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Verbund ÖSPI-Klausel
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HG Wien: Preisänderungsklausel der Verbund AG von 2022 unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums das Energieunternehmen Verbund AG (Verbund) wegen einer Preisänderungsklausel geklagt, in der Preisänderungen an den ÖSPI gekoppelt wurden. Auf Grundlage dieser Klausel hatte der Verbund zum 01.05.2022 eine Preiserhöhung durchgeführt. Die Klausel wurde jetzt vom Handelsgericht Wien (HG Wien) für unzulässig erklärt. Damit fällt die Rechtsgrundlage für die seit Mai 2022 verrechneten erhöhten Tarife weg. Die seit der Preiserhöhung auf Grundlage der Klausel verrechneten Entgelte sind nach Ansicht des VKI im Ausmaß des entsprechenden Erhöhungsbetrages zurückzuerstatten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

In den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen Strom“ der Verbund AG befand sich im Jahr 2022 eine Preisanpassungsklausel, die auf den vom Börsenkurs abhängigen Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) referenzierte. Auf Grundlage dieser Klausel hat der Verbund am 01.05.2022 die Preise zahlreicher Verträge in Österreich angepasst. Verbraucher:innen beklagten, dass der Energieanbieter, der „Strom zu 100 % aus österreichischer Wasserkraft“ anpreist und große Strommengen aus Wasserkraft selbst erzeugt, seine Preise an einen vom Börsenkurs abhängigen Index bindet. Der VKI hat daher die Klausel umfassend geprüft und ist dabei zur Ansicht gelangt, dass es wesentliche rechtliche Argumente gegen eine Zulässigkeit der vom Verbund verwendeten Anpassungsklausel für Strompreise gibt.

Das HG Wien bestätigte nunmehr die Rechtsansicht des VKI: Die Klausel war mit der Überschrift „Wertsicherung Arbeitspreis“ versehen; Verbraucher:innen konnten unter einer solchen Überschrift nicht erwarten, dass diese Klausel nicht dem Ausgleich der allgemeinen Inflation dienen soll, sondern eine Prognose des (zukünftigen) Großhandelspreises abbildet. Kund:innen eines Unternehmens, das ihnen gegenüber sowohl als Stromerzeuger als auch als Versorger auftritt, erwarten nicht, dass der Arbeitspreis anhand eines Index geändert wird, der den Großhandelspreis für den nächsten Monat prognostiziert. Die Klausel ist überraschend und nachteilig für die Kund:innen.

Das Gericht führt auch aus, dass nach den gesetzlichen Vorgaben das ursprüngliche Wertverhältnis zwischen der Leistung des Unternehmens und der Geldleistung der Verbraucher:innen möglichst korrekt beibehalten werden muss und daher keine „Zufallsgewinne“ zugunsten einer Vertragspartei ermöglicht werden sollen. Der Verbund tritt gegenüber Verbraucher:innen als Stromerzeuger und Versorger auf. Die Kunden haben bewusst nicht nur einen Stromhändler als Versorger gewählt, sondern mit dem Verbund ein Unternehmen als Vertragspartner, das angibt, den Strom selbst aus 100 Prozent Wasserkraft herzustellen. Eine Klausel, die den ÖSPI als Berechnungsgrundlage heranzieht, ist beim Verbund daher nicht sachgerecht, um die Verhältnismäßigkeit Leistung und Entgelt beizubehalten und somit unzulässig.

 

Zum Anhören: Unser Jurist Maximilian Kemetmüller war zu diesem Urteil zu Gast im Podcast „Am Punkt“:

#141 – Maximilian Kemetmüller – Unzulässige Preiserhöhungen im Energiesektor – Linde Media

 

Nähere Informationen zum Urteil und zum Urteil im Volltext.

HG Wien 07.02.2023, 58 Cg 17/22s
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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