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Haftung der ehemaligen Constantia Privatbank wegen Fehlberatung

Anleger von Immofinanz- und Immoeastaktien klagten die Aviso Zeta Bank (die "bad bank"-Nachfolgerin der Constantia Privatbank AG) wegen rechtswidriger Fehlberatung. Das Gericht erster Instanz gab den Klägern Recht.

Die Kläger wurden direkt von einem Vorstandsmitglied der Constantia Privatbank AG, Herrn A., beraten. Mit diesem fanden ein-  bis zweimonatlich Beratungsgespräche statt. Die Kläger tätigten Veranlagungen nicht eigenständig, sondern kontaktierten stets zuvor Herrn A. Die Kläger kauften auf Empfehlung von Herrn A. Immofinanz- und Immoeastaktien. Im Herbst 2007 fiel der Kurs dieser Wertpapiere. Die Kläger wollten daher die Wertpapiere verkaufen. Herr A. meinte, es handle sich lediglich um eine Kursdelle und die Kurse würden in Folge wieder steigen. Eine ausdrückliche Empfehlung gegen den Verkauf gab Herr A. zwar nicht ab, seine Argumente gingen aber klar in diese Richtung. Die Kläger entschieden sich aufgrund dieser Ausführungen zum Behalten der Wertpapiere.

Im Spätsommer des Jahres 2007 fiel dem Vorstandsmitglied Herrn A. auf, dass in Beteiligungstochterfirmen der Constantia Privatbank AG große Bestände von Immofinanz- und Immoeastaktien lagen, die in den Monaten zuvor erworben worden waren. Das Volumen dieses Bestandes belief sich ca. auf € 900.000.000,-- und war ein Mehrfaches des Eigenkapitals der Constantia Privatbank AG. Diese Ankäufe waren aus Mitteln der Immoeast AG finanziert worden. Vorstandsmitglied A. hatte Bedenken, ob die Constantia Privatbank AG bzw deren Töchter diese Mittel zurückzahlen könnten. Befürchtet wurde auch, dass ein Bekanntwerden der Vorkommnisse - zumal der Markt durch die Meinl-Krise verunsichert war - zu einem starken Kursverlust führen würde. Gegenüber der FMA wurde - um ein Öffentlichwerden der Situation zu vermeiden - in November 2007 ein Investor fingiert. Die Veröffentlichung dieser Umstände löste schließlich starke Verkäufe an der Börse und einen Kurssturz aus.

Hätte sich Herr A. gegenüber den Klägern passiv verhalten, etwa indem er eine beratende Tätigkeit abgelehnt hätte, so hätten sich die Kläger bei Herrn A nach dem Grund erkundigt. Hätte Herr A den Klägern in diesem Zusammenhang seinen Interessenkonflikt offen gelegt, so hätten die Beklagten die klagsgegenständlichen Wertpapiere verkauft. Wäre den Klägern bekannt gewesen, dass sich ein sehr beträchtlicher Bestand an Immofinanz- und Immoeastaktien mit Finanzierung durch die Immoeast AG im Eigentum von Töchtern der Constantia Privatbank AG befand, hätten sie die Wertpapiere verkauft.

Es ist einem Finanzdienstleister grundsätzlich nicht untersagt, (selbst ausschließlich) konzerneigene Produkte zu vermitteln. Auf Interessenkonflikte ist jedoch iSd nachstehenden Ausführungen Bedachte zu nehmen:

Herr A befand sich in einem Interessenkonflikt gem § 34 Abs 2 Z 1 und Z 2 WAG: Einerseits hatte Herr A resultierend aus seiner Tätigkeit als Anlageberater gegenüber den Klägern in deren Interesse zu handeln. Andererseits hatte er als Mitglied des Vorstandes Interessen der Beklagten wahrzunehmen, wobei er in diesem Zusammenhang um den Bestand der Beklagten fürchtete.

Herr A. hätte die Kläger in dem Beratungsgespräch im Herbst 2007 über die, die klagsgegenständlichen Papiere betreffenden, Umstände informieren müssen oder darüber informieren müssen, dass die Beklagte in Zukunft in dieser Hinsicht nicht mehr beratend tätig werden könne. Diese Verpflichtung hat die Beklagte durch ihr beratendes Vorstandsmitglied Herrn A rechtswidrig und grob schuldhaft verletzt.

Eine aus dem Beratungsvertrag resultierende Verpflichtung der Beklagten, die Aktien im Zuge der Naturalrestitution zu übernehmen, besteht laut Gericht - im Gegensatz zu Fallkonstellationen, in denen ein Kaufvertrag rückabzuwickeln ist - dann, wenn wegen einer Fehlberatung ein rechtzeitiger Verkauf unterblieb, nicht. Der Schaden der Kläger kann erst dann beziffert werden, wenn die klagsgegenständlichen Wertpapiere verkauft sind. Aus diesem Grund gab das Gericht dem Feststellungsbegehren, dass die Beklagte für alle künftigen Schäden im Zusammenhang mit dem Immofinanz- und Immoeastaktien wegen Falschberatung haftet, statt.

Anmerkungen:
Dass Anleger direkt von einem Vorstandsmitglied beraten wurden, ist sicher nicht der Regelfall. Dennoch zeigt dieses Urteil schön die rechtlichen Unregelmäßigkeiten bei der ehemaligen Constantia Privatbank AG auf.
Die Begründung, warum das Gericht hier das auf Naturalrestitution (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Immofinanzaktien) gerichtete Hauptbegehren abgelehnt hat, fehlt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien, 11.01.2011 (GZ unbekannt)
Klagevertreter: Kerres Rechtsanwalts GmbH, 1010 Wien

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