Die Beklagte betreibt ein unternehmens- und branchenübergreifendes Kundenbindungsprogramm. Dem „jö Bonus Club“ beigetretene Verbraucher:innen („Mitglieder“) können bei verschiedenen „jö Partner“-Unternehmen durch Verwendung ihrer „jö Karte“ Bonuspunkte sammeln oder einlösen und dabei von unterschiedlichen Vorteilen (zB. Rabatten) profitieren. Gegenstand der Klage des VKI waren insgesamt 14 Klauseln in den AGB des jö Bonus Clubs. Das LG Wiener Neustadt beurteilte nun mit Endurteil alle 5 Klauseln betreffend Datenschutz als unzulässig. Den Klauseln ist gemein, dass die jeweiligen Einwilligungserklärungen nicht den Vorgaben der Datenschutzgrund-Verordnung (DSGVO) für eine wirksame Einwilligung bzw nicht dem Transparenzgebot des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) entsprechen.
Klauseln und Verstöße im Einzelnen:
1. Genießen Sie Ihre ganz persönlichen Vorteile
○ JA, ich stimme der Verarbeitung meiner Daten gemäß unten stehender Einwilligungserklärung zu und möchte somit von exklusiven Vorteilen und Aktionen profitieren.
○ NEIN, ich stimme der Verarbeitung meiner Daten gemäß unten stehender Einwilligungserklärung nicht zu und möchte somit nicht von exklusiven Vorteilen und Aktionen profitieren.
Ich erkläre mich gemäß Punkt 5.5. und 5.6. AGB (ebenso Punkte 4.4. und 4.5. der Datenschutzerklärung) damit einverstanden, dass die Unser Ö-Bonus Club GmbH sowie die jö Partner, bei denen ich meine jö Karte verwendet habe,
(1) meine Teilnahmedaten und Einkaufsdaten zusammenführen und analysieren, um mir für mich relevante und auf meine Interessen zugeschnittene, individualisierte Informationen zum jö Bonus Club Programm zukommen zu lassen und Angebote zum Sammeln und Einlösen von Ös auf meine Bedürfnisse anzupassen (sog. „Profiling“ für Zielgruppenselektionen, Werbemaßnahmen und aggregierte Auswertungen für Sortimentsoptimierung sowie Tracking zur Erfolgsmessung von Werbemaßnahmen), um
(2) mir Werbung mit personalisierten Angeboten über Produkte und Dienstleistungen des Betreibers und der jö Partner per Post, E-Mail, SMS, MMS, Push-Nachrichten, Nachrichten über Apps und Messenger zuzusenden, und
(3) dass meine auf diese Weise gewonnenen personenbezogenen Daten bei Widerruf meiner Einwilligung, spätestens nach Ende meiner Mitgliedschaft gelöscht werden. Meine Einwilligung ist für den Vertragsabschluss nicht zwingend notwendig und ich kann sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der Unser Ö-Bonus Club GmbH (IZ NÖ-Süd, Straße 3, Objekt 16, A-2355 Wiener Neudorf) postalisch, per E-Mail an datenschutz@joe-club.at oder telefonisch (01 386-5000) widerrufen.
Verstoß gegen Art 6 Abs 1 lit a iVm Art 7 Abs 1 iVm Art 4 Abs 1 Z 11 DSGVO (keine freiwillige Einwilligung); Art 7 Abs 4 DSGVO (Koppelungsverbot) sowie § 6 Abs 3 KSchG und Art 5 Abs 1 lit a DSGVO (intransparent).
Das LG Wiener Neustadt sah die durch das Anklicken des „JA“ Kästchens gegebene Einwilligung nicht als freiwillig iSd Art 6 Abs 1 lit a iVm Art 7 Abs 1 iVm Art 4 Abs 1 Z 11 DSGVO abgegeben an.
Darüber hinaus erkannte es auch einen Verstoß gegen das Kopplungsverbot nach Art 7 Abs 4 DSGVO und betrachtete die Klausel als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG und Art 5 Abs 1 lit a DSGVO.
2. Einwilligungserklärung: Ich erkläre mich gemäß Punkt 5.5 und 5.6 AGB (ebenso Punkte 4.4. und 4.5. der Datenschutzerklärung) damit einverstanden, dass die Unser Ö-Bonus Club GmbH sowie die jö Partner, bei denen ich meine jö Karte verwendet habe,
(1) meine Teilnahmedaten und Einkaufsdaten zusammenführen und analysieren, um mir für mich relevante und auf meine Interessen zugeschriebene, individualisierte Informationen zum jö Bonus Club Programm zukommen zu lassen und Angebote zum Sammeln und Einlösen von Ös auf meine Bedürfnisse anzupassen (sog. „Profiling“ für Zielgruppenselektionen, Werbemaßnahmen und aggregierte Auswertungen für Sortimentsoptimierung sowie Tracking zur Erfolgsmessung von Werbemaßnahmen), um
(2) mir Werbung mit personalisierten Angeboten über Produkte und Dienstleistungen des Betreibers und der jö Partner per Post, E-Mail, SMS, MMS, Push-Nachrichten, Nachrichten über Apps und Messenger zuzusenden, und (3) dass meine auf diese Weise gewonnenen personenbezogenen Daten bei Widerruf meiner Einwilligung, spätestens nach Ende meiner Mitgliedschaft gelöscht werden. Meine Einwilligung ist für den Vertragsabschluss nicht zwingend notwendig und ich kann sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der Unser Ö-Bonus Club GmbH (IZ NÖ.-Süd, Straße 3, Objekt Td, A-2355 Wiener Neudorf) postalisch, per E-Mail an datenschutz@joe-club.at oder telefonisch (01 384-5000) widerrufen,
Datum* Unterschrift
Diese Unterschrift gilt nur für die Einwilligungserklärung und ist freiwillig. Ihre Anmeldung zum jö Bonus Club Ist auch ohne Unterschrift wirksam.
(* Pflichtfeld)
Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und 7 Abs 1 iVm Art 4 Z 11 DSGVO (keine freiwillige Einwilligung)
Nach Ansicht des LG Wiener Neustadt sei die Einwilligungserklärung in engem Zusammenhang mit Klausel 1 zu sehen. Von einer freiwilligen und unmissverständlichen Einwilligung eines unterzeichnenden Konsumenten könne nicht die Rede sein. Die unklare Ausgestaltung des Formulars mache die gegenständliche Klausel intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.
3. [...] Beim Hinzutreten neuer jö Partner stimmt das Mitglied durch Verwendung seiner jö Karte beim jeweiligen jö Partner zu, dass auch die bei diesem jö Partner gespeicherten Teilnahme- und Einkaufsdaten von der erteilten Einwilligung umfasst und gemäß den Regelungen der Datenschutzerklärung, insbesondere deren Punkt [4.4./4.5./4.5.1], verarbeitet werden. Der Betreiber wird das Mitglied auf der Webseite unter jö-club.at/partner sowie persönlich mittels Nachricht per Brief bzw., soweit das Mitglied seine Zustimmung dazu erklärt hat, per E-Mail, über das Hinzutreten eines neuen jö Partners informieren. Diese Nachricht wird auch den Hinweis auf die erteilte Einwilligung zur Datenverarbeitung gemäß diesem Unterpunkt enthalten und das Mitglied auf die Erneuerung und Ausdehnung seiner Einwilligung auf den neuen jö Partner durch Verwendung der jö Karte bei diesem jö Partner hinweisen.
Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG (Bezugnahme auf eine unzulässige Klausel)
Diese Klausel, die die Erweiterung des Kreises der Jö-Partner betrifft, nehme explizit auf die rechtswidrige Einwilligungserklärung Bezug und sei schon deshalb unwirksam.
4. Das Mitglied stimmt auch zu, dass im Rahmen von elektronischer Werbung vom Betreiber erhoben wird, ob das Mitglied die Werbung öffnet, die darin enthaltenen Links anklickt, wie viel Zeit das Mitglied dafür verwendet, welches Endgerät es dafür verwendet, welches Betriebssystem und welchen Browser es verwendet, an welchem Ort es sich befindet, welche IP-Adresse dem Mitglied zugewiesen wurde, und ob es Soziale Netzwerke nutzt und dort die Inhalte der Werbung allenfalls mit Dritten teilt.
5. Das Mitglied stimmt auch zu, dass im Rahmen von elektronischer Werbung vom jö Partner erhoben wird, ob das Mitglied die Werbung öffnet, die darin enthaltenen Links anklickt, wie viel Zeit das Mitglied dafür verwendet, welches Endgerät es dafür verwendet, welches Betriebssystem und welchen Browser es verwendet, an welchem Ort es sich befindet, welche IP-Adresse dem Mitglied zugewiesen wurde, und ob es Soziale Netzwerke nutzt und dort die Inhalte der Werbung allenfalls mit Dritten teilt.
Zu Klauseln 4. und 5.
Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG (Bezugnahme auf eine unzulässige Klausel) und Art 7 Abs 1 iVm Art 4 Z 11 (keine freiwillige und informierte Einwilligung)
Auch hier wurde festgestellt, dass diese Klauseln beide auf die oben dargestellte rechtswidrige Einwilligungserklärung Bezug nehmen, indem sie statuieren, „Das Mitglied stimmt auch zu…“ - schon aufgrund dieser Bezugnahme seien auch diese beiden Klauseln unwirksam. Darüber hinaus könne auch aus einer rechtskonformen freiwilligen und informierten Einwilligung ins Profiling nicht auf eine Einwilligung in weitreichendes Tracking geschlossen werden. Durch eine Bestimmung in AGB, die profan statuiere, „das Mitglied stimmt auch zu“, werde das Erfordernis der Freiwilligkeit und Informiertheit keinesfalls erfüllt.
LG Wiener Neustadt 28.10.2024, 27 Cg 9/20s
Klagsvertreter: RA Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Stand 26.11.2024)
7 weitere Klauseln hat bereits der OGH für unzulässig erklärt: OGH 25.6.2024, 4 Ob 102/23p
Über 2 Klauseln wurde bereits vom OLG Wien (5 R 168/22w) rechtskräftig abgesprochen:
Klausel 12: […] Weder dem Mitglied noch dem jö Partner stehen aus dem zwischen Mitglied und jö Partner geschlossenen Vertrag Rechte – welcher Art auch immer – gegen den Betreiber zu.
Die Klausel ist nach dem OLG Wien zulässig, weil lediglich ein allgemeiner Rechtsgrundsatz festgeschrieben werde, wonach Verträge zulasten Dritter den Dritten nicht verpflichten (§ 500a ZPO).
Klausel 14: Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages einschließlich dieser Regelungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag eine nicht vorhergesehene Lücke aufweisen, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.
Die Klausel ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, zumal die Ersetzung unwirksamer Klauseln durch dispositives Recht nach der Rsp des EuGH nicht ohne weiteres zulässig ist und die generelle Bezugnahme auf eine Vertragsanpassung durch dispositives Recht nicht mehr der Rechtslage entspricht. Die Klausel bürdet dem Verbraucher das Risiko auf, seine Rechte selbst zu ermitteln.
Siehe auch: OGH: Mehrere Klauseln des jö Bonus Clubs unzulässig | Verbraucherrecht