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Klauseln einer Gutscheinplattform

Zwar besteht nach § 18 Abs 1 Z 10 FAGG bei Hauslieferungen und Freizeit-Dienstleistungen kein Rücktrittsrecht. Es gibt aber keine sachliche Rechtfertigung dafür, wegen des fehlenden Rücktrittsrechts auch ein Umtauschrecht hinsichtlich derartiger Gutscheine auszuschließen.

Die Bundesarbeiterkammer hat ein Verbandsverfahren gegen einen Unternehmer geführt, der über seine Plattform www.groupon.at Gutscheine für Leistungen oder für Waren anderer Unternehmen (Partnerunternehmen) vertrieb:

Die Bekl selbst schuldet nicht die Erbringung der in den Gutscheinen angegebenen Leistungen oder die Lieferung der angegebenen Waren, sondern nur, dass der Gutschein einen Anspruch auf die Leistungserbringung durch den Partner gewährt. Die von der Beklagten verkauften Gutscheine sind entweder auf eine konkrete Leistung (Erlebnisgutschein), eine konkrete Ware (Warengutschein) oder einen bestimmten Leistungs- und/oder Warenwert (Wertgutschein) gerichtet.

Pkt 5.2., 1. Satz der AGB besagte, dass nach Einlösung des Gutscheins beim Partnerunternehmen ein Widerruf, also eine Rückgabe des Gutscheins an die Bekl gegen Erstattung des Kaufpreises, nicht mehr möglich sei. Dieser allgemeine Ausschluss des Rücktrittsrechtes widerspricht §§ 5e, 5f KSchG bzw nunmehr § 11 Abs 1, § 18 Abs 1 Z 1 FAGG: Der Verbraucher konnte/kann grundsätzlich von jedem im Fernabsatz geschlossenen Vertrag innerhalb von 7 (KSchG) bzw 14 (FAGG) Tagen zurücktreten. Diese Bestimmungen enthielten/enthalten keine Ausnahmen für Fälle, in denen ein Gutschein verkauft wird. Zwar war/ist bei Dienstleistungen ein Entfall des Rücktrittsrechts unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der Gutscheinverkauf durch die Bekl ist aber nicht stets als eine solche Dienstleistung zu qualifizieren, sondern dessen Einordnung danach vorzunehmen ist, ob das Geschäft, auf das sich der Gutschein bezieht, ein Kauf- oder Dienstleistungsvertrag ist.

Gemäß Punkt 14 Satz 2 konnten Gutscheine, die nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer eingelöst werden, bei der Bekl innerhalb von 3 Jahren ab Ablauf der Gültigkeitsdauer gegen andere Gutscheine umgetauscht werden. "Gutscheine, die gemäß Pkt 5.2 vom Widerruf ausgeschlossen sind, können auch nicht umgetauscht werden" (Pkt 14., letzter Satz). Damit wurde das - in Entsprechung der Entscheidung 7 Ob 22/12d - eingeräumte Umtauschrecht bezüglich abgelaufener Gutscheine auch für Gutscheine für Hauslieferungen und Freizeit-Dienstleistungen ausgeschlossen. Zwar bestand/besteht nach § 5c Abs 4 Z 1 und 2 KSchG bzw § 18 Abs 1 Z 10 FAGG bei Hauslieferungen und Freizeit-Dienstleistungen kein Rücktrittsrecht. Es gab/gibt aber keine sachliche Rechtfertigung dafür, wegen des fehlenden Rücktrittsrechts auch ein Umtauschrecht hinsichtlich derartiger Gutscheine auszuschließen. Erwirbt der Verbraucher einen Gutschein bei der Bekl etwa für eine Theatervorstellung (Freizeit-Dienstleistung) und löst er diesen nicht ein, tritt im Ergebnis jene Situation ein, die nach der Entscheidung 7 Ob 22/12d verhindert werden soll: Die Bekl erhält das volle Entgelt für den Gutschein, dieser verfällt unter Umständen bereits nach kurzer Zeit, und der Verbraucher erhält keinen Ersatz dafür (auch nicht in Form eines Umtauschs).

Die Kl meint infolge Unwirksamkeit von Pkt 14., letzter Satz müsse der gesamte Punkt 5.2. für unwirksam erklärt werden. Jene Rsp, wonach der Verweis auf eine unzulässige Klausel dazu führt, dass auch die verweisende Klausel unzulässig ist, weil sie sich den Inhalt der verwiesenen Klausel durch den Verweis zu eigen macht (RIS-Justiz RS0122040), ist hier nicht einschlägig: Nicht die verwiesene Klausel ist unzulässig, sondern die verweisende, nämlich Pkt 14., letzter Satz.

OGH 21.12.2015, 6 Ob 169/15v
Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

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