Aufgrund des vom OGH zu 8 Ob 24/18i gestellten Vorabentscheidungsersuchen war das Verfahren zur gegenständlichen Klausel vom Berufungsgericht unterbrochen, die gegenständliche Klausel nach der Entscheidung des EuGH (C-287/19) vom Berufungsgericht als unzulässig beurteilt worden.
Die restlichen eingeklagten Klauseln wurden vom OGH bereits beurteilt.
Im Verfahren vor dem OGH ging es daher nur noch um die nachfolgende Klausel:
„„1.11.2.2. Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen auf diesem Weg ist auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt; eine sachliche Rechtfertigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen notwendig ist, die Änderung die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert, die Änderung zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderlich ist, vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder die Leistungen auf Grund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden.“ (Punkt 1.11.2.2 BB easy karte – Fassung März 2016)“
Der OGH verwies auf die bisherige Rechtsprechung zu derartigen Zustimmungsfiktionsklauseln (RIS-Justiz RS0128865; 5 Ob 117/21y [Rz 82], 8 Ob 105/20d [Rz 16], 8 Ob 24/18i [Pkt V.1.] je mwN), wonach Zustimmungsfiktionsklauseln nicht allein deswegen zulässig sind, weil sie die gesetzlichen Formalerfordernisse erfüllen, sondern auch noch die Erfordernisse des § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG erfüllt sein müssen. Daran ändert sich auch nach der Rechtsprechung des EuGH (C-287/19) nichts, wie der OGH (5 Ob 117/21y) bereits in einer anderen Causa entschied.
Demnach sind die vom OGH in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze mit den Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II) vereinbar (5 Ob 117/21y, 8 Ob 105/20d). Auch im Anwendungsbereich des ZaDiG 2018 (bzw ZaDiG aF) ist nicht jede Vertragsanpassung via Zustimmungsfiktion zulässig, nur weil sie den gesetzlichen Formerfordernissen entspricht (5 Ob 117/21y; 8 Ob 105/20d). Der OGH hat daher bereits unzählige Zustimmungsfiktionsklauseln als unzulässig beurteilt (1 Ob 210/12g; 2 Ob 131/12x; 8 Ob 58/14h; 9 Ob 26/15m; 10 Ob 60/17x; 5 Ob 117/21y), wenn diese Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulassen und es nicht nur völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken kann, sondern auch, in welchem Umfang eine Änderung der vom Verbraucher entrichteten Entgelte vorgenommen werden kann.
Gröblich benachteiligend ist eine Klausel, wenn sie nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die VerbraucherInnen vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß nicht mit solchen Änderungsangeboten auseinandersetzen (5 Ob 117/21y; 10 Ob 60/17x).
Zur Entscheidungsbegründung verwies der OGH auf bereits als unzulässig beurteilte Klauselwortlaute (10 Ob 60/17x, 5 Ob 117/21y) und übertrug diese Wertungen auf die hier vorliegende Klausel im Hinblick auf die Intransparenz einer Zustimmungsfiktionsklausel, selbst wenn diese gewisse Einschränkungen der Anwendungsmöglichkeit formuliert. Auch bei der hier gegenständlichen Klausel liegt zwar keine völlig uneingeschränkte Vertragsanpassung mittels Zustimmungsfiktion (5 Ob 117/21y) vor, es werden aber alle von der Beklagten geschuldeten Leistungen (10 Ob 60/17x) erfasst und unbeschränkte Änderungen des Leistungsumfangs – folglich auch der Entfall von wesentlichen Leistungspflichten - ermöglicht. Die Auswirkungen der Klausel bleiben daher unklar, weil die Gründe, die in Hinkunft zu Leistungsänderungen via Zustimmungsfiktion führen können, für die VerbraucherInnen unklar bleiben, diese im Hinblick auf das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Vollständigkeitsgebot jedoch schon in der Klausel selbst entsprechend festgehalten werden müssten.
Die Beschränkung auf „sachlich gerechtfertigte Fälle“ und das erste exemplarisch genannte Beispiel der Notwendigkeit der Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen erwecken zuerst den Eindruck, dass es sich um objektive Gründe (nicht aus der Sphäre der Beklagten stammend) handelt, welche die Leistungsanpassung rechtfertigen sollen.
Die weiteren Gründe, wie Förderung der Sicherheit des Bankbetriebs oder der Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden, Erforderlichkeit der Umsetzung technischer Entwicklungen, mangelnde Kostendeckung für die vereinbarten Leistungen und geringe Nachfrage aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse lassen jedoch erkennen, dass jede Entwicklung im Zusammenhang mit der Erbringung ihrer Leistungen, und zwar bei kundenfeindlichster Auslegung auch eine solche die auf eigene betriebswirtschaftliche Entscheidungen zurückzuführen sind, als Anlass für eine Leistungsänderung herangezogen werden kann und soll.
De facto enthält die Klausel daher eine dem Grunde nach nicht ausreichend konkretisierte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion. Der Verweis auf „sachlich gerechtfertigte Fälle“ ist intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG.
Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, RA in Wien