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Irreführende Werbung von Hutchison mit „ab-Preis“

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Hutchison Drei Austria GmbH (Hutchison). Im Verfahren ging es um eine Werbung mit einem „ab“-Preis für einen Internet-Tarif, ohne deutlichen Hinweis, dass jedenfalls noch weitere regelmäßig zu entrichtenden Kosten, nämlich die Servicepauschale, hinzukamen. Gab es im Haushalt des Kunden keinen Handyvertrag bei Hutchison, verteuerte sich der Preis um zusätzliche 14,-- Euro. Auch dafür gab es keinen ausreichenden Hinweis. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte eine irreführende Geschäftspraktik. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Hutchison Drei Austria GmbH bewarb ihren Internettarif „PowerNet L“ mit „ab 22 €“. In den Leistungsbeschreibungen stand als Voraussetzung für den Kombi-Vorteil, dass ein oder zwei Handyverträge im Haushalt des Kunden angemeldet sein müssen. Bei zwei Handyverträgen im Haushalt betrug der Tarif EUR 22,-- pro Monat, zuzüglich einer anteilsmäßig pro Monat verrechneten Servicepauschale von jährlich EUR 25,--. Sonst kostete der Tarif EUR 36,-- pro Monat; zuzüglich der Servicepauschale sind das EUR 38,08 pro Monat (EUR 36,-- plus anteilige Servicepauschale).

Geworben wurde durch Werbespots in U-Bahn-Stationen und öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien über „Infoscreens“ (am letzten Bild mit einem kleinen Hinweis auf die Servicepauschale und die Bedingung der zwei Handyverträge), mit einem Werbebanner auf der Tvthek-Seite des ORF und über GoogleAds (mit kleinem Hinweis auf die Servicepauschale) und über facebook (teilweise ohne Hinweis auf die Servicepauschale und die Voraussetzung der zwei Handyverträge).

Das OLG Wien bestätigte eine irreführende Geschäftspraktik:

Die beworbene Preisangabe „100 Mbit/s Down ab 22€“ weckt bei Durchschnittsverbraucher/innen jedenfalls die konkrete Erwartung, sie können das beworbene Internet-Produkt zum Tarif PowerNet L mit der angegebenen Download-Geschwindigkeit von 100 MBit/s zumindest in einer Grundversion zum angegebenen Mindestpreis von EUR 22,-- erwerben, ohne zusätzlich mit weiteren regelmäßig zu entrichtenden Kosten belastet zu werden oder weitere (kostenverursachende) Verträge mit der Beklagten abschließen zu müssen.

Selbst wenn durchschnittlichen Kund/innen bekannt sein sollte, dass die Beklagte bei einem Teil ihrer Produkte eine (jährliche) Servicepauschale verrechnet, können sie doch mangels deutlichen Hinweises darauf nicht erkennen, dass solche auch für den beworbenen Tarif zusätzlich anfallen.

Auch werden Kund/innen, wenn sie aufgrund der Angabe einer bestimmten „Download“-Geschwindigkeit („100 Mbit/s Down“) in Verbindung mit dem „ab“-Preis davon ausgehen, dass die angegebene Download-Geschwindigkeit in der Grundversion des Produkts eingeschlossen ist, dennoch erwarten, dass im Rahmen des Tarifs PowerNet L gegen einen Aufpreis auch höhere Download-Geschwindigkeiten oder aber bei gleichbleibenden Download-Geschwindigkeiten sonstige höherwertige Leistungen wie etwa eine geringere zeitliche Vertragsbindung oder ein größeres Datenvolumen erhältlich sind. Diese Vorstellung ist insofern unzutreffend, als das Produkt um den beworbenen „Ab“-Preis von EUR 22,-- für die Kund/innen tatsächlich nicht erhältlich ist, weil jedenfalls eine monatliche Kostenbelastung in Höhe der anteiligen Servicegebühr von EUR 2,08 (bezogen auf Oktober 2019) hinzukommt und der „ab“-Preis nur über Gutschriften erzielt werden kann, die im Haushalt der Verbraucher/innen das (zusätzliche Kosten verursachende) Bestehen von zwei aufrechten (kompatiblen) Mobilfunkverträgen bei der Beklagten voraussetzen.

Den Kund/innen wird in der Werbung die Information, dass der zu zahlende Gesamtpreis jedenfalls über dem beworbenen Preis liegt, vorenthalten, da verschwiegen wird, dass der „Ab“-Preis nur die Grundgebühr betrifft und zusätzlich eine Servicegebühr von immerhin fast 10% des „Ab“-Preises zu entrichten ist und sich die Grundgebühr für das Produkt in der Grundversion nur dann auf den beworbenen Mindestpreis beläuft, wenn im Haushalt der Kund/innen zwei Handyverträge bei der Beklagten vorhanden sind oder zumindest zugleich abgeschlossen werden.

