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Konzert / Ö-Ticket
Bild: Taya-Ovod / shutterstock

VKI: Unzulässige Servicegebühr bei Ö-Ticket

OLG Wien bestätigt: Gebühren bei Veranstaltungstickets ohne erkennbare Leistung sind gesetzwidrig.

Im März letzten Jahres hatte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums die CTS Eventim Austria GmbH, die das Ticketservice „Ö-Ticket“ betreibt, geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln in den Vertragsbedingungen von Ö‑Ticket, darunter auch solche, die „Servicegebühren“ für den Kauf von Veranstaltungstickets und deren Rückerstattung regeln. Nachdem bereits das Handelsgericht (HG) Wien die vom VKI beanstandeten Regelungen zur Servicegebühr für unzulässig erklärt hatte, bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Wien jetzt die Gesetzwidrigkeit der Klauseln. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Klausel 1:  
Angezeigte Preise inkl. der gesetzl. MwSt., Servicegebühr von max. € 2.50 […]  
(Homepage (beim jeweiligen Angebot)

Klausel 2:  
IV.2. Bei der Internet-Bestellung werden Service- und Versandkosten erhoben, die je nach Veranstaltung bzw. gewähltem Produkt variieren könne. Eine Servicegebühr von max. € 2,50 ist im ersichtlichen Gesamtkaufpreis eines Tickets, der im Warenkorb angezeigt wird, bereits enthalten:  
(in den AGB; Verwendung für alle Vertragsabschlüsse bis 3.2.2023)

Klausel 3:  
Bei der Internet-Bestellung werden Service- und Versandkosten erhoben, die je nach Veranstaltung bzw. gewähltem Produkt variieren können […] Ab einem Ticketpreis von € 25 ist eine Servicegebühr von € 2,50 im ersichtlichen Gesamtkaufpreis eines Tickets, der im Warenkorb angezeigt wird, bereits enthalten; darüber hinaus entstehen – abgesehen von den Versandkosten bzw. € 1,50 International Sales Fee pro Ticket bei Veranstaltungen im Ausland – keine weiteren Kosten. Eine vom Kunden gewünschte Geschenkverpackung wird mit den jeweils angezeigten Kosten zusätzlich in Rechnung gestellt.   
(Neuformulierung)

Klausel 6:  
Zwischensumme € … inkl. MwSt., allfälliger Servicegebühren […]  
(Buchungsmaske)

Wie bereits das HG Wien, sah nun auch das OLG Wien die Textpassagen 1, 2, 3 und 6 in rechtlicher Hinsicht als Klauseln an. Das OLG Wien sah jedoch, dass die klagsgegenständlichen Klauseln dahin verstanden werden können, dass Verbraucher:innen in Ansehung der Verpflichtung zur Zahlung einer Servicegebühr von bis zu EUR 2,50 durch Akzeptieren der AGB zustimmen sollen, weswegen sie der Klauselkontrolle gem § 28 KSchG unterliegen.

Das OLG Wien führte aus:

Bei Klausel 1 handelt es sich um einen an mehreren Stellen der Website, insbesondere bei der Veranstaltungsauswahl aufscheinenden Hinweis darauf, dass die angezeigten Preise eine Servicegebühr von bis zu EUR 2,50 enthalten. Dieser Hinweis kann auch dahin ausgelegt werden, dass der Kunde mit der Fortsetzung des Bestellvorgangs die in der Klausel genannte (unbestimmte) Servicegebühr akzeptiert.

Die Klauseln 2 und 6 lassen zusätzlich offen, ob die Servicegebühr pro Erwerbsvorgang einmal oder gesondert je Ticket anfällt. Für den Verbraucher geht aus den Klauseln 1, 2 und 6 somit nicht hervor, in welcher Höhe Servicegebühren für die Bestellung tatsächlich anfallen, weil lediglich ein Maximalbetrag angeführt wird.

Dass die Kunden die Möglichkeit haben, über einen Hyperlink die konkrete Höhe der jeweils anfallenden Servicegebühr zu erhalten, genügt nicht. Es widerspricht nämlich dem Transparenzgebot, wenn der Verbraucher gezwungen ist, sich die notwendigen Informationen – hier über die anfallende Servicegebühr – zusammenzusuchen (RS0122040 [T16]).  
Dass unmittelbar im Zusammenhang mit der Klausel ein aufklärender Hinweis abrufbar ist, konnte nicht festgestellt werden. Klauseln 1, 2 und 6 sind daher intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.“

Selbst, wenn bei Klausel 3, die Höhe der Servicegebühr laut OLG Wien zwar nachvollziehbar ist, bleibt (wie bei den Klauseln 1, 2 und 6) „unklar, welche Leistungen die Beklagte im Zusammenhang mit der Servicegebühr erbringt).“ 

