiden wollte.