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Gericht bejaht Rücktrittsrecht bei Online-Versteigerungen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums insgesamt 27 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Aurena GmbH – einem Veranstalter von Online-Versteigerungen – abgemahnt. Die Aurena GmbH war in Folge bereit, zu 22 Klauseln eine Unterlassungserklärung abzugeben, bestritt aber die Gesetzwidrigkeit der übrigen fünf Klauseln, woraufhin der VKI eine Klage einbrachte. Zentrales Thema im Verfahren um diese Klauseln war die Frage, ob Verbraucher:innen bei einem Kauf im Rahmen einer Auktion der Aurena GmbH ein Rücktrittsrecht haben. In den AGB wurde ein solches Rücktrittsrecht ausgeschlossen. Das Landesgericht (LG) Leoben gab nun dem VKI zur Gänze recht und erklärte die fünf eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Aurena GmbH vertreibt unterschiedlichste Waren mittels Auktionen, bei denen die Gebote überwiegend online über die Webseite der Aurena GmbH abgegeben werden. In den AGB des Unternehmens werden unter anderem der Rücktritt von Geboten oder Zuschlägen und die Anwendbarkeit des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) auf Versteigerungen ausgeschlossen. 

Alle in diesem Verbandsverfahren gegenständlichen Klauseln beurteilte das LG Leoben als unzulässig:

Klausel 1: 

„Der Bieter nimmt zur Kenntnis, dass das FAGG auf die öffentlichen, transparenten Versteigerungen des Versteigerers nicht anwendbar ist.“

Wie das LG Leoben ausführt, gilt das FAGG grundsätzlich für alle Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge zwischen Unternehmern und Verbraucher:innen (§ 1 Abs. 1 Z. 1 FAGG). Damit ist das FAGG – wie das LG Leoben ausführt – auf Verträge mit Kund:innen, die die Produkte der Beklagten online über die Website der Beklagten erwerben, anwendbar, und die verwendete Klausel 1 unzulässig.

Klausel 2: 

„Alle Zuschlagspreise verstehen sich zuzüglich 18 % Auktionsgebühr und zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Davon ausgenommen sind differenzbesteuerte Objekte, diese werden im Katalog gesondert ausgewiesen, hier wird einmalig eine Gebühr von 22 % aufgeschlagen.“

Das LG Leoben pflichtet dem VKI bei und führt aus, dass aus der Klausel 2 nicht hervorgeht, ob die Steuer von 20 % dem Zuschlagspreis hinzugerechnet wird oder ob sie vom Zuschlagspreis zuzüglich Auktionsgebühr anfällt. Damit ist die Klausel als unklar iSd § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren.

Klausel 3: 

„Das Auktionsobjekt gilt mit dem Zuschlag an den Käufer als übergeben, womit auch Haftung und Gefahr des zufälligen Untergangs, des Verlustes oder der Beschädigung durch Feuer, Wasser, Sturm, Vandalismus, Diebstahl und Einbruchdiebstahl auf den Käufer übergehen – dies gilt insbesondere auch für Zubehörteile. Das Eigentum geht jedoch erst nach vollständiger Bezahlung an den Käufer über (Eigentumsvorbehalt).“

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 KSchG sind für Verbraucher:innen besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz eines Schadens an der Person ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz sonstiger Schäden für den Fall ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, dass er oder eine Person, für die er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat.

Die Klausel 3 stellt laut LG Leoben einen umfassenden Haftungsausschluss der Beklagten dar. Nach dieser Klausel würde die Beklagte beispielsweise auch für einen von ihr verschuldeten Untergang des Versteigerungsobjekts keine Haftung tragen. Durch diese Klausel kommt es zu einer verschuldensunabhängigen Überwälzung der Gefahr auf Bieter:innen, was unzulässig ist.

Klausel 4: 

„Keine Rückgabe ersteigerter Posten.“

Klausel 5:

„Kein Rücktritt von Geboten oder Zuschlägen.“

Gemäß § 18 Abs. 3 FAGG steht Verbraucher:innen kein Rücktrittsrecht zu bei Verträgen, die auf einer öffentlichen Versteigerung geschlossen werden. Laut § 3 Z. 8 FAGG ist eine öffentliche Versteigerung eine Verkaufsmethode, bei der der Unternehmer Verbraucher:innen, die bei der Versteigerung persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der/die Bieter:in, der/die den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist.

Wie das LG Leoben näher ausführt, fallen die von der Beklagten angebotenen Versteigerungen nicht unter den Begriff der öffentlichen Versteigerung, da es insbesondere an der Bewertung der Versteigerungsobjekte durch unabhängige Dritte fehlt und die Beklagte selbst ihre Mindestgebote/Rufpreise festlegt. Somit ist ein Rücktrittsrecht der Verbraucher:innen zumindest bei solchen Verträgen, die online via Website der Beklagten zustande kommen, zu bejahen, sodass die inkriminierten Klauseln 4 und 5 („Keine Rückgabe ersteigerter Posten“ sowie „Kein Rücktritt von Geboten oder Zuschlägen“) laut LG Leoben unzulässig sind, weil sie den Verbraucher:innen eine unzutreffende Rechtslage vermitteln, nämlich dass eine Rückgabe bzw. ein Rücktritt in keinemFall möglich wäre. Dabei hebt das LG Leoben insbesondere hervor, dass die Beklagte auch „Auktionen mit Versand“ angeboten hatte, bei denen es gar keine Besichtigungsmöglichkeit gegeben hat. Schon deshalb erachtet das LG Leoben die Klagebegehren betreffend die Klauseln 4 und 5 berechtigt.

Das Urteil im Volltext:

LG Leoben 19.07.2023, 26 Cg 125/22h

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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