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OGH: Constantia haftet für Fehlberatung durch Vermittler

Wie "Das Wirtschaftsblatt" gestern berichtete muss sich die Aviso Zeta (vormals Constantia) die Fehlberatung von Anlegern durch Anlageberater beim Erwerb von Immofinanz und Immoeast (IF/IE)-Aktien zurechnen lassen, weil sie diese durch Produktschulungen und Unterlagen instrumentalisierte.

Die Kläger erwarben nach Vermittlung und Beratung durch selbständige Anlageberater Immofinanz-Aktien im Vertrauen auf deren Mündelsicherheit. Die Fehlberatung beim Erwerb der Aktien muss sich die beklagte Aviso Zeta laut OGH zurechnen lassen. Als Grund führt der 2. Senat die massiven wirtschaftlichen Eigeninteressen der Aviso Zeta an, die wirtschaftlichen und personellen Verflechtungen mit der Immofinanz, Produktschulungen und die Zurverfügungstellung der zur Fehlberatung führenden Unterlagen an den Vermittler. Ein Mitverschulden der Kläger, die auf die Risikolosigkeit der "Immobilienaktien" vertrauten, liegt laut OGH in ihrer Eigenschaft "als wertpapierrechtliche Laien" nicht vor.

Anmerkung: 

      
  • In Hinblick auf die umstrittene Zurechnungsproblematik des Anlegerberaters zur depotführenden Bank stellt der 2. Senat nicht nur auf die Vertriebsbindung und den Vorteil aus der Arbeitsteilung ab (vgl 4 Ob 129/12t), sondern auf zusätzliche Zurechnungsmomente, die eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kunden durch den Anlageberater nicht erwarten lassen. Auf welchen Zurechnungsgrund (§ 1313a ABGB oder § 43a VersVG analog) sich die E konkret stützt, wird nicht offen gelegt. 
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  • Für die geschädigten Anleger bedeutet das Urteil, dass sie ihre Schadenersatzansprüche aus der Fehlberatung nun auch gegen die Aviso Zeta geltend machen können. Diese Ansprüche werden idR noch nicht verjährt sein, weil der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist (§ 1489 S 1 ABGB) neben der Kenntnis vom Schaden auch jene vom Schädiger – und damit vom zurechnungsbegründenden Sachverhalt – voraussetzt. Solidarisch mit der Aviso Zeta haftet die Semper Constantia Privatbank, wenn die Schadenersatzansprüche schon vor der Spaltung der Bank entstanden sind (§ 15 Abs 1 SpaltG). Deren Haftung beschränkt sich aber auf das ihr bei der Spaltung zugeordnete und noch nicht ausgeschöpfte Nettoaktivvermögen (Auskunftsanspruch gem § 16 SpaltG, Außerstreitverfahren), wenn keine – innerhalb 10-Jahresfrist mögliche – Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht (§ 2 AnfO) erfolgt.
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OGH 17.6.2013, 2 Ob 24/13p

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