Der beklagte Verbraucher wollte einen Jeep veräußern. T* wollte den Jeep kaufen, konnte jedoch mit dem Beklagten keine Einigung über den Preis erzielen. Er bot dem Beklagten an, ihm mögliche Käufer bekannt zu geben, womit der Beklagte einverstanden war. T* erzählte daraufhin dem klagenden Unternehmer vom Jeep, der daran Interesse bekundete. T* meldete sich deshalb beim Beklagten und fragte ihn, ob er dessen Telefonnummer an einen Interessenten, den Kläger, weitergeben dürfe, womit der Beklagte einverstanden war. Nachdem der Kläger den Beklagten kontaktierte, vereinbarten sie eine Probefahrt. Nach Ende der Probefahrt unterfertigten sie am Wohnsitz des Beklagten ein vom Beklagten ausgedrucktes Kaufvertrags-Formular. Über ein Rücktrittsrecht belehrte der Kläger den Beklagten nicht. Ein paar Monate später trat der Beklagte nach § 3 KSchG vom Kaufvertrag zurück. Der Kläger klagte auf Herausgabe des Jeeps. Der Klage wurde stattgegeben.
Anwendung des KSchG auch bei „inversen“ Verbrauchergeschäften
Bei einem „inversen“ Verbrauchergeschäft tritt der Verbraucher als Sachschuldner und der Unternehmer als Sachgläubiger auf.
Vorauszuschicken ist, dass sich der Beklagte nie auf ein Rücktrittsrecht nach § 11 FAGG berufen hat, was insofern konsequent ist, als das FAGG nach der herrschenden Ansicht keine Anwendung auf Auswärtsgeschäfte findet, bei denen der Verbraucher die vertragstypische Leistung erbringt, also nicht als Nachfrager auftritt. Einer weiteren Auseinandersetzung damit bedurfte es laut OGH hier nicht.
Nach § 1 Abs 1 KSchG gilt dessen I. Hauptstück für Rechtsgeschäfte, an denen einerseits jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört (Unternehmer), und andererseits jemand, für den das nicht zutrifft (Verbraucher), beteiligt sind. Die Regeln des I. Hauptstücks des KSchG sind auf die typische Fallkonstellation ausgerichtet, bei der der Unternehmer die Sach- oder Dienstleistung erbringt. Eine Einschränkung darauf lässt sich aber weder dem Gesetzeswortlaut entnehmen noch aus dem Ziel des Gesetzes ableiten.
Das I. Hauptstück des KSchG ist – abgesehen von einzelnen Bestimmungen, die explizit an die „klassische“ Rollenverteilung anknüpfen (etwa §§ 7a, 8 oder 9 KSchG) – nicht auf „klassische“ Konstellationen beschränkt, sondern auch auf die umgekehrte Variante anwendbar. Dies gilt infolge seiner insofern neutralen Formulierung vor allem für § 3 KSchG.
Auch aus dem dritten Satz des § 3 Abs 1 KSchG ergibt sich kein anderes Ergebnis. Zwar ist (auch) diese Bestimmung auf die typische Rollenverteilung zugeschnitten. Vertauschte Parteirollen schließen die Anwendung von § 3 KSchG aber nicht aus, weil im Fall des Warenverkaufs durch den Verbraucher die allgemeine Regel zum Tragen kommt, wonach die Rücktrittsfrist mit Vertragsabschluss zu laufen beginnt. Rückschlüsse auf die Reichweite des § 3 KSchG lässt die darin enthaltene Regelung des Fristenlaufs daher nicht zu.
Kein Rücktrittsrecht wegen Vertragsanbahnung
§ 3 Abs 3 Z 1 KSchG schließt das Rücktrittsrecht aus, wenn der Verbraucher selbst die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer zwecks Schließung dieses Vertrags angebahnt hat. Ob die Anbahnung vom Verbraucher selbst ausgeht oder er sich dafür einer anderen Person bedient, ist dabei nicht entscheidend.
Maßgeblich ist eine kongruente, also eine mit dem letztlich geschlossenen Vertrag (vor allem) sachlich und personell im Zusammenhang stehende Anbahnung.
Hier liegt eine kongruente Anbahnung iSd § 3 Abs 3 Z 1 KSchG vor. Auch wenn der Beklagte den Kontakt mit dem Kläger nicht unmittelbar selbst hergestellt hat, ging die Initiative dazu nicht vom Kläger, sondern von T* aus. Wenn T* im Einverständnis mit dem Beklagten Interessenten die Kaufmöglichkeit bekannt gab, ging die Anbahnungshandlung vom Beklagten selbst aus, der sich mit T* insofern eines ihm zuzurechnenden Dritten bediente. Auch das Erteilen der Zustimmung, dass ein potenzieller Käufer mit ihm telefonisch in Kontakt treten könne, und das anschließende Verhalten des Beklagten bringen zum Ausdruck, dass es dem Beklagten darum ging, mit einem potenziellen Käufer wie dem Kläger in (Vor-)Verhandlungen über den Verkauf des Jeep treten zu wollen.
Daraus folgt, dass sich der Beklagte infolge Anbahnung des Geschäfts durch ihn nicht auf das von ihm in Anspruch genommene Rücktrittsrecht berufen kann.