Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gewinnt einen Musterprozess gegen Last Minute Restplatzreisen mit Sitz in Baden-Baden. Bei diesem Prozess wurde im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums auf Schadenersatz wegen Verlust des Fluggepäcks geklagt. Dabei zeigte ein Sachverständigen-Gutachten klar auf, wie der Verlust von Gebrauchsgegenständen zu bewerten ist. Hatte man seitens des Unternehmens zunächst versucht, die Reisende mit 68 Euro abzuspeisen, bekommt die Geschädigte nun - nach zwei Jahren Prozess - immerhin 1.074 Euro zugesprochen.
Im Sommer 2008 hatte die Konsumentin bei Last Minute Restplatzreisen eine Flugreise von Wien nach Sardinien gebucht. Ausführendes Luftfahrtunternehmen war Meridiana. In einer Sporttasche hatte die Konsumentin die typischen Utensilien: Kleidung, Kosmetika, elektronische Geräte, Bücher. Die Tasche wurde als Gepäck aufgegeben. Bei der Ankunft in Sardinien war die Tasche verschwunden. Die Konsumentin meldete den Verlust am zuständigen Schalter und wartete den gesamten Urlaub darauf, dass sich die Tasche noch finden würde. Diese blieb allerdings verschwunden. Sie verlangte Schadenersatz und bekam - ein halbes Jahr und zahlreiche Briefe und Telefonate später - lediglich 68 Euro ersetzt.
Die Konsumentin trat daraufhin ihre Ansprüche dem VKI ab, der sowohl den Reiseveranstalter als auch die Fluglinie auf Schadenersatz klagte. Gegen die Fluglinie erging ein Versäumungsurteil. Der Veranstalter argumentierte im Prozess insbesondere damit, dass das gesamte Gepäck nicht neuwertig gewesen sei und der Verkehrswert sich daher in etwa am Wert von eBay-Versteigerungen messen lassen müsse. Dem traten Sachverständige und Richterin entgegen: Wenn eine Sache keinen Verkehrswert habe, dann sei der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen. Die geringfügigen Kaufpreise auf eBay waren daher nicht Maßstab.
Der Luftfrachtführer, in diesem Fall der Reiseveranstalter, haftet bei Verlust des Fluggepäcks nach dem Montrealer Übereinkommen - allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag von 1.142 Euro. Dieser Betrag wird an dem Tag, an dem das Urteil gefällt wird, umgerechnet. Unter Berücksichtigung der erhaltenen 68 Euro wurden der Konsumentin daher 1.074 Euro zugesprochen.
"Es ist ein typisches Ärgernis für Fluggäste, dass Fluglinien im Fall des Verlustes von Reisegepäck versuchen, sich durch allerlei Argumente und Kulanzangebote aus der Haftung zu stehlen. Das Verfahren zeigt, dass man vor Gericht in der Regel weit mehr durchsetzen kann, als einem zuvor angeboten wird", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Die Unternehmen wissen genau, dass sich Konsumenten ohne Rechtsschutzversicherung eine Rechtsdurchsetzung nie leisten könnten. So betrug im vorliegenden Fall das Kostenrisiko etwa rund das Dreifache des Streitwertes. Hier muss man zu effizienteren Formen der Rechtsdurchsetzung finden - sonst bestehen die Fluggastrechte zwar auf dem Papier, nicht aber in der Praxis."
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
BG Schwechat 16.11.2010, 4 C 947/09m
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Klagevertreter: Dr. Gerhard Deinhofer, RA in Wien