Treffen einer geschäftlichen Entscheidung durch facebook-Werbung

Eine Geschäftspraktik ist irreführend iSv § 2 Abs 1 UWG, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, Marktteilnehmer/innen in Bezug auf das Produkt derart zu täuschen, dass diese dazu veranlasst werden, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung ist weit auszulegen und umfasst nicht nur den potentiellen Erwerb eines Produkts, sondern auch sämtliche vorgelagerte Handlungen, die damit unmittelbar zusammenhängen, wie insb das Betreten des Geschäftslokals. Auch das irreführende Anlocken, worauf ein anderes Rechtsgeschäft folgt oder folgen kann, ist daher lauterkeitsrechtliche relevant.

Die gegenständlichen Werbungen im Internet, über Facebook-Werbebanner und in den Öffentlichen Verkehrsmitteln sind geeignet, die Marktteilnehmer/innen zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Sie üben einen solchen Anlockeffekt aus, da sie die an dem (vermeintlich) günstigen Tarif interessierten Kund/innen dazu verleiten, entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt den in der Facebook-Werbung enthaltenen Link zur Website der Beklagten anzuklicken, über welche das Produkt auch gekauft werden kann oder bei passender Gelegenheit ein Geschäftslokal der Beklagten aufzusuchen.

Keine Rechtfertigung durch räumliche Beschränkungen auf facebook

Die Beklagte kann sich hier nicht erfolgreich auf räumliche Beschränkungen für weitere aufklärende Hinweise insbesondere in den Facebook-Werbeanzeigen stützen, weil das Erfordernis weiterer Vertragsabschlüsse sowie der Hinweis auf die Servicegebühr auf wenige Worte beschränkt werden kann.

Aufklärender Hinweis

Ein aufklärender Hinweis kann eine Täuschung durch eine mehrdeutige Werbeaussage nur bei ausreichender Deutlichkeit verhindern, wenn er also von den angesprochenen Verkehrskreisen auch wahrgenommen wird.

Maßgebend ist, ob durchschnittlich informierte, verständige Verbraucher/innen den aufklärenden Hinweis wahrnehmen, wenn sie mit der Werbeaussage konfrontiert werden.

Sowohl den aufklärenden Hinweisen in der Infoscreen-Werbung der Beklagten als auch in deren ORF-TVthek- und den GoogleAds Werbeanzeigen fehlt es an der erforderlichen Deutlichkeit. Der aufklärende Hinweis in der Infoscreen-Werbung wird zwar im letzten der drei Bilder, in dem auch der „Ab“-Preis aufscheint, für sieben Sekunden eingeblendet, die Einblendung erfolgt aber nicht in unmittelbarer Nähe zur Preisangabe selbst, sondern nur am unteren Bildrand und in Kleinschrift, sodass der Text leicht übersehen werden kann. Selbst wenn die Wortfolge „25 € Servicepauschale/Jahr“ durch Fettdruck gegenüber dem restlichen kleingedruckten Text hervorgehoben ist, wird die Aufmerksamkeit des Zusehers zunächst auf die groß und fett gedruckte Werbebotschaft und danach auf die Preisangebe gelenkt. Die Aufmerksamkeit der Zuseher/innen wird auf die Werbebotschaft und die Preisangabe gelenkt; diesen ist auch kein Symbol wie beispielsweise ein Sternchen angefügt, das die Vervollständigung der Preisangabe durch den kleingeschriebenen Text am unteren Bildrand erkennen lässt.

Die Werbung ist rechtswidrig, weil sie keine ausreichenden Informationen über die zusätzlichen Bedingungen für den beworbenen Preis bot.

Aktivlegitimation des VKI

Dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation des Klägers in Bezug auf die Wahrnehmung der Interessen auch unternehmerischer Kunden steht die Bestimmung des § 14 Abs 1 Satz 3 UWG entgegen, nach deren insofern klarem Wortlaut der Kläger den Unterlassungsanspruch in den Fällen irreführender Geschäftspraktiken nach § 2 UWG (ohne Einschränkung auf Verbraucherinteressen) geltend machen kann.

 

Die Hutchison Drei Austria GmbH muss es daher unterlassen, ihre Produkte mit einem bestimmten monatlichen Preis oder „Ab“-Preis, insbesondere den Internettarif „PowerNet L“ mit dem Preis „ab 22€“, zu bewerben, wenn sie Kunden die Information vorenthält, dass der Preis an das Bestehen weiterer Vertragsverhältnisse mit der beklagten Partei geknüpft ist, insbesondere an die Erfüllung der Bedingung, im Haushalt des Kunden zwei Handyverträge bei der beklagten Partei abzuschließen bzw. zu haben, und/oder dass zusätzliche zeitbezogene Kosten (verbrauchsunabhängig und nicht optional) verrechnet werden, insbesondere eine jährliche Servicepauschale von EUR 25.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 28.5.2021, 5 R 157/20z

Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, LL.M.

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