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Gesetzwidrige Verzichtserklärung auf Rückerstattungsansprüche

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Bergbahnen Westendorf Gesellschaft m.b.H geklagt. Gegenstand des Verfahrens ist eine vom Unternehmen vorgefertigte Verzichtserklärung der Verbraucher:innen für allfällige Rückerstattungsansprüche bei teilweiser oder gänzlicher Einstellung des Skiliftbetriebs. Das Landesgericht (LG) Innsbruck beurteilte diese Klausel für gröblich benachteiligend. 

Die Beklagte betreibt die „Skiwelt Westendorf“ mit zahlreichen Skiliften. Sie händigte ihren Vertragspartnern vor Erwerb einer Dauer- oder Vielfahrerkarte ein Hinweisschreiben „Hinweis auf Bestimmungen für den Seilbahn- und Skibetrieb im Winter 2022/23“ nachfolgend auszugsweise wiedergegebenes Hinweisschreiben aus:

„HINWEIS AUF BESTIMMUNGEN FÜR DEN SEILBAHN- UND SKIBETRIEB IM WINTER 2022/23

Für die Wintersaison 2022/23 bzw. für den Seilbahnbetrieb liegen uns noch keine konkreten Verordnungen vor. Weiters ist das konkrete Datum des Inkrafttretens etwaiger Verordnungen noch nicht bekannt. Daher weisen wir Sie darauf hin, dass die Nutzung der Dauer- bzw. Vielfahrerkarten (SkiWelt Winterkarte, SuperSkiCard Premium, SnowCardTirol) an die Einhaltung der jeweils gültigen und von Ihnen zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben geknüpft sind, dass sich diese Vorgaben jederzeit ändern könnten und dass diese Nutzung daher für Sie allenfalls nur eingeschränkt, reduziert oder in gewissen Zeiträumen überhaupt nicht möglich sein könnte.

Ich/Wir _____________bestätige/n hiermit,

- den Hinweis auf etwaige Covid-Bestimmungen betreffend Seilbahn- und Skibetrieb für 2022/23 zur Kenntnis genommen zu haben,

- dass mir/uns bewusst ist, dass ich/wir verpflichtet bin/sind, für die Nutzung der erworbenen Dauer- bzw. Vielfahrerkarten die jeweils gültigen gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und dass sich diese Vorgaben jederzeit ändern könnten,

- dass diese Nutzung daher für mich/uns allenfalls nur eingeschränkt, reduziert oder in gewissen Zeiträumen überhaupt nicht möglich sein könnte.

- dass allenfalls kontrolliert wird, ob die betreffende Person zum Zeitpunkt der Verwendung über den erforderlichen gültigen Nachweis der gesetzlichen Vorgaben verfügt und dass keine Beförderung erfolgen darf, wenn ich/wir diese Vorgaben nicht erfüllen sollten.

Diese Umstände sind mir/uns beim Kauf der Dauer- bzw. Vielfahrerkarten bewusst und bekannt.

Daher verzichte/n ich/wir in Kenntnis dieser Umstände bereits nun auf die Geltendmachung einer anteiligen Rückerstattung, sollte mir/uns die Nutzung der Dauer- bzw. Vielfahrerkarten auf Grund der von mir/uns zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben eingeschränkt, reduziert oder in gewissen Zeiträumen überhaupt nicht möglich sein.“

Dieses Schreiben war von den Käufer:innen zu unterschreiben.

Der VKI klagte wegen des letzten Satzes. Das LG Innsbruck gab dem VKI Recht und führte dazu aus:

Den Regeln über den Werkvertrag folgend ist davon auszugehen, dass bei Unterbleiben der Ausführung des Werkes dem Unternehmer das vereinbarte Entgelt gebührt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Bestellers liegen, daran verhindert worden ist (§ 1168 Abs 1 Halbsatz 1 ABGB). Liegt der Grund für das Ausbleiben in der neutralen Sphäre bzw. handelt es sich um höhere Gewalt, so hat der Unternehmer die Preisgefahr zu tragen. Kann die Beklagte ihre Leistung aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht erbringen, trägt sie die Preisgefahr und hat bereits erhaltene Zahlungen entsprechend zurückzuerstatten.

Ein Vorabverzicht auf diese Regeln benachteiligt die Verbraucher als Vertragspartner der Beklagten gröblich (§ 879 Abs 3 ABGB). Zusätzlich sieht § 9 KSchG vor, dass in Verbrauchergeschäften die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden können, die Gewährleistungsregeln zugunsten der Verbraucher sind zwingender Natur. Aus einem Größenschluss aus § 9 KSchG folgt, dass dies gleichermaßen für die Gefahrtragungsregeln gilt.

Die von der Beklagten verwendete Klausel ist daher insgesamt als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB zu beurteilen.

Zutreffend ist auch die Rechtsansicht der Klägerin, wonach ein Verstoß gegen § 864a ABGB vorliegt, weil sich aus der Überschrift des Dokuments „Hinweis auf Bestimmungen für den Seilbahn- und Skibetrieb im Winter 2022/23“ nicht vermuten lässt, dass hierhin eine so weitreichende nachteilige Klausel versteckt ist.

Die von der Beklagten verwendete Klausel („Daher verzichte/n ich/wir in Kenntnis dieser Umstände […]“) ist intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil sie in Kombination mit dem Satz davor „Diese Umstände sind mir beim Kauf der Dauer bzw. Vielfahrerkarten bewusst und bekannt.“ suggeriert, dass aus dem Bekanntsein, dass die Leistungserbringung vielleicht nur eingeschränkt, reduziert oder in gewissen Zeiträumen überhaupt nicht möglich sein könnte, ein Verlust der Rückforderungsansprüche resultieren kann. Verbraucher werden daher über die Rechtslage getäuscht.

Das Urteil ist rechtskräftig.

LG Innsbruck 12.5.2023, 6 Cg 113/22m

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil im Volltext.

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