Zum Inhalt

EuGH zu Flugausfällen bei Ausfall der Treibstoffversorgung

Der EuGH urteilte, dass ein allgemeiner Ausfall der Treibstoffversorgung als „außergewöhnlicher Umstand“ angesehen werden kann, der die Fluglinie von der Zahlung von Ausgleichsansprüche befreien kann, wenn der Ausgangsflughafen der betroffenen Flüge oder des betroffenen Flugzeugs für die Verwaltung des Treibstoffsystems der Flugzeuge verantwortlich ist.

Durch einen plötzlichen und unvorhergesehenen Ausfall des Betankungssystems des Flughafens Lissabon wurden mehrere Flüge annulliert bzw hatten Verspätung. Dieser Ausfall, der dazu geführt hatte, dass der gesamte Flugbetrieb dieses Flughafens umorganisiert worden war, machte es notwendig, auf in der Nähe des Flughafens gelegene Treibstofflager zurückzugreifen. Daher machten mehrere Fluggäste bei der beklagten Airlines Ausgleichsansprüche geltend.

Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (Art 5 Abs 3 der Fluggastrechte-VO).

Als „außergewöhnliche Umstände“ iSv Art 5 Abs 3 der Fluggastrechte-VO werden Vorkommnisse angesehen, die ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens sind und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind, wobei diese beiden Bedingungen kumulativ sind und ihr Vorliegen von Fall zu Fall zu beurteilen ist.

Da Treibstoff für die Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr unentbehrlich ist, gehört das Betanken mit Treibstoff grundsätzlich zur normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens. Somit kann ein technisches Problem, das bei einem in Zusammenarbeit mit dem Personal des betreffenden Luftfahrunternehmens durchgeführten Betankungsvorgang aufgetreten ist, ein Vorkommnis darstellen, das Teil der normalen Ausübung dieser Tätigkeit ist.

Beruht dieses Problem mit der Treibstoffversorgung dagegen auf einem allgemeinen Ausfall des Versorgungssystems, das vom Flughafen verwaltet wird, ist es davon zu unterscheiden, da ein solches Vorkommnis nicht einem technischen Problem gleichgestellt werden kann, das seiner Natur nach auf ein einziges Flugzeug beschränkt ist. Dieses Problem mit dem Betanken kann somit nicht als untrennbar mit dem Betrieb des Flugzeugs, das den annullierten Flug hätte durchführen sollen oder das den verspäteten Flug durchgeführt hat, verbunden angesehen werden. Daher kann dieses Vorkommnis weder seiner Natur noch seiner Ursache nach ein Vorkommnis darstellen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens ist.

Wird das Treibstoffsystem eines Flughafens von Letzterem oder einem Dritten verwaltet, ist der allgemeine Ausfall der Treibstoffversorgung als ein Vorkommnis mit im Hinblick auf das Luftfahrtunternehmen externer Ursache anzusehen, das von ihm nicht tatsächlich zu beherrschen ist.

Ob die Fluglinie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, hat das vorlegende Gericht zu beurteilen.

Ergebnis: Ein allgemeiner Ausfall der Treibstoffversorgung kann als „außergewöhnlicher Umstand“ iSv Art 5 Abs 3 der Fluggastrechte-VO (261/2004) angesehen werden, wenn der Ausgangsflughafen der betroffenen Flüge oder des betroffenen Flugzeugs für die Verwaltung des Treibstoffsystems der Flugzeuge verantwortlich ist.

EuGH 7.7.2022, C-308/21 (SATA)

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums MyTrip (OY SRG FINLAND AB) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 33 Klauseln, darunter unzulässige Gutscheinregelungen, Haftungsbeschränkungen, Bearbeitungs- und Servicegebühren beanstandet wurden. MyTrip ließ es nicht auf ein Urteil ankommen und erklärte sich zu einem gerichtlichen Unterlassungsvergleich bereit. Der Vergleich ist rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang