Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Mona Naturprodukte GmbH. Die Beklagte bringt in österreichischen Supermärkten Sojagetränke unter der Bezeichnung „Happy Soya SOJA DRINK“ „VANILLE“ auf den Markt.
Im Zutatenverzeichnis stand ua „Aroma“.
Angaben über die stoffliche Beschaffenheit, die nicht der Wahrheit entsprechen, sind in aller Regel irreführend. Zu den Informationen über die Zusammensetzung zählen nicht nur Angaben zur Zusammensetzung einer Ware, wie zB das Zutatenverzeichnis, sondern auch und gerade die Bezeichnung einer Ware. Denn die Bezeichnung eines Produkts löst beim angesprochenen Verkehrskreis Erwartungen aus, etwa über die stoffliche Beschaffenheit oder die Zusammensetzung und die damit verbundene Qualität, und veranlasst aufgrund dieser Erwartungen die wirtschaftliche Entscheidung.
Die Irreführungseignung ist nach dem Gesamteindruck der strittigen Ankündigung zu beurteilen. Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung. Denn er kann schon durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend sein.
Die Etikettierung eines Lebensmittels darf durch das Aussehen, die Bezeichnung oder die Darstellung einer bestimmten Zutat nicht den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass diese Zutat im Lebensmittel vorhanden sei, selbst wenn sich ihr Fehlen aus dem Zutatenverzeichnis ergibt. Damit ist klargestellt, dass ein korrektes Zutatenverzeichnis allein die Irreführung durch die Art und Weise der Etikettierung nicht ausschließt. Diese Rechtsprechungsentwicklung wirkt dem Missbrauch der eigentlich zur Aufklärung gedachten Zutatenliste zur Kaschierung von Irreführungen entgegen und wird dem Umstand gerecht, dass weite Kreise der Verbraucher die Zutatenliste nicht oder nicht mit großer Aufmerksamkeit lesen, sondern allenfalls flüchtig wahrnehmen.
Die Argumentation der Beklagten, dass die gewählte Bezeichnung und die Abbildung von Früchten insbesondere im Zusammenhang mit dem geringen Preis ihres Produkts eine Irreführung ausschlössen, ist nicht stichhaltig. Gerade ein geringer Preis kann zu einer geringeren Aufmerksamkeit der Verbraucher führen.
Naturbezogene Werbung entfaltet vor allem bei Lebens- und Genussmitteln, weil mittelbar Gesundheitsassoziationen weckend, besondere Kraft.
Durch das Zusammenspiel des auf der Schauseite der Verpackung befindlichen Worts „Vanille“ und der Darstellung einer Vanilleblüte wird der Eindruck erweckt, dass es sich um ein Produkt handle, in dem natürliche Bestandteile der Vanilleblüte oder zumindest natürliches Vanillearoma enthalten sind. Dieser Eindruck wird durch die hervorstechende Bezeichnung „PFLANZLICH“ verstärkt.
Die Irreführungseignung besteht darin, dass entgegen des bewirkten Eindrucks in Wahrheit gar keine natürlichen Bestandteile oder Aromen enthalten sind. Der unrichtige Eindruck wird nicht durch die Zutatenliste korrigiert, weil dort nur allgemein von „Aromen“, nicht aber von einem natürlichen Vanille-Aroma die Rede ist.
Es ist stets die Gesamtaufmachung des Lebensmittels ausschlaggebend.
Das Produkt enthält gar nicht jene Bestandteile oder Aromastoffe, mit welchen Verbraucher jedoch rechnen durften. Selbst das Zutatenverzeichnis klärt nicht auf, um welche Aromen es sich bei dem nach den Feststellungen verschwindend kleinen Anteil nicht näher bezeichneter „Aromen“ tatsächlich handelt.
Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, das von ihr vertriebene Sojagetränk „Happy Soya Soja Drink Vanille“ bzw „Happy Soya Soya Drink Soia Vanilla“ enthalte Vanillebestandteile und/oder natürliches Vanillearoma, insbesondere durch die naturgetreue Abbildung von Vanilleblüten auf der Schauseite der Verpackung, wenn das von ihr vertriebene Sojagetränk tatsächlich weder Vanillebestandteile noch auch nur natürliches Vanillearoma enthält.
Das Urteil ist rechtskräftig.
OLG Wien 29.6.2021, 4 R 177/20h
Klagsvertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien