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EuGH untersagt aggressive Gewinnspielpraktiken

Werbesendungen, die den fälschlichen Eindruck erwecken, der Verbraucher habe einen Preis gewonnen, obwohl er einen Betrag zahlen und Kosten übernehmen muss, sind nach dem Unionsrecht verboten.

Anlassfall waren in Zeitungen und Zeitschriften beigelegte Werbezusendungen, bei denen der Verbraucher informiert wurde, dass er einen von mehreren angegebenen Preisen in Anspruch nehmen könne, wobei die Palette von sehr wertvollen Gewinnen bis zu Gewinnen von ein paar britischen Pfund (die als der häufigste Gewinn bezeichnet wurde) reichte. Um aber herauszufinden, was man gewonnen habe und um den Gewinn und eine Gewinnnummer zu erhalten, musste der Verbraucher wahlweise entweder eine Mehrwertnummer anrufen, sich eines Mehrwert-SMS-Dienstes bedienen oder sich für den normalen Postweg entscheiden. Die Option des Postweges wurde im Vergleich zur Möglichkeit, eine Mehrwertnummer anzurufen, weniger herausgestellt, sodass die Verbraucher dazu bewegt wurden, die teure Variante (als den Postweg) zu wählen. Über 99% der Personen, die einen Preis in Anspruch nahmen, hatten Anspruch auf den häufigsten Gewinn, dessen Wert entweder ganz oder größtenteils dem Betrag entsprach, den sie an Telefon- oder SMS-Gebühren und/oder Liefer- und Versicherungskosten gezahlt hatten.

Diese Gewinnspielpraktiken wurden vom EuGH nun als aggressive Geschäftspraktiken verboten.

Nach Richtlinien konformer Auslegen verbietet Nr. 31 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern aggressive Geschäftspraktiken, mit denen Gewerbetreibende den fälschlichen Eindruck erwecken, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl die Möglichkeit des Verbrauchers, Handlungen in Bezug auf die Inanspruchnahme des Preises vorzunehmen (wie etwa die Erkundung nach der Natur des Preises oder dessen Entgegennahme) von der Zahlung eines Betrages oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht werden. 

Klare Worte fand der EuGH auch zu den abhängigen Kosten: Es ist völlig unerheblich, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten, wie zB die Kosten einer Briefmarke, im Vergleich zum Wert des Preises geringfügig sind oder dem Gewerbetreibenden keinen Vorteil bringen. 

Unerheblich ist auch, wenn der Gewerbetreibende dem Verbraucher für die Inanspruchnahme eines Preises verschiedene Vorgehensweisen anbietet, von denen zumindest eine gratis ist, sofern eine oder mehrere der angebotenen Vorgehensweisen voraussetzen, dass der Verbraucher Kosten übernimmt, um sich über den Preis oder die Modalitäten seiner Entgegennahme zu informieren. 

EuGH 18.10.2012, C-428/11 Purely Creative Ltd ua

Die Entscheidung im Volltext

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