Viele Kreditverträge aus Zeiten vor dem 1.3.1997 enthalten gesetzwidrige Zinsgleitklauseln. Rechnet man den Kredit anhand der neuen Zinsgleitklauseln der Banken rückwirkend neu durch, ergeben sich große Differenzen, die die Banken an Ihre Kunden herauszugeben haben.
Kreditverträge können entweder einen fixen Zinssatz enthalten, oder aber sie enthalten eine "Zinsgleitklausel", die es dem Kreditinstitut ermöglicht, den vertraglichen Zinssatz an die Geldmarktverhältnisse anzupassen.
Seit 1.3.1997 sieht das Konsumentenschutzgesetz (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG neu) strenge Regeln für einseitige Preisänderungen und damit auch für Zinsgleitklauseln vor. Die Kreditinstitute haben reagiert und verwenden seit 1.3.1997 relativ präzise Zinsgleitklauseln.
Jede Änderung der Umstände - also Erhöhung wie insbesondere auch Senkung der Parameter (Sekundärmarktrendite/Vibor bzw. Euribor) - ist an die Kunden weiterzugeben. Auch diese Klauseln in "neuen" Kreditverträgen (abgeschlossen seit 1.3.1997) haben ihre Tücken (wenn etwa bei jeder Änderung aufgerundet wird), doch sie sind jedenfalls weitgehend nachvollziehbar.
Vor 1.3.1997 haben die meisten Kreditinstitute sehr vage Klauseln verwendet (z.B. "Im Falle von Änderungen der Geldmarktverhältnisse ist die Bank berechtigt, die Zinsen zu erhöhen oder zu senken..."), und sie haben - das zeigen Erhebungen des VKI und der Arbeiterkammern - die Zinsen gerne und rasch erhöht und ungern und langsam - manchmal gar nicht - gesenkt. Ein Nachrechnen war - mangels konkreter Parameter - kaum möglich.
Dennoch übersehen die Kreditinstitute, dass auch schon vor dem 1.3.1997 klare Regeln für einseitige Preisänderungen gegolten haben (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG alt): Die Umstände für Preiserhöhungen (Zinserhöhungen) mussten schon damals im Vertrag umschrieben und vom Willen des Unternehmers unabhängig sein. Dazu gab es ein weitreichendes Musterurteil in einer Verbandsklage des VKI (OLG Wien 30.8.1995, 6 R 571/94, KRES 1d/31), wo das Gericht festhielt: "Zinsgleitklauseln in Verbraucherkreditverträgen sind an objektive und klar festgelegte Maßstäbe zu binden. Allgemeine, generalklauselartige Umschreibungen sind dagegen nicht zureichend." Der Begriff "Änderung der Geldmarktverhältnisse" wurde etwa als nicht ausreichende Umschreibung der Umstände für Zinssatzänderungen angesehen. Auch die Wendung, dass "insbesondere" auf bestimmte Geldmarktindikatoren abzustellen sei, wurde als zu unbestimmt angesehen. Schließlich mangelte es an der Zweiseitigkeit: Der Unternehmer sollte "berechtigt" sein zu erhöhen und zu senken (von der Berechtigung zur Erhöhung wurde auch gerne Gebrauch gemacht); eine Verpflichtung zur Senkung war aber in der Klausel nicht enthalten. Dies sah das Gericht als sittenwidrig an.
Das bedeutet, dass viele (zu vage und einseitige) Zinsgleitklauseln - wie sie vor 1.3.1997 in Kreditverträgen üblich waren - gesetz- und sittenwidrig sind. Das kann zwei Konsequenzen haben:
- Wenn man die gesetzwidrige Zinsgleitklausel wegdenkt, dann bleibt ein Fixzinssatz. Wenn nach Vertragsabschluss das allgemeine Zinsniveau nur gestiegen ist, mag diese Argumentation für den Verbraucher von Vorteil sein.
- In vielen Fällen wird man aber fragen, was verständige Vertragsparteien vereinbart hätten, wären sie davon ausgegangen, dass die tatsächlich vereinbarte Klausel gesetzwidrig ist. Was liegt da näher, als den variablen Zinssatz daher nach jener Formel zu rechnen, die die Banken selbst seit 1.3.1997 als Abbildung der Geldmarktverhältnisse mit ihren Kunden vereinbaren? Rechnet man daher mit der neuen Formel, so können sich durchaus große Differenzen zu den tatsächlich verrechneten Zinsen ergeben. Diese Differenzen haben die Banken an ihre Kunden herauszugeben.
Die Banken berufen sich zuweilen darauf, dass in der Kreditlaufzeit der Kunde Saldofeststellungen zugesendet bekommen habe und diese - da diesen Feststellungen idR nicht widersprochen wurde - die Zinsänderungen absegnen würden (Saldoanerkenntnis Punkt 10 AGBKU). Doch diese "Anerkenntnisse" - so sie überhaupt gemäß § 6 Abs 1 Z 2 KSchG korrekt zustandegekommen sind - entfalten lediglich deklarative Wirkung (z.B. OGH 26.11.1998, 8 Ob 244/98k) und können durch den Beweis einer unrichtigen Zinsabrechnung jederzeit korrigiert werden.
Der VKI führte seit 1997 zahlreiche Musterprozesse, konnte aber bislang kein Urteil erzielen, da die Banken jeweils den geschädigten Konsumenten Angebote machten, die diese nicht ablehnen konnten. Statt mit einem Musterurteil endeten die Verfahren mit Vergleichen und damit mit erheblichen Rückzahlungen an die Kunden. Dennoch sind weitere Musterprozesse anhängig.
Bei ausbezahlten Krediten kann man zum einen gestützt auf Bereicherung gemäß § 1431 ABGB binnen 30 Jahren ab Zahlung die nicht geschuldete Leistung zurückfordern, oder sich auf das Schadenersatzrecht berufen; dann muss man aber binnen 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger die Klage einbringen.
Rat und Hilfe für VerbraucherInnen: 0900 / 94 00 24 (kostenpflichtig, öS 12,48 - 14,88/min)
Volltextservice für Musterurteil (OLG Wien 30.8.1995, 6 R 571/94):