Zum Inhalt

OLG: Vermittlungsprovisionen bei Blue Vest Equity - Rücktritt möglich

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) unterstützt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine Reihe von Konsumenten, die nach Kündigung oder Rückkauf von Lebensversicherungen vom Versicherungsmakler Blue Vest Equity mit Forderungen auf Zahlung hoher Provisionen in Anspruch genommen werden. In diesem Zusammenhang war nun eine Verbandsklage des VKI gegen Blue Vest Equity auch in zweiter Instanz erfolgreich.

Das Oberlandesgericht Linz stellt fest, dass die Provisionsvereinbarungen in den AGB des Maklers dem Verbraucherkreditgesetz (VKrG) unterliegen und daher über das Rücktrittsrecht nach § 12 VKrG zu informieren sei. Da dies aber nicht erfolgte, haben die betroffenen Kunden immer noch das Recht, von der Provisionsvereinbarung zurückzutreten. 

Der Versicherungsmakler Blue Vest Equity Finanzmanagement GmbH (Blue Vest) mit Sitz in Linz vermittelt Kunden u.a. fondsgebundene Lebensversicherungen einer Versicherung aus Luxemburg in Form sogenannter "Netto-Polizzen". Das bedeutet, dass die Provision für den Vermittler nicht, wie bei der "Brutto-Polizze", von Versicherer aus der Prämie des Kunden an den Vermittler fließt, sondern zwischen dem Kunden und dem Vermittler direkt vereinbart und bezahlt wird. Die Konsequenz: Während der Kunde bei der Stornierung der üblicheren "Brutto-Polizze" dem Versicherer nur die - auf fünf Jahre verteilte - anteilige Provision ersetzen muss (Kündigung nach 2 Jahren = 2/5 der Gesamtprovision), gilt diese Regelung bei der "Netto-Polizze" nicht. Der Vermittler kann also die Zahlung der Gesamtprovision vereinbaren und verlangen. 

Auf diesen Nachteil bei "Netto-Polizzen" muss der Kunde deutlich hingewiesen werden. 

In einer Reihe von Anlassfällen sind Musterprozesse zur Frage im Gang, ob über diesen Nachteil ausreichend aufgeklärt wurde. Falls nein, dann entfällt der gesamte Provisionsanspruch des Maklers. 

Der VKI ging gegen diese Methoden aber auch mit einer Verbandsklage vor. Das OLG Linz hat nun ein Urteil des Landesgerichts Linz bestätigt: Da im Rahmen der Provisionsvereinbarungen seitens des Maklers ein entgeltlicher Zahlungsaufschub gewährt wird, fallen diese Vereinbarungen unter das Verbraucherkreditgesetz (VKrG). Nach § 12 VKrG kann der Konsument binnen 14 Tagen von einer Kreditvereinbarung zurücktreten. Mangels Aufklärung darüber besteht dieses Rücktrittsrecht aber sogar heute noch. Blue Vest darf daher den Rücktritt - so das Gericht - nicht verweigern. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 

Wer also die vermittelte Lebensversicherung kündigt oder prämienfrei stellt kann auch durch einen Rücktritt von der Provisionsvereinbarung mit Blue Vest diese hohen Provisionsforderungen verhindern. Dies gilt für all jene Verträge, die seit Inkrafttreten des VKrG am 11.6.2010 abgeschlossen wurden und bei denen eine Kreditierung der Provision erfolgt ist. Eine Kreditierung dürfte bis Mitte November 2011 erfolgt sein. In diesem Zeitfenster bestand somit die Verpflichtung zur Belehrung über das Rücktrittsrecht und diese wurde von Blue Vest nicht eingehalten. Die Folge: Die Kunden können heute noch den Rücktritt erklären. Der VKI geht davon aus, dass im Fall des Rücktrittes von der Provisionsvereinbarung diese wegfällt und daher zum einen keine weitere Provision zu zahlen ist bzw. bereits bezahlte Raten auf die Provision zurückgefordert werden können. 

Der Gesetzgeber hat im Übrigen ebenfalls reagiert und auch für "Netto-Polizzen" eine Regelung in Aussicht genommen, wie sie in § 176 Versicherungsvertragsgesetz für "Brutto-Polizzen" bereits gilt: Der Kunde soll bei der Stornierung der Versicherung dem Vermittler nur die - auf fünf Jahre verteilte - anteilige Provision ersetzen müssen (Kündigung nach 2 Jahren = 2/5 der Gesamtprovision). 

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang