Der Kläger kaufte eine Stufenstehleiter. In der beigelegten Benutzerinformation einer Stufenstehleiter befand sich folgender Hinweis: "3. Benutzung der Leiter… d) Stehleitern nicht zum Aufsteigen auf eine andere Ebene benutzen". Auf der Unterseite der Leiter waren Piktogramme angebracht, die in der Benutzerinformation ebenfalls abgebildet waren. Das mit 3. d) gekennzeichnete Piktogramm verbat das Übersteigen von der Leiter auf eine andere Trittfläche. Die Piktogramme waren vor dem Auseinanderklappen der Leiter von außen deutlich sichtbar.
Der Kläger nahm sowohl die Piktogramme als auch die Benutzerinformation wahr, studierte jedoch weder die Piktogramme noch las er die Benutzerinformation durch.
Als er von einem Baugerüst auf die Stehleiter steigen wollte, stieg er mit seinem rechten Fuß in Richtung oberste (fünfte) Stufe zur Leiter. Dabei übte er einen solchen seitlichen Druck auf die Leiter aus, dass diese seitlich wegkippte und der Kläger zu Boden stürzte. Durch die seitliche Belastung im Zeitpunkt des Übersteigens, was zum Umkippen der Leiter führte, wurde gleichzeitig auf den Leiterholm ein solcher Druck ausgeübt, dass dieser knickte.
Der Kläger klagte den Hersteller - gestützt auf das PHG - auf Zahlung von Schmerzengeld. Die Klage wurde abgewiesen:
Bei den Produktfehlern ist zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Beim Konstruktionsfehler ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept begründet. Beim Produktionsfehler (Fabrikationsfehler) entspricht zwar das Konzept und das danach hergestellte "idealtypische Produkt" den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht war. Beim Instruktionsfehler macht nur die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft.
Piktogramme vermitteln die Informationen durch vereinfachte grafische Darstellung. Weder mit der Beobachtung des Klägers, dass die stilisierte Stehleiter im Piktogramm kein Podest aufweist, noch mit seinem Einwand, dass nicht speziell vor einem seitlichen Übersteigen, sondern nur vor einem Übersteigen ganz allgemein gewarnt wird, womit eben jede Form des Übersteigens zu unterlassen ist, weckt der Kläger Bedenken daran, dass die Instruktion im Anlassfall ausreichend war. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte nicht explizit auf die Gefahr des Einknickens des Leiterholms durch das Übersteigen hingewiesen hat. Das Einknicken des Leiterholms war nach den Feststellungen Folge des mit dem Übersteigens auf die Leiter ausgeübten seitlichen Drucks, womit sich gerade ein Risiko verwirklichte, dem das Verbot begegnen sollte.
Der Kläger hat weiters keinen Konstruktions- bzw Produktionsfehler nachgewiesen: Nach den Feststellungen war das Einknicken des Holmes an jener Stelle, an der das Sicherheitsgurtband angebracht war und der Holm durch die notwendige Bohrung für das Annieten des Bandes eine Schwachstelle aufwies, Folge des (verbotenen) Übersteigens. Die mechanischen Werte im Bereich des eingeknickten Holmes entsprachen - wie sich anlässlich der nachträglichen technischen Überprüfung herausstellte - der Normvorgabe. Damit ist die Fehlerfreiheit des Produkts indiziert. Die Behauptung des beweispflichtigen Klägers, es liege ein Konstruktionsfehler vor und ein Produktionsfehler sei nicht auszuschließen, ist zu wenig.
OGH 29.6.2020, 8 Ob 35/20k