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OGH verneint beschränkte Gesamtwirkung eines Vergleichs bei Solidarschuldnern

Der OGH hat entschieden, dass der Abschluss eines Vergleichs mit dem Anlageberater einer nachfolgenden Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Bank, die sich dessen Fehlberatung gem § 1313a ABGB zurechnen lassen muss, nicht entgegen steht.

Der klagende Anleger hatte mit dem Anlageberater bereits im Jahr 2010 einen gerichtlichen Vergleich in Hinblick auf die Fehlberatung beim Erwerb der Wertpapiere geschlossen. Die Unterinstanzen stützten die Haftung der nunmehr beklagten Bank auf eine Zurechnung der Fehlberatung des Beraters (§ 1313a ABGB).

Die beklagte Bank wendete ein, der damalige Vergleichsabschluss mit dem Berater entfalte umfassende Bereinigungswirkung in Hinblick auf die Fehlberatung, sodass auch Ansprüche gegen sie aufgrund dieses Fehlverhaltens ausscheiden müssten. Andernfalls wären Regressansprüche gegen den Berater die Folge, der damit einer Belastung ausgesetzt wäre, die nach dem Vergleich ausgeschlossen sein sollte.

Der OGH wies die ordentliche Revision der beklagten Bank mangels erheblicher Rechtsfrage zurück:

Ob der Vergleich nur für die Person des Vergleichsschuldners wirken soll oder auch den übrigen Mitschuldnern zugute kommt bzw ob der Vergleichsschuldner zumindest vor einem allfälligen Regress (§ 896 ABGB) geschützt werden soll, ist eine Frage der Auslegung des Vergleichsvertrags.

Der Vergleichstext gibt nach Ansicht des OGH aber im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Haftung der beklagten Bank aufgehoben werden sollte; auf den Prozess wird auch nicht Bezug genommen, obwohl der Anleger zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eine Klage gegen die Bank aufgrund eigenen rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens anhängig gemacht hatte und dies dem Vergleichsschuldner (Anlageberater) aufgrund einer Streitverkündigung auch bekannt war.

Ferner gab es nach den Feststellungen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass den Vergleichsparteien bei Abschluss des Vergleichs bewusst war, dass dem Anleger Schadenersatzansprüche wegen der Fehlberatung auch gegen die Bank aufgrund deren Haftung nach § 1313a ABGB zustehen könnten. Nach dem OGH ist vor diesem Hintergrund anzunehmen, dass der Wille der Vergleichsparteien nicht darauf gerichtet war, auch eine Haftung der Bank aufzuheben.

OGH 29.1.2015, 6 Ob 120/14m
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Klagsvertreter: RA Mag. Michael Poduschka

Anmerkung:
Der OGH bestätigt in der Entscheidung neuerlich seine jüngere Judikatur (beginnend mit 4 Ob 129/12t) zur Zurechnung des Anlageberaters an die ausführende und depotführende Bank gem § 1313a ABGB, § 43a VersVG analog bei Vorliegen einer ständigen Vertriebsbeziehung.

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