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Info: Tipps zum Teppichkauf in der Türkei

Im Zuge von - oft sehr billigen - Pauschalreisen in die Türkei werden die Reisenden beim Besuch von Teppichfabriken oft überrumpelt und zum Kauf überteuerter Teppiche überredet. Wir zeigen die Rechte der Verbraucher nach türkischem Recht und wie man gegen den Reiseveranstalter Schadenersatz geltend machen kann.

Reiseveranstalter locken immer wieder mit Billig- oder Gratisreisen in die Türkei, bei denen bereits im Reiseprospekt als fixer Programmpunkt der Besuch einer Teppichknüpferei (oder einer Schmuck- oder Lederfabrik) vorgesehen ist. Vor Ort wird die gesamte Reisegruppe in Begleitung des Reiseleiters in die Teppichknüpferei geführt, um dann die Konsumenten zum übereilten Kaufabschluss zu überrumpeln. Häufig wird der Kaufpreis über Kreditkarten oder Einziehungsermächtigung sofort abgebucht.

Das türkische Recht kennt in Umsetzung der EU-Haustürwiderrufsrichtlinie (85/77/EGG) ein Rücktrittsrecht gemäß Artikel 8 TKHK (Türketicinin Korunmasi Hakkinda Kanun) des türkischen Verbraucherschutzgesetzbuches, das in dieser Fallkonstellation zur Anwendung kommt.

Ein Haustürgeschäft liegt nämlich auch dann vor, wenn der Vertrag zwar direkt in den Räumlichkeiten der Teppichfirma unterschrieben wurde, jedoch Verbraucher im Rahmen einer Reise vom Reiseveranstalter bzw. Reiseleiter des Veranstalters in Teppichgeschäfte geschleust und so zum Vertragsabschluss überrumpelt werden. Hier kommt es eben nicht darauf an, wo das Geschäft abgeschlossen wurde, sondern vielmehr darauf, dass die Kaufentscheidung von einem mit der Teppichfirma zusammenwirkenden Dritten (hier der Reiseveranstalter oder der Reiseleiter) veranlasst wird und der Verbraucher damit gar nicht selber die Initiative für die Anbahnung des Geschäftes ergreift. Die Rechtsprechung des türkischen Kassationsgerichtshofes bestätigte bereits mehrfach den Anwendungsbereich des Artikel 8 TKHG bei ähnlichen Sachverhalten, wo es um den Abschluss von Time-Sharing-Verträgen ging. 

Gemäß Artikel 9 TKHK muss die Teppichfirma über das Rücktrittsrecht in schriftlicher Form informieren, wobei die Belehrung nur auf einem Vertragsformular gemäß Artikel 6g Haustür-Verordnung abgedruckt werden darf. Die Widerrufsfrist beträgt gemäß Artikel 8 Abs 3 TKHK sieben Tage. Sie kann durch individuelle Vereinbarung verlängert werden. Eine Verkürzung ist indessen gemäß Art 6 Haustür-Verordnung nicht möglich. 

Der Gesetzgeber knüpft den Beginn kumulativ an zwei Voraussetzungen:

1.) Ab Vertragsunterzeichnung, sofern die Lieferung der Ware und die Unterzeichnung des Vertrages am selben Tag erfolgt. Ab Erhalt der Ware, wenn die Lieferung der Ware nach der Vertragsunterzeichnung geschieht. 

2.) Mit Erhalt einer deutlich gestalteten schriftliche Belehrung über das Recht zum Widerruf einschließlich Name und Adresse des Widerrufsempfängers, die schon den Hinweis auf den Fristenlauf enthält und die Formvorschriften des 6 g Haustür-Verordnung erfüllt. 

Die Entgegennahme einer Anzahlung durch die Teppichfirma bis zum Ablauf der Rücktrittsfrist ist gemäß Artikel 8 Abs 3 TKHK verboten. 

Bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung steht dem Verbraucher ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zu. 

Der Verbraucher ist nicht zur Rücksendung der Ware auf seine Kosten verpflichtet. Ihm können daher keinerlei Rücksendekosten auferlegt werden. 

In der Praxis erleben VerbraucherInnen immer wieder, dass der schriftliche Rücktritt gegenüber der Teppichfirma zunächst nichts nützt. Es wird weiter versucht, den gekauften Teppich zuzustellen und es wird die Anzahlung nicht retourniert. Die Gefahr, dass österreichische VerbraucherInnen in der Türkei klagen ist schließlich für die Firmen sehr gering.

Doch da setzt nun ein anderer Gedanke an: Der Reiseveranstalter, der - in engem Zusammenwirken mit der Teppichfirma - seine Reisenden in die Teppichknüpferei karrt, hat eine Mitverantwortung, was dort passiert. Jedenfalls muss er zum einen die türkische Rechtslage kennen und zum anderen seine Reisenden darüber auch aufklären. So müsste er klarstellen, dass Anzahlungen bis zum Ablauf der Rücktrittsfrist nicht zulässig sind. Hätte der Veranstalter das getan, dann wären die VerbraucherInnen nicht zu Schaden gekommen. Man kann also die aushaftende Anzahlung aus dem Titel des Schadenersatzes auch vom Veranstalter einverlangen.

Diese Vorgangsweise wirkt oft Wunder. Zwar zahlt der Veranstalter idR keinen Schadenersatz, aber er veranlasst seinen Geschäftspartner in der Türkei, die Anzahlung schleunigst zurückzubezahlen.

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