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Gesetzesänderung
Bild: geralt/pixabay

Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetze

In Umsetzung der Modernisierungs-Richtlinie (RL [EU] 2019/2161), auch Omnibus-RL genannt, wurden in Österreich mehrere verbraucherrechtlich relevante Gesetze geändert. Die Umsetzung fand durch das MORUG I und das MORUG II statt, beide traten am 20.7.2022 in Kraft.

MORUG I (Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz)

Damit wurde ua Folgendes geändert:

  • Anwendungsbereich des FAGG

Der Anwendungsbereich des FAGG wurde – in Anknüpfung an die Digitale-Inhalte-Richtlinie – um einen Vertragstypus erweitert, bei dem die „Gegenleistung“ des Verbrauchers für die vertragliche Leistung des Unternehmers nicht in der Zahlung eines Preises, sondern ausschließlich darin besteht, dass der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten „bereitstellt“ (§ 1 Abs 1 Z 2 FAGG).

  • Informationspflichten des Unternehmers
    • Fortan hat ein Unternehmer einen Verbraucher vor Vertragsabschluss eines Fern- oder Auswärtsgeschäftes jedenfalls über seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse, unter denen der Verbraucher den Unternehmer schnell erreichen und ohne besonderen Aufwand mit ihm in Verbindung treten kann, zu informieren (§ 4 Abs 1 Z 2 FAGG). (Früher musste er dies nur dann tun, wenn er auch eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse verfügte; er musste sich deswegen aber keine extra einrichten lassen). Faxnummer muss keine angegeben werden.
    • Sofern der Unternehmer andere Online-Kommunikationsmittel bereitstellt, die gewährleisten, dass der Verbraucher etwaige schriftliche Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich des Datums und der Uhrzeit dieser Korrespondenz, auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann, ist auch darüber zu informieren (§ 4 Abs 1 Z 3 lit a FAGG).
    • Überdies hat der Unternehmer darüber zu informieren, wenn der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist (§ 4 Abs 1 Z 4a FAGG).
  • Zusätzliche Informationserteilung bei auf Online-Marktplätzen geschlossenen Verträgen (§ 4a FAGG)

Ein „Online-Marktplatz“ ist ein Dienst, der es Verbrauchern durch die Verwendung von Software, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, ermöglicht, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen.

Die Informationspflichten betreffen etwa die Reihung der Angebote, die Unternehmereigenschaft des Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet (Z 2), die Nichtanwendung von Verbraucherrechten bei Fehlen dieser Unternehmereigenschaft (Z 3) und die Aufteilung der vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dem Dritten (Z 4).

  • Ausnahmen vom Rücktrittsrecht

§ 18 Abs 1 Z 1 FAGG wurde etwas geändert: Wie bisher ist für die diese Ausnahme des Rücktrittsrechts notwendig, dass der Unternehmer die Dienstleistung bereits vollständig erbracht hat und dass er mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Zusätzlich muss für den Entfall des Rücktrittsrechts der Verbraucher 

  • a) entweder vor Beginn der Dienstleistungserbringung bestätigt haben, zur Kenntnis genommen zu haben, dass er sein Rücktrittsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung verliert,
  • b) oder den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um Reparaturarbeiten vornehmen zu lassen (dh bei dieser Variante entfällt das Rücktrittsrecht auch ohne Kenntnisnahme-Bestätigung). (Anm: Es handelt sich hier, anders als in § 18 Abs 2 FAGG, nicht um „dringende“ Reparaturarbeiten.)     

Weiters muss der Verbraucher nach dem Vertrag zu einer Zahlung verpflichtet sein.

Auch § 18 Abs 1 Z 11 FAGG (Ausnahme vom Rücktrittsrecht bei der Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten) wurde angepasst. Der Unternehmer muss mit der Vertragserfüllung begonnen haben. Daneben muss

  • a) der Verbraucher dem Beginn der Vertragserfüllung vor Ablauf der Rücktrittsfrist ausdrücklich zugestimmt haben,
  • b) der Verbraucher bestätigt haben, zur Kenntnis genommen zu haben, dass er durch den vorzeitigen Beginn der Vertragserfüllung sein Rücktrittsrecht verliert, und
  • c) der Unternehmer dem Verbraucher eine Ausfertigung oder Bestätigung nach § 5 Abs 2 oder § 7 Abs 3 zur Verfügung gestellt haben.

Weiters muss der Verbraucher nach dem Vertrag zu einer Zahlung verpflichtet sein. Wenn es sich hingegen um einen bloßen Datenhingebungsvertrag handelt, geht das Rücktrittsrecht des Verbrauchers allein schon mit dem Beginn der Vertragserfüllung verloren.

Die Ausnahmen vom Rücktrittsrecht nach § 18 Abs 1 Z 1 lit a (vollständige Erfüllung der Dienstleistung), Z 2 (Waren und Dienstleistungen mit Schwankungen auf dem Finanzmarkt), Z 3 (Anfertigung nach Kundenspezifikation) und Z 5 (versiegelte Ware etc) gelten ua nicht bei Verträgen, die anlässlich eines unerbetenen Besuchs des Unternehmers in der Wohnung des Verbrauchers oder auf einem Ausflug nach § 3 Z 1 lit d FAGG geschlossen werden, wenn

  1. der Unternehmer den Verbraucher besucht, obwohl der Verbraucher, etwa durch einen Aufkleber, zu erkennen gegeben hat, dass er keine unerbetenen Besuche von Unternehmern wünscht,
  2. der unerbetene Besuch zwischen 20 und 7 Uhr beginnt oder an einem Sonn- oder Feiertag stattfindet, oder
  3. der Verbraucher am Tag des Vertragsabschlusses im Beisein des Unternehmers ein Entgelt von mehr als 250 Euro zahlt (§ 18 Abs 4 FAGG).

