Die folgenden Regelungen finden sich in Art 37 des 4.COVID-19-Gesetz: 2. COVID-19-Justiz-BegleitG.
Keine Kündigung des Wohnungsmietvertrags wegen Zahlungsverzugs (§ 1)
Der Vermieter einer Wohnung hat kein Recht auf Kündigung oder auf Aufhebung nach § 1118 ABGB (Räumungsklage) allein aus Grund des Zahlungsrückstandes (dh aus anderen Gründen schon), wenn
- der Mieter einer Wohnung eine Mietzinszahlung, die im Zeitraum vom 1.4.2020 bis zum 30.6.2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet,
Anmerkung: Wenn der Mieter mit einer Mietzinsforderung, die vor dem 1.4.2020 fällig wurde, kommt diese Regelung nicht zur Anwendung.
- der Grund für den Zahlungsverzug muss sein, dass der Mieter als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist.
Weiters kann der Vermieter den Zahlungsrückstand bis zum Ablauf des 31.12.2020 nicht gerichtlich einfordern oder aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken.
Anmerkung:
Zahlt der Mieter eine Mietzinsforderung, die vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 fällig wird, nicht, gerät er aber dennoch in Verzug, sodass der Vermieter Verzugszinsen verlangen kann. Diese sind der Höhe nach mit 4 % p.a. begrenzt.
Diese Regelungen sind für Wohnungsmietverträge anzuwenden. Hier spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Wohnung handelt, die unter das Mietrechtsgesetz (sei es im Voll- oder Teilanwendungsbereich) fallen oder nicht.
Dieser Kündigungs- bzw Räumungsausschluss des § 1 tritt mit Ablauf des 30.6.2022 wieder außer Kraft (§ 17 Abs. 2 zweiter Satz). Wenn also der Mieter den im zweiten Quartal 2020 entstandenen Zahlungsrückstand nicht bis zum Ablauf des 30.6..2022 vollständig entrichtet, hat der Vermieter ab 1.7.2022 das Recht, eine Kündigung des Mietvertrags oder eine Klage auf Vertragsaufhebung auf diesen Rückstand zu stützen. Dh das Vermieterrecht auf Vertragsauflösung wegen unterbliebener Mietzinszahlung wird nur um 2 Jahre hinausgeschoben.
Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungen bei Kreditverträgen (§ 2)
Abs 1: Hier werden gewisse Forderungen des Kreditgebers mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von 3 Monaten gestundet. Die Voraussetzungen hierfür sind:
- Es handelt sich um einen Verbraucherkredit, der vor dem 15.3.2020 abgeschlossen wurden (unter Umständen auch für Kleinstunternehmer: s § 2 Abs 7).
Anmerkung: Laut den Erläuterungen sind hiervon nur Kreditverträge ieS erfasst, und nicht auch andere Formen der Kreditierungen, wie zB Kreditierungen des Kaufpreises im Versandhandel. Dh auch zB Leasingverträge sind nicht davon umfasst.
- Es geht um Forderungen des Kreditgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 1.4.2020 und 30.6.2020 fällig werden.
- Der Verbraucher hat aufgrund der durch die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einkommensausfälle, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist dem Kreditnehmer die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.
Für die Dauer der Stundung befindet sich der Kreditnehmer mit der Zahlung dieser Leistungen nicht in Verzug; während dieser Zeit fallen daher keine Verzugszinsen an.
Abs 2: Zahlt der Kreditnehmer die Forderungen weiterhin zu den vereinbarten Zeitpunkten, gilt die oben genannte Stundung nicht.
Abs 3: Kreditgeber und -nehmer können von Abs 1 abweichende Regelungen treffen, insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen.
Anmerkung: Passen Sie auf, dass Sie bezüglich der Stundung und Verzugszinsen nicht etwas Schlechteres vereinbaren als im Gesetz vorgesehen ist!
Abs 4: Kündigungen des Kreditgebers wegen Zahlungsverzugs oder wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers sind im Fall des Abs 1 bis zum Ablauf der Stundung ausgeschlossen.Davon darf nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden
Anmerkung: Dh zum Nachteil des Verbrauchers können hiervon keine abweichenden Regelungen zwischen dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer wirksam vereinbart werden.
Abs 5: Der Kreditgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Für dieses können auch Fernkommunikationsmittel genutzt werden (dh zB per Telefon oder Skype).
Abs 6: Kommt eine einvernehmliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30.6.2020 nicht zustande, so verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate. Die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben. Der Kreditgeber hat dem Verbraucher eine Ausfertigung des Vertrags zur Verfügung zu stellen, in der die vereinbarten Vertragsänderungen oder die sich aus dem ersten Satz sowie aus Abs. 1 erster Satz ergebenden Vertragsänderungen berücksichtigt sind.
Nähere Informationen und eine erste Analyse der Auslegungsfragen finden Sie im Artikel von Leupold/Gelbmann, COVID-19 und Banken: Neue Maßnahmen für Kredite, CuRe 2020/39 (rdb-login erforderlich!).
Zahlungsverzug: Verzugszinsen und Inkassokosten (§ 3)
Ein Schuldner muss bei Zahlungsverzug höchstens die gesetzlichen Zinsen nach § 1000 Abs 1 ABGB (das sind 4 % p.a.) und keine Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zahlen, wenn
- es sich um ein Vertragsverhältnis handelt, das vor dem 1.4.2020 eingegangen wurde,
- betreffende Zahlung wird im Zeitraum von 1.4.2020 und 30.6.2020 fällig,
- der Grund für den Zahlungsverzug ist, dass der Schuldner als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist.
