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OLG Frankfurt: Werbeveranstalter muss € 8.000,-- Gewinn auszahlen

Gewinnversprechen anlässlich einer Werbeveranstaltung, "zu dessen Auszahlung offenbar von Anfang an keine Bereitschaft bestand”, muss eingelöst werden.

Im Prozess ging es um ein Schreiben, das der beklagte Werbefahrtenbetreiber an Haushalte verschicken lies. Ihm wurde vorgeworfen, dem Teilnehmer einer Werbefahrt ein Gewinnversprechen gemacht,  dies aber nicht eingehalten zu haben. Der Beklagte wurde als Versender der Gewinnzusage im Sinne des § 661 a BGB angesehen. Nach dieser Gesetzesbestimmung ist "Sender" derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher als Versprechenden ansieht. Als "Sender" einer Gewinnzusage können auch solche Unternehmen in Anspruch genommen werden, die Verbraucher unter nicht existierenden oder falschen Namen, Geschäftsbezeichnungen oder Anschriften Gewinnmitteilungen zukommen lassen.

Der Kläger erhielt ein Schreiben mit dem Vermerk "Eilsendung-Erinnerung"; im Betreff stand "Letzter Termin zur Auszahlung Ihres 3.Preises in Bar".  Weiters hieß es in diesem Schreiben, dass der Kläger letztmalig die Chance habe, den Gewinn abzuholen, da der Gewinn aus Datenschutzgründen nur eine bestimmte Zeit geführt werden dürfe. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, falls er in den nächsten Tagen nichts von sich hören lassen würde, der Gewinn einer wohltätigen Organisation gespendet werde.  Am Ende des Schreibens  war ein Anmeldeformular, in dem es hieß: " Ja zahlen Sie mir meinen Gewinn bitte am Donnerstag, den 30.4.2009 in Bar aus." Die Antwortkarte wies als Empfänger die "Reise & Touristik….." und eine Postfachadresse aus.

Der Kläger schickte die Anmeldung an die angegebene Anschrift und erhielt in weiterer Folge ein Schreiben, mit dem die wichtigsten Reisedaten bestätigt wurden. Als Absender war die "Offizielle Gewinnbenachrichtigungs-Zentrale" ausgewiesen. Auf der Verkaufsveranstaltung, an der der Kläger teilnahm, führte der Beklagte Produkte einer bestimmten Firma vor. Auf den Rechnungen der verkauften Produkte stand als Rechnungsanschrift die Firma X…...unter der Firmenanschrift des Beklagten. Der Beklagte verkaufte regelmäßig auf solchen Verkaufsveranstaltungen Waren.

In dem Schreiben über die Gewinnverständigung sah der Kläger eine Gewinnzusage. Nach Auffassung des Klägers sollte der Beklagte gemäß § 661a BGB dafür einstehen.

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gingen davon aus, dass der Beklagte das Gewinnversprechen einzulösen habe. Die Gerichte hatten keinen Zweifel daran, dass ein durchschnittlicher Empfänger den Eindruck gewinnen konnte, ihm werde ein Gewinn in Höhe von € 8000,- ausgezahlt.  Der Beklagte wurde als Versender der Gewinnzusage im Sinne des § 661 a BGB angesehen. Gegenüber dem Kläger ist erkennbar nur jene Firma aufgetreten, an welche die Antwortkarte zur Teilnahme an der Sonderfahrt zu richten war. Der Beklagte war Auftraggeber für die Organisation der Fahrt, die zu der Verkaufsveranstaltung führte.

Die Richter waren somit nicht der Rechtfertigung des Beklagten gefolgt, wonach nicht er, sondern zwei andere Firmen für die Planung und Organisation der Werbeveranstaltung verantwortlich seien. Vielmehr stellten die Richter fest, dass die Einbeziehung einer Organisationsfirma sowie einer weiteren Scheinfirma nur dem Ziel diente, "dem Beklagten die Verkaufsveranstaltung zu ermöglichen, ohne den versprochenen Gewinn zu gewähren, zu dessen Auszahlung offenbar von Anfang an keine Bereitschaft bestand”. Der Beklagte war derjenige, der von der Veranstaltung selbst maßgeblich wirtschaftlich profitierte; er hatte für die Gewinnzusage einzustehen.

LG Gießen  2 O 189/09, 30.09.2009

OLG Frankfurt 16 U 204/09, 30.12.2009

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