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OGH-Urteil zu Viagogo

Irreführung über die Ticketart als personalisiertes Ticket und Identität des Verkäufers

In einem Verfahren des WSV - Wettbewerbschutzverband 1981 gegen die viagogo AG ging es vor dem OGH vor allem um die Frage, welche Informationen von Viagogo offengelegt werden müssen. Für den Kunden war nicht ersichtlich, von wem er das gewünschte Ticket kauft und ob es sich dabei allenfalls um ein personalisiertes Ticket handelt.

Wesentliche Informationen
Nach § 2 Abs 4 Z 1 UWG (Art 7 Abs 1 RL-UGP) gilt eine Geschäftspraktik dann als irreführend, wenn sie unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der Marktteilnehmer benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Fehlt eine wesentliche Information iSd § 2 Abs 4 bis 6 UWG, so hat eine gesonderte Prüfung der Irreführungseignung (Wesentlichkeit) der unterbliebenen Information und der Spürbarkeit (Relevanz) zu entfallen.

Es stellt sich damit die Frage, ob hier den Kunden wesentliche Informationen vorenthalten wurden.

Ticketart: Personalisiertes Ticket
Für den Kunden war nicht zu erkennen, ob es sich bei dem angebotenen Ticket allenfalls um ein personalisiertes Ticket handelt. Ist dies der Fall, so ist die Karte für einen anderen Erwerber ungültig. Mit dem Kauf eines personalisierten Tickets ist die Gefahr verbunden, dass der Erwerber zur Veranstaltung anreist und ihm dann der Zugang zu dieser verwehrt wird. Daraus können dem Erwerber - neben dem Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises - auch Schadenersatzansprüche, etwa für Reisekosten, entstehen.

Die Angabe, ob es sich um ein frei übertragbares oder personalisiertes Ticket handelt, ist ein wesentliches Merkmal des beworbenen Produkts iSd § 2 Abs 6 Z 1 UWG und damit eine wesentliche Information.

Identität des Verkäufers
Für den Kunden war nicht ersichtlich, von wem er das angebotene Ticket kauft. Gemäß § 2 Abs 6 Z 2 UWG (iVm Art 7 Abs 4 lit b RL-UGP) muss die Identität des Anbieters des beworbenen Produkts angegeben werden. Die Anbieter sind im Anlassfall die Verkäufer und nicht die Beklagte. Bei der Identität des jeweiligen Verkäufers (nach Maßgabe der Registrierung bei der Beklagten) handelt es sich somit ebenfalls um eine wesentliche Information.

Dieses Ergebnis wird durch folgende Überlegungen bestätigt: Wird das Ticket nicht oder zu spät geliefert, so können daraus verschiedene Ansprüche, vor allem auch Schadenersatzansprüche des Käufers gegen den Verkäufer resultieren, die (aufgrund des der Beklagten eingeräumten Ermessens) auch durch deren Garantie nicht abgesichert sind. Will der Käufer solche Ansprüche durchsetzen, so benötigt er den Namen und die Adresse des Verkäufers. Außerdem kann der Sitz bzw Wohnsitz des Verkäufers die Durchsetzung von Ansprüchen erschweren, was wiederum ein wichtiges Kriterium dafür sein kann, vom Kartenerwerb abzusehen.

Gewerbeberechtigung des Verkäufers
Die Beklagte überprüft ohne Hinweis auf konkrete Rechtsverstöße nicht, ob die registrierten Nutzer über die zum Kartenverkauf allenfalls notwendige Gewerbeberechtigung verfügen. In den AGB der Beklagten ist dazu normiert, dass der Verkäufer garantiert, dass er das Recht hat, die Tickets zum Verkauf anzubieten und er im Fall des gewerblichen Verkaufs auch dazu berechtigt ist.
Aufgrund dieser Regelungen in den AGB kann sich die Beklagte mangels eines gegenteiligen Hinweises, etwa einer Abmahnung, darauf verlassen, dass die registrierten Nutzer die Regelungen einhalten, zumal dies eine von jedem Nutzer akzeptierte Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Vermittlungsplattform der Beklagten ist. Eine Vorab-Überprüfung durch die Beklagte würde die an sie zu stellenden Anforderungen und den von ihr einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab überspannen.

Da nach dem Inhalt der AGB auch der Kunde davon ausgehen kann, dass ein gewerblicher Verkäufer über die erforderliche Gewerbeberechtigung verfügt, und da eine fehlende Gewerbeberechtigung die Wirksamkeit des Kaufgeschäfts unberührt lässt, ist die zusätzliche Angabe im Einzelfall, dass der jeweilige gewerbliche Verkäufer auch über die erforderliche (in- oder ausländische) Gewerbeberechtigung verfügt, nicht als wesentliche Information zu qualifizieren.

Ursprünglicher Preis und Bearbeitungsgebühr
Der ursprüngliche Preis (Originalpreis) ist für den Käufer nicht ersichtlich. Der Kaufpreis wird vom jeweiligen Verkäufer festgelegt. In den AGB und auf der Startseite der Beklagten wird der Kunde darauf hingewiesen, dass der zu zahlende Preis vom ursprünglichen abweichen kann. Bei Betrachtung des konkreten Angebots durch den Kunden wird zunächst der Preis pro Ticket ausgewiesen. Während des Bestellvorgangs werden der Ticketpreis sowie die Bearbeitungsgebühr und in der Folge der Gesamtpreis sowie die einzelnen Gesamtpreiskomponenten ausgewiesen und die Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgeschlüsselt.

Nach § 2 Abs 6 Z 3 UWG (Art 7 Abs 4 lit c RL-UGP) muss der Bruttopreis des beworbenen Produkts angegeben werden. Weitere Angaben zu zusätzlichen Preis-Unterkategorien sind in dieser Bestimmung nicht vorgesehen.
Die in der hier maßgebenden Bestimmung normierte Anforderung wird von der Beklagten erfüllt. Beim ursprünglichen Preis des Tickets handelt es sich demnach um keine wesentliche Information iSd genannten Bestimmung. Die Art der Berechnung der Bearbeitungsgebühr ist nach § 2 Abs 6 Z 3 UWG keine wesentliche Information.

OGH 30.3.2020, 4 Ob 32/20i

Das Urteil im Volltext.

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