Annullierungen und Verspätungen von Flügen stellen mitunter große Unannehmlichkeiten für Fluggäste dar. Die Fluggastrechte-VO zielt darauf ab, die verschiedenen Schäden, die Fluggäste in Form schwerwiegender Unannehmlichkeiten erleiden, in standardisierter Weise und unverzüglich zu beheben. So können etwa im Fall einer Annullierung – je nach Entfernung und Zeitpunkt der Benachrichtigung – oder im Fall einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden, einem Fluggast Ausgleichsansprüche iHv EUR 250, 400 oder 600 zustehen. Für vorverlegte Flüge findet sich in der Fluggastrechte-VO allerdings keine explizite Regelung. Da aber auch im Fall einer Vorverlegung des Fluges schwerwiegende Unannehmlichkeiten entstehen können und– im Unterschied zu einer Verspätung – die Fluggäste tätig werden müssen, damit sie das Flugzeug trotz der Vorverlegung erreichen können, stellt der EuGH nunmehr klar: Der Begriff der „Annullierung“, der in der Fluggastrechte-VO als die „Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war“ definiert ist, ist dahingehend auszulegen, dass er auch die Situation umfasst, in der ein Flug in erheblichem Maß vorverlegt wird. Dabei geht der EuGH davon aus, dass eine Vorverlegung von mehr als einer Stunde eine erhebliche Auswirkung auf die Möglichkeit für die Fluggäste hat, frei über ihre Zeit zu verfügen und dies in der Folge zu einer erheblichen Unannehmlichkeit führt. Dadurch sei der Ausgleichsanspruch auf Basis der Fluggastrechte-VO begründet.
Anzumerken ist jedoch, dass sich das ausführende Luftfahrtunternehmen von seiner Pflicht zur Zahlung einer Ausgleichsleistung befreien kann, wenn die Vorverlegung des Flugs nicht mehr als zwei Stunden beträgt und die Fluggäste darüber mindestens sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet werden (vgl Art 5 Abs 1 lit c der Verordnung 261/2004).
EuGH, 21.12.2021, verbundene Rechtssachen C-146/20, C-188/20, C-196/20, C-270/20 sowie