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Frequency 2020 - Unzulässige Regelung über Auszahlung des Kaufpreises

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Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die musicnet entertainment GmbH geklagt. Diese ist ua Veranstalter des Frequency Festivals (FQ). Für Kund:innen, die bereits ein Ticket für das FQ 2020 erworben hatten, es aber gegen ein Ticket für das FQ 2021 tauschten, sah der Veranstalter erst für 1.1.2024 die Möglichkeit vor, die Rückzahlung des Kaufpreises zu verlangen. Das OLG Wien gab dem VKI recht, die Vorgehensweise verstößt gegen das KuKuSpoSiG. Ein für das FQ 2020 gezahlter Eintrittspreis ist ab 1.1.2023 zurückzuzahlen, sofern bislang keine Gegenleistung geboten wurde. 

Die musicnet entertainment GmbH veranstaltet seit vielen Jahren das Frequency Festival (FQ). Im Jahr 2020 fiel es auf Grund der Covid-19-Pandemie aus. Kund:innen wurde vom Veranstalter angeboten, ihr Ticket auf das FQ21 zu tauschen („swappen“). 90% der FQ20-Tickets wurden gegen Tickets für das FQ21 geswappt. Im Jahr 2021 fiel das FQ aus demselben Grund abermals aus. Wiederum gab es das Angebot, das Ticket für das FQ22 zu swappen. Der Veranstalter erteilte jenen, die dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen wollten, eine Information über die Gutscheinregelung – anstelle der Rückzahlung kann laut Gesetz ein Gutschein über den Betrag ausgegeben werden. Weiters war folgender Satz auf der Homepage zu lesen: Solltest du den Gutschein bis 31.12.2023 nicht einlösen, kannst du ihn dir laut Gesetz auszahlen lassen.

Musicnet bestritt zunächst, dass es sich bei der Klausel um AGB/Vertragsformblätter handle, sondern bloß um FAQs zu Informationszwecken. Das OLG Wien folgte jedoch der Rechtsansicht des VKI und erkannte, dass „eine durch ein Schreiben oder eine Mitteilung erklärte Änderung eines bestimmten Vertragspunkts […] nach der Rechtsprechung der Kontrolle von Allgemeinen Geschäfts­bedingungen nach § 28 KSchG [unterliegt]“.

Das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz (KuKuSpoSiG) erlaubte einem Veranstalter, bei einem Ausfall der Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie, Besucher:innen bzw Teilnehmer:innen anstelle der Rückzahlung einen Gutschein zu geben. Die Regelung, welcher Teil ausbezahlt werden muss und zu welchem Betrag ein Gutschein gegeben werden darf, ist gemäß § 1 Abs 4 und Abs 5 KuKuSpoSiG gestaffelt: Bei einem Betrag bis zu EUR 70,- darf ein Gutschein gegeben werden, bei einem Betrag über EUR 70,- bis zu EUR 250,- kann der Veranstalter bis zum Betrag von EUR 70,- einen Gutschein geben, der darüberhinausgehende Betrag ist auszubezahlen. Wenn das zu erstattende Entgelt den Betrag von EUR 250,- übersteigt, hat der Veranstalter den Betrag von EUR 180,- zurückzuzahlen; für den EUR 180,- übersteigenden Teils kann er einen Gutschein geben. Bei mehrtägigen Veranstaltungen (z.B. einem Musikfestival), für die auch Tagestickets gekauft werden konnten, kann der Veranstalter für jeden einzelnen Veranstaltungstag einen gesonderten Gutschein von bis zu 70 Euro begeben, entschied derweil der Oberste Gerichtshof (OGH 12.10.2021, 1 Ob 131/21b). Bei Veranstaltungsabsagen 2020 bis Mitte 2021 muss gemäß § 2 Abs 3 KuKuSpoSiG ein Gutschein, sollte er bis 31.12.2022 nicht eingelöst worden sein, vom Veranstalter auf Aufforderung unverzüglich ausbezahlt werden. Nach § 3 Abs 2 KuKuSpoSiG sind Vereinbarungen, die von diesen Bestimmungen abweichen, Verbraucher:innen gegenüber unwirksam. Die musicnet entertainment GmbH gab mit der Klausel Kund:innen jedoch zu verstehen, die Auszahlung sei frühestens mit 1.1.2024 möglich, ein ganzes Jahr später.

Musicnet meinte, das FQ 2021 sei kein Ersatztermin für das FQ 2021 gewesen, daher sei § 2 Abs 3 KuKuSpoSiG (Auszahlung mit 1.1.2023) nicht anzuwenden. Für die Gutscheinlösung sei sinngemäß der Wortlaut des § 2 Abs 4 KuKuSpoSiG wiedergegeben worden, weshalb der Auszahlungstermin mit 1.1.2024 rechtmäßig sei. Dies gelte für sämtliche Gutscheine, die aufgrund der Absage des FQ 2021 ausgestellt wurden, also unabhängig davon, ob es sich um bereits geswappte Tickets aus 2020 handle.

Das OLG Wien gab nun dem VKI recht, dass diese Regelung für jene Kund:innen, die ihr Ticket bereits für das FQ 2020 erworben hatten, unzulässig sei und sich Kund:innen den ausgestellten Gutschein ab 1.1.2023 auszahlen lassen können und nicht wie in der Klausel vorgesehen ab dem 1.1.2024. Aus Sicht des Berufungsgerichtes bezieht sich § 2 Abs 4 2. Satz KuKuSpoSiG auf alle Szenarien, in denen Kund:innen das Ticket für das FQ 2021 durch Ersatz eines bereits aufgewendeten Ticketpreises für das FQ 2020 erworben haben, wobei es nicht darauf ankommt, ob das FQ 2021 eine verschobene Veranstaltung war oder als Ersatz für das FQ 2020 dienen sollte. Nach Ansicht des OLG Wien muss das Ereignis nach § 2 Abs 4 2. Satz KuKuSpoSiG auch nur „vereinbarungsgemäß als Ersatz für das entfallene Ereignis dienen“. „Ein für das FQ20 gezahlter Eintrittspreis ist daher ab 1.1.2023 zurückzuzahlen, wenn dem Besucher dafür auch im zweiter Halbjahr 2021 und im Jahr 2022 keine Gegenleistung geboten wurde.“ „Mit der inkriminierten Klausel weicht die Beklagte daher zum Nachteil von Verbrauchern von den Bestimmungen des KuKuSpoSiG ab; sie ist daher schon nach § 3 Abs 2 KuKuSpoSiG unwirksam.“

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 17.01.2023, 33 R 93/22x

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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