Anmerkung:
Diese Regelung kommt auf alle Vertragsverhältnisse zur Anwendung.
Die Klagbarkeit ist durch diese Regelung (anders als in § 1) nicht hinausgeschoben. Der Gläubiger kann daher auf Zahlung klagen!
Entscheidend ist bei obiger Regelung, dass die Zahlungen im oben genannten Zeitraum fällig werden. Die Rechtsfolge reicht hingegen über diesen Zeitraum weit hinaus, nämlich bis zum Ablauf des ersten Halbjahres 2022; dies ergibt sich aus § 17 Abs 2 zweiter Satz, wonach § 3 mit Ablauf des 30. Juni 2022 wieder außer Kraft tritt. Das bedeutet, dass bis dahin für einen Zahlungsrückstand maximal 4 % Verzugszinsen anfallen und außergerichtliche Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, die der Gläubiger bis zu diesem Zeitpunkt in die Wege leitet, endgültig vom Gläubiger zu finnzieren sind, die dafür anfallenden Kosten daher nicht dem Schuldner angelastet werden können. Wenn allerdings der Zahlungsrückstand über die Jahresmitte 2022 hinaus besteht, kann der Gläubiger ab 1. Juli 2022 dafür auch allenfalls vereinbarte Verzugszinsen in einem vertraglich über 4 % festgesetzten Ausmaß verlangen und auch die Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, die ihm nun nach dem 30. Juni 2022 etwa durch die nunmehrige Einschaltung eines Inkassobüros entstanden sind, vom Schuldner ersetzt verlangen.
Ausschluss von Konventionalstrafen bei Verzug (§ 4)
Schuldner sind nicht verpflichtet, Konventionalstrafen iSd § 1336 ABGB, die wegen Verzugs aufgelöst wurden, zu zahlen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- das entsprechende Vertragsverhältnis muss vor dem 1.4.2020 eingegangen worden sein,
- der Grund für den Zahlungsverzug ist, dass der Schuldner ist als Folge der COVID-19-Pandemie entweder in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt oder kann die Leistung wegen der Beschränkungen des Erwerbslebens nicht erbringen
Das gilt auch für Vereinbarungen, nach denen die Konventionalstrafe verschuldensunabhängig zu entrichten ist.
Anmerkung: Der Schuldner ist nur in dem Maß von der Zahlung einer Konventionalstrafe befreit, als sein Verzug auf die pandemiebedingten Behinderungen zurückzuführen ist. Wenn die Verfehlung eines Fertigstellungstermins nur zum Teil auf die gegenwärtige Corona-Krise zurückzuführen ist, zum Teil ihre Ursache aber auch etwa in organisatorischen Versäumnissen des Schuldners hat, tritt nur eine entsprechend anteilige Befreiung von der Konventionalstrafe ein (so die Erläuterungen).
§ 4 tritt mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft.
Verlängerung von befristeten Wohnungsmietverträgen (§ 5)
Ein dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30.3.2020 und vor dem 1.7.2020 abläuft, kann abweichend von § 29 MRG schriftlich bis zum Ablauf des 31.12.2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden.
Anmerkung: Dh abweichend von den „normalen“ Regeln kann ihr auch bei Wohnungsmieten, die in den Voll- oder Teilanwendungsbereich des MRG fallen, auch eine kürzere Verlängerung als für 3 Jahre vereinbart werden. Normalerweise (s § 29 Abs 4 MRG) muss bei solchen Wohnungen die Mindestverlängerungsdauer von 3 Jahren eingehalten werden.
Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, so gilt § 29 Abs 3 lit b MRG.
Anmerkung: § 29 Abs 3 lit b MRG besagt Folgendes: Mietverträge auf bestimmte Zeit, die nach Ablauf der wirksam vereinbarten oder verlängerten Vertragsdauer weder vertraglich verlängert noch aufgelöst werden, gelten einmalig als auf drei Jahre erneuert; der Mieter hat jedoch jederzeit das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht, den erneuerten Mietvertrag jeweils zum Monatsletzten gerichtlich oder schriftlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen. Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieser drei Jahre ein weiteres Mal nicht aufgelöst, gilt er als auf unbestimmte Zeit erneuert.
Eine weitere für viele Verbraucher wichtige Maßnahme findet sich in Art 22 des 4. COVID-19-Gesetz:
KfZ-Pickerl (§ 57a-Begutachtung)
Hierdurch wird eine Verlängerung ua des Auto-Pickerls (gilt auch für Motorräder) vorgesehen.
Die im Kraftfahrgesetz geregelte Dokumente, Urkunden, Nachweise etc mit zeitlich begrenzter Gültigkeit, die nach dem 13.3.2020 enden würde und die aufgrund der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erlassenen beschränkenden Maßnahmen nicht verlängert werden kann, behalten bis längstens 31.5.2020 in Österreich ihre Gültigkeit.
Materiellrechtliche Fristen nach dem Kraftfahrgesetz, die nach dem 13.3.2020 ablaufen würden und die aufgrund der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erlassenen beschränkenden Maßnahmen nicht verlängert werden können, werden bis zum Ablauf des 31.5.2020 gehemmt.
Die Bundesministerin für Mobilität ist ermächtigt, diese Frist durch Verordnung bis längstens 31.12.2020 zu verlängern, soweit dies erforderlich ist.