Entgegen der Argumentation der Beklagten, dass es sich bei der Servicegebühr um eine Hauptleistungspflicht handle, urteilte das OLG Wien:  
Die Hauptleistungen zwischen den Kunden und der Beklagten bestehen vielmehr in der Leistung des  
Gesamtentgelts einerseits und in der Lieferung der Tickets andererseits. Da nach Pkt IV.1 der AGB (./A und ./G), der der Entscheidung zugrunde zu legen ist (vgl RS0121557 [T3]), der Ticketpreis den aufgedruckten Kartenpreis übersteigen kann, erwartet der Kunde, dass mit dem an die Beklagte zu zahlenden höheren Ticketpreis bereits deren Leistungen abgegolten sind.

Dafür, dass es sich nicht um die Hauptleistungspflicht handelt, spricht auch, dass die Beklagte nach dem eigenen Vorbringen bei Tickets unter EUR 25 keine Servicegebühren verrechnet. Bei Tickets unter EUR 25 bestünden demnach keine Hauptleistungspflichten.

Bei den Servicegebühren handelt es sich somit nicht um die Hauptleistungspflichten, sodass sie der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. 

In AGB enthaltene Entgeltklauseln, die ein Zusatzentgelt nicht zur Abgeltung einer nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung, sondern zur Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, schränken das eigentliche Leistungsversprechen ein, ver-ändern oder höhlen es aus und unterliegen damit der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB (RS0016908 [T5, T6; vgl auch T8, T16, T32]).

Ebenso wie bei einem Vertrag über die Benützung eines Fitnessstudios (vgl 4 Ob 66/22d [ErwGr 55]; 9 Ob 88/22i [ErwGr 37]) ist auch bei einem Vertrag über die Besorgung von Tickets ein konkreter Konnex zwischen dem ausgewiesenen Sonderentgelt, den tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und den dem Unternehmer entstandenen Kosten zu fordern. Wenn auch eine Pauschalierung von Entgelten nicht von vornherein unzulässig ist, solange damit die konkreten Kosten nicht grob überschritten werden (vgl RS0123253), ist die Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten als unzulässig anzusehen. Wie bereits das Erstgericht ausführte, bleibt unklar, welche konkreten Leistungen der Beklagten mit der Servicegebühr abgegolten werden.

Der Einwand der Beklagten, durch die Klauseln werde den Kunden ein vollständigeres und klareres Bild des nach Vertragsabschluss zu leistenden Entgelts geboten, betrifft nur die Pflichten des Kunden. Darüber, welche Leistungen für die verrechnete Servicegebühr erbracht werden und welche Rechte die Kunden somit haben, wird gerade nicht aufklärt. Dies geht weder aus den inkriminierten Klauseln hervor, noch brachte die Beklagte vor, dass dies an anderer Stelle geregelt sei. Zudem bleibt selbst nach dem Vorbringen der Beklagten unklar, ob sie bei einem Kartenpreis von unter EUR 25 die von ihr mit den Servicegebühren in Verbindung gebrachten Leistungen nicht erbringt.

Ein konkreter Konnex zwischen den Servicegebühren, den tatsächlich erbrachten Dienstleistungen der Beklagten und den entstandenen Kosten lässt sich somit nicht ableiten.  
Die pauschale Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten ist unzulässig (RS0123253 [T4]). Dieser Rechtsprechung liegt die Wertung zugrunde, dass die Verrechnung von zusätzlichen Entgelten in AGB, denen keine konkreten Zusatzleistungen oder konkrete Kosten gegenüberstehen, die also bloß eine in die AGB „verschobene“ Entgeltverrechnung für ohnehin mit der Erfüllung der Hauptleistung üblicherweise verbundenen Aufwendungen darstellt, gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB ist (T6).

Die Klauseln 1, 2, 3 und 6 sind daher auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.“

Klausel 4:  
Angefallene Service- und Versandgebühren werden aufgrund der erbrachten Leistung von oeticket nicht rückerstattet.“
(FAQ)

Klausel 5:  
Verwendung für alle Vertragsabschlüsse bis 3.2.23) Die angefallenen Service-, Versand- und Sorgenfreigebühren können aufgrund der erbrachten Leistung von CTS Eventim Austria GmbH nicht rückerstattet werden.“  
(AGB)

Das OLG Wien führte dazu aus:

Die inkriminierten Klauseln unterscheiden nicht nach dem Grund der Absage einer Veranstaltung. In der im Verbandsverfahren gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (RS0016590 [T14], RS0038205 [T4, T11]) bedeutet dies, dass selbst dann, wenn die Beklagte ein Verschulden an der Absage treffen sollte, sie dennoch nicht zur Rückzahlung der Servicegebühren verpflichtet wäre. Die Klauseln sind daher schon aus diesem Grund gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB.

