Zum Inhalt

Interzendent - Eigeninteresse an Kredit schadet nicht

Eigeninteresse des Mithaftenden an der Kreditgewährung hindert nicht die Anwendung des § 25c KSchG

Folgender Anlassfall bewirkte eine begrüßenswerte Änderung der Rechtsprechung des OGH zu Gunsten der Verbraucher:

Die Bank verlangte € 30.000,-- von der früheren Ehefrau des Kreditschuldners, die für den Wohnungskredit gebürgt hatte. Die Konsumentin wurde von der Bank nicht über die schlechte Bonität ihres Mannes aufgeklärt. Sie wusste bei der Kreditaufnahme nicht, dass er seiner Zahlungsverpflichtung voraussichtlich nicht nachkommen werde können.

Grundsätzlich schützt § 25c KSchG jene Mitschuldner, Bürgen und Garanten die vom Unternehmer nicht über die schlechte wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners aufgeklärt wurden insofern, als diese nur haften, wenn sie die bestehende Verpflichtung auch bei vollständiger Aufklärung über die Bonität des Hauptschuldners übernommen hätten.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des OGH waren allerdings jene Fälle von dieser Bestimmung ausgenommen, in denen Personen, gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit eingegangen sind. Hatte der Mithaftende ein eigenes Interesse an der Kreditaufnahme lag nach der Ansicht des OGH eine echte Mitschuld vor und Hauptschuldner und Mitschuldner hafteten solidarisch.
Nur wenn der Mithaftende für eine  "fremde Verbindlichkeit" (Übernahme der Haftung für Rechnung und im Interesse eines anderen) einstehen wollte, kam er in den Genuss der Schutzbestimmung des § 25c KSchG.

P. Bydlinski wandte sich gegen diese Rechtsprechung und vertrat die Ansicht, dass allein das gemeinsame Interesse an der Kreditaufnahme die Anwendung des § 25c KSchG nicht ausschließen könne, wo doch das Mäßigungsrecht des § 25d KSchG auf den Nutzen des Interzedenten an der Kreditgewährung abstelle. Deshalb könne ein Eigeninteresse des Mitschuldners an der Leistung der Bank der Qualifikation als Interzession nicht schaden.

Dieser Meinung P. Bydlinskis schloss sich der OGH nun an. Das tatsächlich bestehende Eigeninteresse des Mithaftenden reicht nicht mehr aus, um das Vorliegen einer Interzession zu verneinen.

Lediglich wenn der Bank der Parteilwille offengelegt wurde und dieser auf die Begründung einer echten Mitschuld gerichtet ist, bei der keine Informationspflicht besteht, kann die Anwendung des § 25c KSchG entfallen. Das Vorliegen eines Regressanspruches gegenüber dem Schuldner gilt als Indiz für eine Interzession.

Mangels Offenlegung des Parteiwillens der Schuldner, kommt es auf den Wortlaut des Vertrages an. Bestand ein Eigeninteresse des Mithaftenden am Kredit, hat die Bank zu beweisen dass eine echte Mitschuld begründet werden sollte, bei der keine Informationspflicht nach § 25c KSchG besteht.


OGH 23.6.2009, 3 Ob 1/09g

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

Der OGH hat mit Beschluss vom 25.01.2024 (4 Ob 5/24z) das Geschäftsmodell der gewerblichen „Besitzschützer“ hinter der Website www.zupfdi.at für rechtswidrig erkannt. Das HG Wien hat in VKI-Verbandsverfahren ua die Unzulässigkeit von Klauseln über die Abtretung der Besitzschutzansprüche und die Einräumung von Mitbesitz an den bewachten Liegenschaften bestätigt. Nach Rechtsauffassung des VKI ergeben sich aus diesen Entscheidungen Rückforderungsansprüche der betroffenen Verbraucher:innen, die Zahlungen an „Zupf di“ getätigt haben.

Unterlassungserklärung der Sanag Health Care GmbH

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Sanag Health Care GmbH wegen acht Klauseln in ihrem Mietvertrag für ein Leihgerät abgemahnt. Die Sanag Health Care GmbH hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) äußerte sich kürzlich zu offenen Auslegungsverfahren der Klausel-Richtlinie (RL 93/13/EWG) und der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008 (RL 2008/48/EG). Das Urteil vom 21.03.2024 (C-714/22, Profi Credit Bulgaria) betrifft ein bulgarisches Vorlageverfahren; die Aussagen des Gerichtshof sind jedoch auch für österreichische Verbraucher:innen von Relevanz.

LG Klagenfurt: Verbandsklagen-Richtlinie unmittelbar anwendbar

LG Klagenfurt: Verbandsklagen-Richtlinie unmittelbar anwendbar

Der Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen (VSV) hatte die Energie Klagenfurt GmbH auf Unterlassung der Verrechnung einer Gemeindebenützungsabgabe geklagt. Das Landesgericht Klagenfurt wies die Klage inhaltlich ab, bestätigte aber die Aktivlegitimation der klagenden Partei gestützt auf die (von Österreich nicht umgesetzte) EU-Verbandsklagen-Richtlinie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

zupfdi.at: „Besitzschutz“-Website – 6 Klauseln in AGB unzulässig

zupfdi.at: „Besitzschutz“-Website – 6 Klauseln in AGB unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Fumy – The Private Circle GmbH wegen sechs unzulässiger Klauseln in deren AGB/Vertragsformblättern für die Nutzung des über die Website „zupfdi.at“ betriebenen Abmahnservices bei behaupteten Besitzstörungen durch Kfz geklagt. Betreffend drei dieser Klauseln war bereits am 5.12.2023 ein Teilanerkenntnisurteil des Handelsgerichts Wien (HG Wien) ergangen. Nunmehr erkannte das HG Wien in seinem Endurteil auch die drei übrigen Klauseln für rechtswidrig. Das Endurteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang