Zum Inhalt

EUGH stützt Österreichs Verbot von Zahlscheinentgelten

Die Einhebung von Zusatzentgelten für Bezahlung von Rechnungen per Zahlschein oder Onlinebanking darf gesetzlich verboten werden.

Der VKI hat im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums mehrere Unterlassungsklagen gegen Unternehmen, vor allem Mobilfunkbetreiber und Versicherungen, eingebracht: Das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) verbietet grundsätzlich seit 1.11.2009 die Verrechnung derartiger Strafentgelten für die Bezahlung per Zahlschein oder Onlinebanking.

Gerade die Mobilfunkbranche erwirtschaftet mit derartigen Entgelten Jahr für Jahr ein beträchtliches Körberlgeld. Für Verbraucher ist daher bei Vertragsschluss keine Preisklarheit gegeben, befinden sich diese zusätzlichen Entgelte doch oft an relativ versteckten Stellen in den Preisblättern bzw allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die österreichische Bestimmung, konkret § 27 Abs 6 ZaDiG, sieht nunmehr seit November 2009 vor, dass die "die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstrumentes" unzulässig ist.

Aus VKI-Sicht entspricht das Verbot des § 27 Abs 6 ZaDiG den europarechtlichen Vorgaben: Die Preisklarheit wird gefördert und damit der Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern transparent gemacht.

Nachdem der VKI in allen Unterinstanzen gewonnen hatte, legte der OGH (im Verfahren gegen T-Mobile) dem EuGH drei Fragen in einem Vorabentscheidungs-verfahren zur Beurteilung vor: 

1. "Ist Art 52 Abs 3 der Richtlinie 2007/64/EG dahin auszulegen, dass er auch auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber als Zahlungsempfänger und seinen Privatkunden (Verbraucher) als Zahler Anwendung findet."

Der EUGH stellte fest, dass Art. 52 Abs 3 der RL 2007/64/EG auf das Vertragsverhältnis von T-Mobile und ihren Kunden anwendbar ist. T-Mobile ist jedenfalls ein Zahlungsempfänger, nämlich eine juristische Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll. Die Kunden hingegen sind Zahler im nämlich natürliche oder juristische Personen, die Inhaber eines Zahlungskontos sind und die einen Auftrag von diesem Zahlungskonto gestatten, oder - falls kein Zahlungskonto vorhanden ist, einen Auftrag für einen Zahlungsvorgang erteilen.

2. "Sind ein eigenhändig unterschriebener Zahlschein bzw. das auf einem unterschriebenen Zahlschein beruhende Verfahren zur Erteilung von Überweisungsaufträgen und das Verfahren zur Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking "Zahlungsinstrumente" iSd Richtlinie?"

Der EUGH stellte fest, dass eine Überweisung von Geldbeträgen, die entweder mit einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein oder im Onlinebanking eingeleitet wurde als Zahlungsinstrument der RL im Sinne von Art.4 Nr. 23 und Art.52 Abs 3 anzusehen sind.

3. "Ist Artikel 52 Abs 3 der Richtlinie dahin auszulegen, dass er der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften entgegen steht, die ein generelles und insbesondere nicht zwischen verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierendes Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorsehen?" 

Der EUGH stellt fest, dass die RL dahingehend auszulegen ist, dass nationale Vorschriften, die ein generelles nicht zwischen verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierendes Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorsehen, nicht entgegenstehen.
Die österreichische Regelung des Verbotes der Einhebung von Zahlscheinentgelten ist somit richlinienkonform.

Der OGH hat nun aufgrund der Entscheidung des EUGH das laufende Verfahren zwischen T-Mobile Austria und dem VKI zu entscheiden. Erst dannach wird es möglich sein die zu Unrecht bezahlten Zahlscheingebühren von den diversen Unternehmen zurück zu fordern.

EuGH 9.4.2014 C-616/11
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark gibt Unterlassungserklärung ab

Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark gibt Unterlassungserklärung ab

Das Lipizzanergestüt Piber betreibt auf dem Gelände des Lipizzanergestüts Piber einen Kletterpark.
Anlässlich einer Verbraucher:innenbeschwerde hat der VKI die AGB dieses Kletterparks geprüft und die Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark, im Auftrag des Sozialministeriums, wegen zwei unzulässigen Klauseln in diesen Teilnahmebedingungen für den Kletterpark abgemahnt. Betroffen sind eine Haftungsfreizeichnungsklausel und eine Klausel, welche die Verwendung von aufgenommenen Fotos und Videos während der Aktivitäten im Kletterpark ohne weitere Zustimmung und auch für Werbezwecke erlaubt hätte.

Die Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark hat am 25.06.2024 eine außergerichtliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Unterlassungserklärung von Temu

Unterlassungserklärung von Temu

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des BMSGPK die Whaleco Technology Limited (Temu) wegen unzureichender Zurverfügungstellung von Kontaktinformationen (konkret: Telefonnummer) auf ihrer Website abgemahnt. Die Homepagegestaltung von Temu entsprach nach Auffassung des VKI nicht den Vorgaben des FAGG. Temu hat am 24.06.2024 eine Unterlassungserklärung abgegeben.

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

Der OGH hat mit Beschluss vom 25.01.2024 (4 Ob 5/24z) das Geschäftsmodell der gewerblichen „Besitzschützer“ hinter der Website www.zupfdi.at für rechtswidrig erkannt. Das HG Wien hat in VKI-Verbandsverfahren ua die Unzulässigkeit von Klauseln über die Abtretung der Besitzschutzansprüche und die Einräumung von Mitbesitz an den bewachten Liegenschaften bestätigt. Nach Rechtsauffassung des VKI ergeben sich aus diesen Entscheidungen Rückforderungsansprüche der betroffenen Verbraucher:innen, die Zahlungen an „Zupf di“ getätigt haben.

Unterlassungserklärung der Sanag Health Care GmbH

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Sanag Health Care GmbH wegen acht Klauseln in ihrem Mietvertrag für ein Leihgerät abgemahnt. Die Sanag Health Care GmbH hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) äußerte sich kürzlich zu offenen Auslegungsverfahren der Klausel-Richtlinie (RL 93/13/EWG) und der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008 (RL 2008/48/EG). Das Urteil vom 21.03.2024 (C-714/22, Profi Credit Bulgaria) betrifft ein bulgarisches Vorlageverfahren; die Aussagen des Gerichtshof sind jedoch auch für österreichische Verbraucher:innen von Relevanz.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang