Der VKI hat die Preisänderungsregelung der Wels Strom beanstandet und diese Beanstandungen in drei Klauseln unterteilt:
Klausel 1: „Der Stromlieferant ist unter den nachfolgend angeführten Umständen berechtigt, Änderungen der Preise für die Lieferung elektrischer Energie vorzunehmen, wenn dies durch objektive, vom Stromlieferanten nicht beeinflussbare Gründe sachlich gerechtfertigt ist.
Diese Gründe sind:
a. Zur Wertsicherung des vereinbarten Verbrauchs- bzw. Arbeitspreises: Wenn sich der auf dem österreichischen Strompreisindex der österreichischen Energieagentur (ÖSPI; abrufbar unter https://www.energy-agency.at/fakten-service/energie-in-zahlen/strompreisindex.html) basierende Referenzwert im Vergleich zum jeweils geltenden Index-Ausgangswert erhöht.
b. Zur Wertsicherung des vereinbarten Grundpreises und Nebenleistungen: Wenn sich der auf dem österreichischen Verbraucherpreisindex 2015 (VPI) basierende Referenzwert im Vergleich zum jeweiligen Index-Ausgangswert erhöht.“
Klausel 2: „Im Falle von lit a. (ÖSPI) ist der Stromlieferant zur Preiserhöhung berechtigt, wenn sich der Referenzwert gegenüber dem lndex-Ausgangswert um mehr als 4 Indexpunkte erhöht. Der Referenzwert ist der Durchschnittswert der zwölf aufeinanderfolgenden ÖSPI-Monatswerte vom 15. bis 4. Monat, welche der Preisanpassung vorangehen. Als Index-Ausgangswert für den ÖSPI gilt der auf dem aktuell gültigen Produktblatt angeführte Indexwert, welcher der letzten Preisänderung zu Grunde gelegt wurde. Wurde noch keine Preisanpassung nach dieser Bestimmung durchgeführt, errechnet sich der Index-Ausgangswert aus dem Durchschnitt der zwölf aufeinanderfolgenden ÖSPI-Monatswerte vom 15. bis zum 4. Monat, welche dem Gültigkeitsbeginn des aktuell gültigen Produktpreises vorangehen. Der der Preisanpassung zu Grunde liegende Referenzwert bildet den neuen Index-Ausgangswert. Der Stromlieferant erhöht den Verbrauchs- bzw. Arbeitspreis im Zuge einer solchen Preiserhöhung höchstens im Ausmaß der Indexsteigerung zuzüglich maximal 1 Cent/kWh. Wird eine Preisanpassung durchgeführt, die nicht der vollen Indexsteigerung entspricht, wird der neue Index-Ausgangswert auch nur um den geringeren Prozentsatz der Preisänderung angepasst.
Im Falle von lit b. (VPI) ist der Stromlieferant zur Preiserhöhung berechtigt, wenn sich der Referenzwert gegenüber dem lndex-Ausgangswert um mehr als 4 Indexpunkte erhöht. Als Referenzwert für den VPI gilt jener Monatsindex, welcher der aktuellen Preisanpassung 3 Monate vorausgeht. Als Index-Ausgangswert für den VPI gilt jener Monatsindex, welcher der letzten Grundpreisänderung 3 Monate vorausgeht. Wurde noch keine Preisanpassung nach dieser Bestimmung durchgeführt, gilt als Index-Ausgangswert der VPI Monatsindex des Monats, welches dem Gültigkeitsbeginn des aktuell gültigen Produktpreises 3 Monate vorausgeht. Der der Preisanpassung zu Grunde liegende Referenzwert bildet den neuen Index-Ausgangswert. Der Stromlieferant erhöht den Grundpreis und die Preise der Nebenleistungen im Zuge einer solchen Preiserhöhung höchstens im Ausmaß der Indexsteigerung. Wird eine Preisanpassung durchgeführt, die nicht der vollen Indexsteigerung entspricht, wird der neue Index-Ausgangswert auch nur um den geringeren Prozentsatz der Preisänderung angepasst.
Der jeweils geltende Index-Ausgangswert (für ÖSPI und VPI) ist für alle Kunden, die von einem Stromlieferanten dasselbe Produkt beziehen, einheitlich anzuwenden und wird dem Kunden vom Stromlieferanten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder im Zuge einer Preisänderung aufgrund von Änderungen der in lit a und b angeführten Indizes schriftlich mitgeteilt und zusätzlich jeweils auf dessen Homepage veröffentlicht. Index-Erhöhungen bis zu 4 Indexpunkte bleiben unberücksichtigt (der Index-Ausgangswert bleibt diesfalls unverändert).“
Klausel 3: „Preisänderungen aufgrund von Änderungen der in lit a und b angeführten Indizes erfolgen nicht öfter als einmal im Kalenderjahr. […] Bei Änderungen der Preise für die Lieferung von elektrischer Energie aufgrund von Änderungen der in lit a und b angeführten Indizes wird der Stromlieferant den Kunden darin auch über die Anpassungen (aktueller Veränderungswert, neuer Index-Ausgangswert, die konkrete Höhe der angepassten Preise) informieren. Der Kunde kann dann einer auf diese Weise erklärten Preisänderung dem Stromlieferanten innerhalb einer Frist von 4 Wochen ab Zugang zustimmen oder widersprechen. Sofern der Kunde den mitgeteilten Preisänderungen nicht innerhalb einer Frist von 4 Wochen ab Zugang der Preisänderungserklärung schriftlich widerspricht, werden nach Ablauf dieser Frist die Preisänderungen zu dem vom Stromlieferanten mitgeteilten Zeitpunkt, der nicht vor dem Zeitpunkt der Versendung der Preisänderungserklärung liegen darf, wirksam. Widerspricht der Kunde den Änderungen binnen einer Frist von 4 Wochen ab Zugang der Preisänderungserklärung schriftlich, endet der Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten, gerechnet ab Zugang der Preisänderungserklärung, zum Monatsletzten. Der Stromlieferant wird den Kunden im Rahmen der Mitteilung der Preiserhöhung darauf hinweisen, dass das Stillschweigen des Kunden bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist als Zustimmung zur Preisänderung gilt und ein Widerspruch gegen die Preisänderung zur Vertragsauflösung führt.“
Der OGH hält unter Verweis auf die rezente Rechtsprechung (5 Ob 103/21i und 3 Ob 139/19s) fest, dass auch die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vereinbarungen über ein Preisanpassungsrecht von Energieversorgungsunternehmen den Bestimmungen des ABGB und KSchG unterliegen.
Zudem erkannte der OGH, dass die in den Geschäftsbedingungen enthaltene „Wertsicherung“ keine Wertsicherung im herkömmlichen Sinn ist. Es wurde nämlich keine Preisanpassung an geänderte Verhältnisse nach Vertragsabschluss vereinbart, sondern vielmehr wurde Bezug auf einen lange vor Vertragsabschluss liegenden Index-Ausgangswert genommen. Dadurch räumte sich Wels Strom das Recht ein, auch bereits kurz nach Vertragsabschluss Preiserhöhungen in beträchtlichem Ausmaß vorzunehmen. Der OGH entschied, dass Konsumentinnen und Konsumenten unter dem Punkt „Wertsicherung“ nicht mit einer solchen nachteiligen Klausel rechnen können. Die Nachteiligkeit der überraschenden Klausel sei auch nicht allein deshalb zu verneinen, weil der Kläger einen gleich hohen Preis wie alle anderen Kunden in derselben Region bezahlen solle. Zudem sollte es bei jeder Preiserhöhung möglich sein, zusätzlich einen Cent pro Kilowattstunde mehr zu verlangen. Auch das entspricht keiner Wertsicherung. Ein Verstoß gegen § 864a ABGB wurde deshalb bejaht.
Weiters hält der OGH fest, dass die Bestimmung auch deshalb unzulässig ist, weil sie keine Verpflichtung zu einer entsprechenden Preissenkung vorsieht, falls der Referenzwert sinken sollte.
OGH 27.01.2022, 9 Ob 46/21m
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien
Zur Entscheidung des OGH im Rechtsinformationssystem des Bundes: www.ris.bka.gv.at
Anmerkung: Das Urteil erging zur alten Rechtslage. Mit 15.2.2022 trat eine Novelle des § 80 ElWOG (BGBl I 2022/7) in Kraft. Da auch die neue Rechtslage vorsieht, dass das ABGB „unberührt“ bleibt (§ 80 Abs 5 ElWOG) und der neue § 80 Abs 2a ElWOG vorsieht, dass bei „Wegfall des Umstands für eine Entgelterhöhung […] eine entsprechende Entgeltsenkung zu erfolgen“ hat, geht der VKI davon aus, dass auch für zukünftige Klauseln, die oben angeführten Grundsätze im Wesentlichen gelten müssen.