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Kommentar: Dauerrabatt

Thomas Haghofer (Büro für Konsumentenfragen) legt dar, welche Fragen mit Musterprozessen zu klären wären.

 

In der Vergangenheit waren im Bereich der Haushalts-, Eigenheim-, Rechtsschutz- und Unfallversicherung Verträge mit einer zehnjährigen Laufzeit die Regel. Derart lange Vertragsbindungen sind aus der Sicht des Verbraucherschutzes untragbar und verhindern darüber hinaus auch weitgehend einen wirksamen Wettbewerb. Aus diesem Grund räumt der Gesetzgeber dem Verbraucher seit der VersVG-Novelle 1994 in § 8 Abs 3 VersVG das Recht ein, solche Versicherungsverhältnisse zum Ablauf des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres zu kündigen.

Die Versicherungswirtschaft hat auf diese Gesetzesänderung mit Dauerrabattvereinbarungen reagiert, die offensichtlich darauf abzielen, die Ausübung des gesetzlichen Kündigungsrechtes weitgehend unwirtschaftlich zu machen. Auch wenn im Einzelfall Unterschiede auftreten können, weisen diese Vereinbarungen folgendes Muster auf: Der Verbraucher bezahlt von vorneherein eine gegenüber der tarifmäßigen Normalprämie um 20 bis 30 Prozent ermäßigte Prämie. Er kann diesen Rabatt aber letztlich nur dann behalten, wenn eine zehnjährige Vertragsdauer eingehalten wird. Ist das nicht der Fall, muss der Verbraucher für jedes Jahr - das der Vertrag aufrecht war - den vollen Rabatt zurückzahlen. Das hat zur Folge, dass die Vertragsauflösungskosten jährlich ansteigen und dadurch - je länger der Vertrag dauert - eine Kündigung zunehmend unwirtschaftlicher wird.

Rechtlich stellen sich zwei Rechtsfragen:

Ein Rückforderungsanspruch kann von vorneherein nur dann zu Recht bestehen, wenn eine hinreichend bestimmte und dem Transparenzgebot entsprechende Vereinbarung über die Gewährung und allfällige Rückerstattung des Dauerrabattes zustandegekommen ist. Allerdings legt die Rechtsprechung in dieser Frage derzeit unterschiedlich strenge Maßstäbe an: Während in zwei Fällen (LG Feldkirch 6.3.1998, 1 R 117/98h und BG Pregarten 16.5.1997, C 53/97) ein gesonderter Ausweis der normalen Tarifprämie neben der rabattierten Prämie in der Versicherungspolizze gefordert wird, gehen Gerichte in zwei anderen Entscheidungen (LG Salzburg 16.4.1998, 53 R 11/98 und LG Eisenstadt 23.4.1998, 13 R 81/98) von einer hinreichend bestimmten Dauerrabattvereinbarung aus, obwohl die Tarifprämie nicht gesondert ausgewiesen ist.

Trotz einer hinreichend bestimmten und transparenten Vereinbarung besteht der Rückforderungsanspruch dann (ganz oder teilweise) nicht zu Recht, wenn die Klausel inhaltlich gesetz- oder sittenwidrig ist. Zu dieser Frage, die derzeit in der Literatur diskutiert wird (vgl Schauer, VR 4/97; Rami, VR 6/98), liegt bislang noch keine Rechtsprechung vor. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass eine Klausel, deren wirtschaftliche Auswirkungen den von § 8 Abs 3 VersVG verfolgten Zweck weitgehend vereitelt, unzulässig und unwirksam ist.

Der VKI wird versuchen, beide Frage durch Musterprozesse zu klären.

Mag. Thomas Haghofer

BKA - Büro für Konsumentenfragen

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