Wie das OLG Wien in einer rezenten Entscheidung außerdem ausführlich begründet (vgl 1 R 51/23m), ergibt sich die gröbliche Benachteiligung auch aufgrund von Verstößen gegen § 7 Abs 2 MaklerG oder § 396 Abs 1 UGB, wobei offen gelassen wurde, welche der beiden Bestimmungen anzuwenden ist.

Dazu führte das OLG Wien aus, dass zumindest dann, wenn der Kunde für den Abschluss eines konkreten vermittelten Geschäfts ein Vermittlungsentgelt zu entrichten hat, vermittelnde Online-Plattformbetreiber regelmäßig als Makler einzuordnen sein werden (Knotzer in Straube/Ratka/Rauter UGB4 § 19 MaklerG Rz 15 mwN).

Der Entgeltanspruch der Beklagten gegenüber ihren Kunden hängt nicht allein von der sorgfältigen Durchführung ihrer Tätigkeit ab, sondern vom Zustandekommen des vermittelten Veranstaltungsvertrags zwischen dem Kunden und dem Veranstalter. Dies ist für einen Geschäftsbesorgungs- oder Dienstleistungsvertrag untypisch, für den Maklervertrag hingegen ein den Vertragstyp bestimmendes Hauptmerkmal (RS0118755 [T3]).

Den AGB der Beklagten ist kein anderer Fall als die Vermittlung eines Tickets (also eines Veranstaltungsvertrags) zu entnehmen, in dem ihr ein Entgelt – das ua auch Servicegebühren umfassen kann - zustehen würde. Das einzige Interesse der Kunden an der Plattform und den Serviceleistungen der Beklagten – wie typischer Weise bei Kunden eines Maklers – liegt in der Vermittlung eines Vertrags. Noch so umfangreiche und sorgfältige Bemühungen im Zusammenhang mit der „Besorgung“ von Veranstaltungskarten würden keinen Kunden veranlassen, der Beklagten ohne die erfolgreiche Vermittlung des Zugangs zu einer Veranstaltung ein Entgelt zu versprechen.

Nach § 7 Abs 2 MaklerG entfällt der Anspruch des Maklers auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht aus-  geführt wird. Gemäß § 18 MaklerG kann unter anderem von dessen § 7 nicht zum Nachteil des Auftraggebers abgegangen werden. Die Anwendung des § 7 Abs 2 MaklerG setzt einen rechtswirksamen Abschluss des vermittelten Geschäfts voraus. Das Vertragsverhältnis befindet sich im Erfüllungsstadium. „Ausführung“ meint somit die Erfüllung der wechselseitigen Verbindlichkeiten aufgrund des rechtswirksamen Vertrags (Humpel/Michtner in Illedits, Wohnrecht4 (2022) § 7 MaklerG Rz 22). Nach § 7 Abs 2 MaklerG entfällt der bereits „entstandene“ Provisionsanspruch wieder, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird (5 Ob 182/04g).

Weiters betonte das OLG Wien in dieser Entscheidung, dass man auch nach den Regelungen eines Kommissionsgeschäft zum gleichen Ergebnis kommt.  
Nach § 396 Abs 1 UGB hat der Kommissionär grundsätzlich nur im Falle der Ausführung des Geschäfts einen Provisionsanspruch, es sei denn, die Ausführung ist nur aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grund unterblieben. Auch dem Kommissionär soll also die Provision nur zustehen, wenn sich der wirtschaftliche Erfolg des Ausführungsgeschäfts realisiert hat, weshalb es nicht auf den Vertragsabschluss, sondern auf die Vertragserfüllung ankommt (siehe Rauter/Merzo in Straube/Ratka/Rauter UGB4 § 396 Rz 2).

Diese Verpflichtungen umgeht die Beklagte mit den Klauseln 4 und 5. Sie schließen eine Rückerstattung des von den Kunden für die Vermittlung von Veranstaltungsverträgen bezahlten (Teil des) Entgelts auch für den Fall aus, in dem der vermittelte Veranstaltungsver-trag aus nicht von den Kunden zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird.

Die Klauseln widersprechen daher einer zwingenden gesetzlichen Bestimmung (§ 7 Abs 2 MaklerG), weichen aber zumindest vom dispositiven Recht (§ 396 Abs 1 UGB) als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs (RS0014676) zum Nachteil der Verbraucher ab.  
Eine gröbliche Benachteiligung des Verbrauchers iSd § 879 Abs 3 ABGB ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914). Eine solche sachliche Rechtfertigung ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. 3.2.5. Die Klauseln sind daher unzulässig.“

 

OLG Wien, 27.02.2024, 5 R 190/23g

 

Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, RA in Wien

 

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