 

MORUG II (Zweites Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz)

Damit wurde ua Folgendes geändert:

  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

- Die Definition eines Produkts iSv § 1 Abs 4 Z 1 UWG umfasst nun auch digitale Dienstleistungen und digitale Inhalte.

- Wesentliche Informationen

Werden gewisse wesentliche Informationen nicht zur Verfügung gestellt, liegt eine irreführende Geschäftspraktik vor (§ 2 Abs 4 UWG).

  • Als neue solche wesentliche Information wurde nun folgende in § 2 Abs 6 Z 7 UWG aufgenommen: Der Anbieter eines Online-Marktplatzes muss darüber informieren, ob es sich bei einem Dritten, der Produkte auf diesem Online-Marktplatz anbietet, um einen Unternehmer handelt oder nicht. Dies auf Grundlage der Erklärung des Dritten gegenüber dem Anbieter des Online-Marktplatzes, dh er muss nicht prüfen, ob die Angaben stimmen. Grund dafür ist, dass es für Verbraucher, die einen Online-Marktplatz nutzen, möglicherweise nicht klar ersichtlich ist, wer ihre Vertragspartner sind und inwiefern ihre Rechte und Pflichten berührt werden. 
  • Wenn Verbrauchern die Möglichkeit geboten wird, mithilfe eines Stichworts, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe nach Produkten zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, gelten folgende Informationen als wesentlich im Sinne des Abs 4:
    • die Hauptparameter für die Festlegung des Rankings der dem Verbraucher im Ergebnis der Suche vorgeschlagenen Produkte,
    • deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern. (§ 6a UWG)
  • Wenn ein Unternehmer Verbraucherbewertungen von Produkten zugänglich macht, gelten Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Produkte tatsächlich verwendet oder erworben haben, als wesentlich im Sinne des Abs 4 (§ 6b UWG). Zu einer Prüfung der Verbraucherbewertung selbst ist der Unternehmer nicht verpflichtet. Die Informationspflicht gilt nicht für andere Arten von Bewertungen, die mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produktes nicht zusammenhängen.

- Jedenfalls irreführend ist:

  • die Anzeige von Suchergebnissen aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers, ohne dass etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Produkte im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden. (Z 11a Anh UWG)
  • die Behauptung, dass Bewertungen eines Produkts von Verbrauchern stammen, die das Produkt tatsächlich verwendet oder erworben haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Schritte unternommen wurden, um zu prüfen, ob die Bewertungen wirklich von solchen Verbrauchern stammen. (Z 23b Anh UWG) Das bloße Zugänglichmachen von Verbraucherbewertungen von Produkten ist nicht gleichzusetzen mit einer Behauptung im Sinne der Z 23b des Anh UWG.
  • die Abgabe gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern oder die Erteilung des Auftrags an andere Personen, gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern abzugeben, sowie die falsche Darstellung von Verbraucherbewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung. (Z 23c Anh UWG)

- Anspruch auf Schadenersatz (§ 16 UWG)

Verbraucher können für durch irreführende oder aggressive Geschäftspraktiken entstandene Schäden nach den allgemeinen Vorschriften einen Schadenersatzanspruch auf den entstandenen positiven Schaden haben.

Umfasst sind hierbei Schäden, die durch nach Z 1 bis 31 des Anhangs verpönte Geschäftspraktiken, sonst unlautere Geschäftspraktiken nach § 1 Abs 1 Z 2 inklusive irreführender oder aggressiver Geschäftspraktiken sowie durch vergleichende Werbung entstanden sind. Für das Vorliegen dieses Schadenersatzanspruchs ist es erforderlich, dass im konkreten Einzelfall durch die Veranlassung einer bestimmten geschäftlichen Handlung, die andernfalls nicht getroffen worden wäre, ein individueller Schaden des betroffenen Verbrauchers entsteht.

  • § 9a Preisauszeichnungsgesetz (PrAG)

(1) Werden bei Sachgütern Preisermäßigungen in Beträgen oder in Prozenten bekanntgegeben, haben Unternehmer auch den vorherigen niedrigsten Preis anzugeben, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal verlangt wurde.

Gerade zu Ausverkaufszeiten werden Preisermäßigungen schrittweise angewendet. In diesem Fall soll nicht der jeweils davor verlangte Preis als niedrigster Preis gelten. Stattdessen soll als niedrigster Preis der vorherige niedrigste Preis vor der ersten Anwendung der Preisermäßigung, der zumindest einmal in einem Zeitraum von 30 Tagen verlangt wurde, gelten.

Wenn die Preisermäßigung durch eine allgemeine Ankündigung (beispielsweise minus 20% auf das gesamte Sortiment oder eine bestimmte Warengruppe) erfolgt, dann muss der vorherige Preis der einzelnen Sachgüter bei dieser allgemeinen Ankündigung laut Erläuternden Bemerkungen nicht angegeben werden.

(2) Sind Sachgüter weniger als 30 Tage auf dem Markt, haben Unternehmer anstelle des Preises nach Abs 1 den niedrigsten Preis anzugeben, der innerhalb des Zeitraums, in dem sich das Sachgut auf dem Markt befindet, zumindest einmal in demselben Vertriebskanal verlangt wurde.

Ausgenommen davon sind schnell verderbliche Sachgüter oder Sachgüter mit kurzer Haltbarkeit handelt, wenn die Preisermäßigung wegen des Ablaufs des Mindesthaltbarkeitsdatums erfolgt.

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