Im Volltext lautet die Vorlagefrage:
„Stehen die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1; im Folgenden „DSGVO“) nationalen Regelungen entgegen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die DSGVO unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken oder des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzugehen? “
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht führte aus, dass die Begründung der Gesetzwidrigkeit der Klauseln mit der DSGVO den ordentlichen Rechtsweg nicht unzulässig mache. Die Aktivlegitimation des VKI sei gegeben. Die erste Klausel verstoße gegen Art 25 Abs 2 DSGVO. Die zweite Klausel verstoße gegen das in § 6 Abs 3 KSchG verankerte Transparenzgebot.
Der OGH verwies in seinem Beschluss auf das Vorabentscheidungsersuchen des BGH (I ZR 186/17; s EuGH C-319/20). Für den OGH ist die Begründung des BGH nachvollziehbar, dass das mit der Schaffung der DSGVO ausdrücklich verfolgte Harmonisierungsziel einen Anhaltspunkt dafür biete, dass der Unionsgesetzgeber mit den in der DSGVO vorgesehenen Rechtsschutzinstrumenten womöglich eine abschließende Regelung zur Rechtsdurchsetzung bei Datenschutzverstößen schaffen wollte. Der Unionsgesetzgeber habe in Art 80 Abs 2 DSGVO augenscheinlich bewusst nur die Möglichkeit einer Verbandsbeschwerde uneingeschränkt zugelassen, während er die Klagemöglichkeit von Verbänden ausdrücklich von der Voraussetzung der Annahme einer konkreten Rechtsverletzung eines Betroffenen durch eine verordnungswidrige Datenverarbeitung abhängig gemacht habe (vgl ErwGr 142 Satz 2 DSGVO). Dies könnte, so der OGH, darauf hindeuten, dass die Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit für Verbände in der angesprochenen Öffnungsklausel abschließend geregelt werden sollte.
OGH 25.11.2020, 6 Ob 77/20x
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien
Der Vorlagebeschluss in Vollversion.
Anmerkung:
Die GZ beim EuGH lautet C-701/20.