Im Rahmen einer Werbemaßnahme versendete das Unternehmen an namentlich genannte potentielle Kunden postalisch Kuverts mit der Aufschrift „Offizieller Lieferauftrag- Dringende Antwort erwartet“, auf welchen ein vielteiliges Speiseservice abgebildet war. Über dem Service fand sich das rote Insert „Wert des schönsten Paketes 1.048,10€ [Anm: der Preis war durchgestrichen] GRATIS*“. Das Sternchen war quer zum Bild am unteren Rand des Kuverts mit dem Kleindruck aufgelöst: „Wert des für die Hauptbegünstigten gemäß der beigefügten Zuteilungbedingungen reservierten Pakets von Villory & Boch“.
Mit dem Kuvert erhielt die adressierte Konsumentin weitere Dokumente, in denen sie insgesamt sechsmal namentlich angesprochen wurde. Unter anderen ein Schreiben, in dem sie beglückwünscht wurde, ein Paket von Villeroy & Boch als „GRATIS-GESCHENK“ zu erhalten sowie ein Schreiben der Geschäftsführung, worin ihr mitgeteilt wurde, das Unternehmen hätte ihr ein Paket von Villeroy & Boch zugeteilt, gemäß der Zuteilungsbestätigung stehe ihr rechtmäßig eines der Pakete zu.
In den Zuteilungsbedingungen wurde angeführt, dass nur die 3 Teilnehmer mit dem höchsten Bestellwert zwischen dem 29.12.2020 und dem 19.01.2021 ein Geschirrset erhalten. Alle anderen Teilnehmer bekommen einen Tortenheber. Weiters enthielten die Zustellungsbedingungen die Formulierung: „Die Teilnahme an der Aktion ist gratis und unabhängig von einer Bestellung. Eine Bestellung erhöht nicht Ihre Gewinnchancen.“
Zu prüfen war die Lauterkeit der Zusendungen im Sinne des §§ 1 und 2 UWG. Jedenfalls als irreführend gelten die im Anhang des UWG unter Z 1 bis 23 angeführten Geschäftspraktiken (§ 2 Abs 2 UWG).
Laut Z 31 des Anhangs des UWG ist eine Geschäftspraktik, die unter allen Umständen als unlauter gilt, das Erwecken des unrichtigen Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen, werde einen Preis gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis oder einen sonstigen Vorteil gewinnen, obwohl a) es in Wirklichkeit keinen Preis oder sonstigen Vorteil gibt, oder b) die Möglichkeit des Verbrauchers, Handlungen zur Inanspruchnahme des Preises oder eines sonstigen Vorteils vorzunehmen, von der Zahlung eines Betrags oder der Übernahme von Kosten durch den Verbraucher abhängig gemacht wird.
Bei der Prüfung, ob die Marketingmaßnahme unter einen der Irreführungstatbestände zu subsumieren ist, ist auf die Perspektive von informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher/innen abzustellen. Dabei ist zu beurteilen, ob diese die strittige Ankündigung verstehen, ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht und ob eine nach diesen Kriterien unrichtige Angabe geeignet ist, sie zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten.
Die Ankündigung ist nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen. Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung. Denn er kann schon durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend sein.
Ein aufklärender Hinweis kann eine zur Irreführung geeignete Werbeaussage nur dann verhindern, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen auch wahrgenommen wird. Das setzt im Regelfall gleiche Auffälligkeit voraus.
Der blickfangartige Gesamteindruck der Botschaft in diesem Fall konnte für einen verständigen Durchschnittskonsumenten nur jener sein, dass der Adressat der von der Beklagten ausgewählte Hauptbegünstigte ist, der das Geschirrset von Villeroy & Boch als Geschenk erhält, wenn er es rechtzeitig anfordert. Dieser blickfangartige Gesamteindruck ist objektiv unrichtig und bereits daher irreführend im Sinne des § 2 Abs 2 UWG in Verbindung mit Z 31 des Anhangs des UWG.
Selbst wenn man dieser Einschätzung nicht folgt, würde dies am Ergebnis nichts ändern, da auch die Zustellungsbedingungen keinen klarstellenden Hinweis liefern, sondern in sich widersprüchlich sind.
Das unrichtige Versprechen eines wertvollen Geschenks ist objektiv geeignet, den Adressaten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Derjenige, der sich als für den Empfang eines wertvollen Geschenks auserwählt fühlt, wird sich aufgewertet und geschmeichelt fühlen und eher geneigt sein, eine Kaufentscheidung zu treffen, als jemand dem dieses Versprechen nicht gemacht wurde.
Der Einwand der Beklagten, dass jeder auch nur mittelmäßig verständige Verbraucher wissen müsse, dass im Wirtschaftsleben niemand etwas verschenkt, findet keine Deckung in der höchstgerichtlichen Judikatur und würde weite Teile des Lauterkeitsrechts in Bezug auf Verbraucher ad absurdum führen. Diese Intention kann dem Gesetzgeber nicht zugesprochen werden.
Dem Urteilsbegehren wurde daher stattgegeben.
Das Urteil ist rechtskräftig.
LG Salzburg 27.09.2021, 9 Cg 39/21t
Klagsvertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien