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Gutscheine statt Geldrückzahlung bei Veranstaltungen

Am 28.4.2020 wurde im Nationalrat ein Gesetz beschlossen, durch welches die Veranstalter von Kunst-, Kultur- und Sportereignissen nicht mehr der bisherigen gesetzlichen Regelung entsprechend bei Entfall der Veranstaltung das bereits empfangene Geld zurückzahlen müssen, sondern den Kunden stattdessen - großteils - Gutscheine geben können.

Dieses Gesetz, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz (KuKuSpoSiG), sieht Folgendes vor:

Welche Veranstaltungen sind umfasst?

Das Gesetz gilt für den Entfall von Kunst-, Kultur- oder Sportereignissen und die Schließung von Kunst- oder Kultureinrichtungen, sofern die Veranstaltung nach dem 13.3.2020 bis zum 31.12.2020 hätte stattfinden sollen bzw die Schließung nach dem 13.3.2020 durchgeführt wurde. Der Grund für den Entfall bzw die Schließung muss die COVID-19-Pandemie sein.

Achtung: Nicht relevant ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Dh auch wenn Sie zB in den nächsten Wochen eine Veranstaltungskarte kaufen und dann findet die Veranstaltung CoVID-19-bedingt nicht statt, kommt die Gutscheinregelung zur Anwendung!

Nach dem Bericht des Justizausschusses umfasst der Begriff des Kunst- oder Kulturereignisses etwa Konzertveranstaltungen, Opernaufführungen, Theateraufführungen, Filmvorführungen oder Performances.

Von der Schließung von Kunst- oder Kultureinrichtungen wird zB der Besuch von Museen oder Kulturdenkmälern erfasst.

Der Begriff des Sportereignisses umfasst sowohl sportliche Darbietungen, wie etwa ein Profi-Tennisturnier oder ein Ligaspiel zwischen zwei Fußballklubs, als auch Sportveranstaltungen mit entgeltlicher Publikumsbeteiligung, wie etwa ein auch für Hobbysportler zugängliches Laufsport-Event.

Nicht anwendbar ist das Gesetz, wenn der Veranstalter oder Betreiber eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) ist oder ein Rechtsträger, der zumindest mehrheitlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht oder für den eine Gebietskörperschaft haftet.

Anmerkung: Ist also etwa der Bund selbst Veranstalter, so haben Karteninhaber weiterhin einen Rückforderungsanspruch und müssen sich nicht mit einem Gutschein begnügen. So ist zB die Wiener Stadthalle Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft mbH im 100%igen Eigentum der Wien Holding GmbH und damit vom KuKuSpoSiG ausgenommen. Es ist aber für Verbraucher mitunter sehr schwer oder unmöglich zu beurteilen, ob eine Gebietskörperschaft "zumindest mehrheitlich" Eigentümer des Rechtsträgers ist oder haftet.

Bei einem wiederkehrenden Abo kann der Besucher anstelle des Gutscheins eine Anrechnung des zurückzuzahlenden Entgelts auf die Zahlung für ein folgendes Abo verlangen.
 
Was sind die Folgen?

Wenn das zu erstattende Entgelt bis zu EUR 70,-- beträgt, kann der Veranstalter dem Besucher oder Teilnehmer anstelle der Rückzahlung einen Gutschein über diesen Betrag geben.

Achtung: Im Bericht des Justizauschusses findet sich hierzu: Wenn mit einem Vertrag mehrere Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse gebucht werden, bezieht sich diese Limitierung auf das Entgelt für jedes einzelne Kunst-, Kultur- oder Sportereignis und nicht etwa auf jenes für den gesamten Vertrag. Hat also ein Besucher mit einem Vertrag zB drei Kulturereignisse gebucht, könne der Veranstalter für jedes dieser drei Ereignisse einen Gutschein bis zu EUR 70,-- begeben und sei zu einer sofortigen Rückzahlung nur insoweit verpflichtet, als das Teilentgelt für eines der einzelnen Ereignisse EUR 70,-- übersteigt. Gleiches soll laut dem Bericht des Justizausschusses entsprechend bei mehrtägigen Veranstaltungen (zum Beispiel einem Musikfestival) gelten; auch hier könne der Veranstalter für jeden einzelnen Veranstaltungstag einen gesonderten Gutschein von bis zu 70 Euro begeben. Im Gesetzeswortlaut findet sich der Passus mit den mehrtägigen Veranstaltungen allerdings nicht.

Wenn das zu erstattende Entgelt mehr als EUR 70,-- bis zu EUR 250,-- beträgt, kann der Veranstalter bis zum Betrag von EUR 70,-- einen Gutschein geben; der darüber hinausgehende Betrag ist auszubezahlen.

Beispiel: Beträgt der zurückzuerstattende Betrag EUR 90,--, so kann der Veranstalter einen Gutschein iHv EUR 70,-- ausgeben, EUR 20,-- müssen zurückbezahlt werden.

Wenn das zu erstattende Entgelt den Betrag von EUR 250,-- übersteigt, hat der Veranstalter den Betrag von EUR 180,-- zurückzuzahlen; für den EUR 180,-- übersteigenden Teils kann er einen Gutschein geben.

Beispiel: Beträgt der zurückzuerstattende Betrag EUR 290,--, so kann der Veranstalter einen Gutschein iHv EUR 110,-- ausgeben, EUR 180,-- müssen zurückbezahlt werden.

Achtung: Nach dem Bericht des Justizausschusses kann ein Veranstalter dem Verbraucher zunächst einen Gutschein über den gesamten Betrag (also zB auch EUR 200,--) ausstellen. Möchte der Verbraucher den über EUR 70,-- liegenden Betrag (hier EUR 130,--) ausbezahlt bekommen, muss er das ablehnen. In der Folge muss der Veranstalter den über EUR 70,-- liegenden Betrag ausbezahlen. Das Gesetz sieht keine eigene Informationspflicht dazu vor. UE ergibt sich diese aber aus den allgemeinen Grundsätzen.

Hat der Inhaber den Gutschein nicht bis zum 31.12.2022 eingelöst, hat ihm der Veranstalter den Wert des Gutscheins auf Aufforderung unverzüglich auszuzahlen. Dieses Verlangen auf Rückzahlung sollte soweit konkretisiert sein, dass der Veranstalter auf seiner Grundlage die Auszahlung vornehmen kann (zB inkl Angabe der Kontoverbindung). Eine Verzinsung des Gutscheins ist laut Bericht des Justizausschusses nicht vorgesehen.

Die Gutscheine sind übertragbar. Für die Ausstellung, Übersendung oder Einlösung des Gutscheins dürfen dem Besucher oder dem späteren Inhaber des Gutscheins keine Kosten angelastet werden. Nach dem Bericht des Justizausschusses darf der Veranstalter nicht bestimmte Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse von der (Teil-)Bezahlung mittels Gutscheins ausnehmen.

Ist der Besucher oder Gutscheininhaber ein Verbraucher, kann auch durch Vereinbarung nicht zu seinen Lasten von obigen Bestimmungen abgegangen werden. Eine freiwillige Entgegennahme von Gutscheinen zu einem höheren Wert als im Gesetz vorgesehen anstelle der Rückzahlung ist aber möglich und wirksam.

Anmerkung VKI:

Stellt der Veranstalter einen Gutschein aus und geht er in der Folge in Konkurs, bekommen die Gutscheininhaber iaR nichts heraus. Gutscheininhaber erhalten in diesem Fall maximal eine Insolvenzquote, was bei verpflichtender Zahlung der Gerichtsgebühr im Insolvenzverfahren iHv EUR 23,-- faktisch einen Totalverlust bedeutet. Das KuKuSpoSiG sieht keine Insolvenzabsicherung für Gutscheine vor.

Es steht VerbraucherInnen frei, von der Geltendmachung ihrer Rechte Abstand zu nehmen und Gutscheine zu akzeptieren. Ein derartiges Entgegenkommen sollte unseres Erachtens aber freiwillig bleiben. Denn auch viele VerbraucherInnen sind derzeit in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation.

Gegen die Beschränkungen der Rückzahlungsverpflichtung einschließlich der Verpflichtung zur Annahme eines Gutscheins bestehen überdies verfassungsrechtliche Bedenken (rückwirkender Eingriff ins Eigentumsrecht). Zudem ist eine hilfsweise Finanzierung von Veranstaltern in Krisenzeiten zwar nachvollziehbar, aber nicht Aufgabe der KonsumentInnen, sondern der Banken oder des Staates. Es ist schließlich auch keineswegs gesichert, dass diese Maßnahmen den Kulturschaffenden selbst zu Gute kommen. Geschützt werden in erster Linie die Veranstalter.

Im Ergebnis bedeutet dieses neue Gesetz ein zinsloses Zwangsdarlehen der VerbraucherInnen an die Veranstalter und dies bei Überwälzung des Insolvenzrisikos der UnternehmerInnen auf die KonsumentInnen.

Das Gesetz im Volltext

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