Zum Inhalt

HG Wien: Meinl Bank haftet auch wegen Schadenersatz

Das Erstgericht hat nicht nur die Irrtumsanfechtung des Klägers zugelassen, sondern auch das Verschulden der Bank und somit einen Schadenersatzanspruch des Klägers bejaht.


Wie bereits berichtet befand der Oberste Gerichtshof in zwei Fällen, dass die Meinl Bank Anleger mit Aussagen im MEL-Werbeprospekt in die Irre geführt hat. Darauf nehmen nun auch Erstgerichte Bezug.

Das Handelsgericht (HG) Wien gab erneut einem Anleger recht und ließ einerseits die Irrtumsanfechtung aus folgenden Gründen zu: Die beklagte Meinl Bank AG hat in der Verkaufsbroschüre die positiven Informationen übertrieben dargestellt, ohne gleichzeitig auf die Risken hinzuweisen. In der Verkaufsbroschüre der Beklagten, welche letztlich auch die Grundlage für den gegenständlichen Dritterwerb von MEL-Zertifikaten durch den Kläger bildete, wird gerade der unrichtige Eindruck erweckt, die MEL-Zertifikate würden eine weit höhere Sicherheit bieten als "gewöhnliche" Aktien. Die Argumentation, die Bank habe sich auf eine korrekte Beratungstätigkeit der Anlageberater verlassen, ist schon kaum mit dem Umstand zu vereinbaren, dass die Meinl Bank in Kenntnis des Umlaufes der Verkaufsbroschüre war. Es kann kaum davon ausgegangen werden, dass sie dies nur in der Erwartung duldete - zu keinem Zeitpunkt wurde vorgebracht, die Beklagte habe sich öffentlich von den Werbeaussagen distanziert - die Anlageberater würden die Kunden darauf aufmerksam machen, dass die vorgenannten Urkunden irreführende Angaben über das Veranlagungsrisiko enthalten, zumal dies der Förderung des Verkaufes der MEL-Zertifikate kaum dienlich gewesen wäre.

Andererseits hat die Meinl Bank nach Auffassung des HG Wien es auch schuldhaft unterlassen, dem Kläger die zweckdienlichen Informationen in einer Weise zu erteilen, die zur Wahrung der Interessen des Klägers und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Dies macht die Bank gemäß § 15 WAG 2006 schadensersatzpflichtig.

Den Kläger trifft jedoch ein Mitverschulden von 1/3, weil er den von ihm unterfertigten Konto- und Depoteröffnungsantrag plus Risikohinweise nicht las. Er hätte besondere Vorsicht anwenden müssen, da er einen wesentlichen Bestandteil seines Vermögens investierte und grundsätzlich um die Verlustmöglichkeit bei der Investition in eine Aktie wusste.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 12.10.2010, 47 Cg 55/10f
Klagevertreter: Poduschka AnwaltsGmbH in Perg

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang