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"Kick-Back"-Judikatur in Deutschland auch gegen Anlageberater

Gutachter sieht ähnliche Situation in Österreich

Heute berichtet die Financial Times Deutschland von zwei beachtenswerten Urteilen.
Das Landgericht München habe den AWD, das OLG Stuttgart einen freien Anlageberater
zu Schadenersatz wegen Verschweigen der Innenprovisionen verurteilt.

Univ. Prof. Georg Graf von der Universität Salzburg sieht auch in Österreich schon vor
Inkrafttreten des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 die Verpflichtung zur Offenlegung
von Interessenskonflikten; bei Verstoß droht Schadenersatz.

In den genannten deutschen Urteilen ging es um Investitionen in geschlossene Immobilienfonds.
Dafür bekamen die Anlageberater offenbar Provisionszahlungen von zwischen 12 und 15 Prozent
der Veranlagungsbeträge. Die Anlageberater haben diese Provisionen ihren Kunden nicht offen
gelegt. Dazu seien sie aber - ebenso wie Bankberater (dazu gibt es Judikatur des BGH) - verpflichtet.
Bei einem Verstoß gegen diese Informationspflicht droht Schadenersatz. Kann der Kunde beweisen,
dass er - hätte er von den Provisionen gewußt - nicht veranlagt hätte, dann muss der Anlageberater
Schadenersatz leisten.

Zu diesem Ergebnis kam am 4. 3.2010 das OLG Stuttgart (AZ.: 13 U 42/09), das die Revision nicht
zugelassen hat und auch das Landesgericht München (AZ.: 22 O 179/09) - hier gegen den AWD, der
eine Berufung angekündigt hat.

In den Sammelklagen gegen den AWD stützt sich der VKI auch auf Schadenersatz wegen des
Verschweigens von Interessenskonflikten. Die Depotbank von Immofinanz und Immoeast - die Constantia Privatbank -
hat die satten Spesen für die Aktienkäufe (bis zu fünf Prozent der Kaufsumme) "1:1" an den AWD zurückgeleitet.
Der AWD hat seinen Beratern höchste Abschlussprovisionen (bis zu 3,8 Einheiten) bezahlt und selbst für das
Halten der Aktien jährliche Bestandprovisionen bezogen.

All das hat man den Kunden - mit System - verschwiegen. Der AWD hätte diesen Interessenkonflikt aufdecken müssen. Da er das nicht tat, wird er - so Gutachter Prof. Graf - all jenen schadenersatzpflichtig, die - hätten sie von den Provisionen und dem bestehenden Eigeninteresse
des AWD gewusst - diese Aktien nicht gekauft hätten.

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