Zum Inhalt

Reisender muss bei Pleite des Reisebüros nicht nochmals an den Reiseveranstalter zahlen

In einem Musterprozess des VKI im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums hat das HG Wien als Berufungsgericht bestätigt, dass Zahlungen des Reisenden an das insovlente Reisebüro schuldbefreiend sind.

Im Anlassfall buchte der Konsument im Reisebüro eine Reise nach Jordanien von 23.12.2012  bis 6.1.2013. Er leistete bei bzw nach der Buchung zwei kleinere Anzahlungen und am 27.11.2012 - also mehr als 14 Tage vor Urlaubsbeginn die Restzahlung an das Reisebüro. Laut Rechnung/Buchungsbestätigung sollte die Restzahlung auch bis zum 9.12.2012 erfolgen. Im Dezember 2012 wurde über das Reisebüro das Konkursverfahren eröffnet. Daraufhin forderte der nun beklagte Reiseveranstalter vom Konsumenten nochmals den Restzahlungsbetrag, welchen der Konsument - um die Reise antreten zu können - auch zahlte.

Unter Abtretung des Anspruches klagte daher der VKI den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des doppelt geleisteten Reisepreises und bekam über zwei Instanzen Recht. Nach ständiger Judikatur sei der Reisevermittler nicht Bote, sondern Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters. Die Reisebürosicherungsverordnung (RSV) in der hier anzuwendenden Fassung des BGBl. II Nr 402/2006 sieht in § 4 Abs 6 RSV vor, dass Kundengelder als Anzahlung oder Restzahlung in Höhe von mehr als 20% des Reisepreises nur Zug um Zug gegen Aushändigung der Reiseunterlagen und nicht früher als zwei Wochen vor Reiseantritt übernommen werden dürfen. Der beklagte Reiseveranstalter habe sich daher die vertragliche Vereinbarung der Zahlung bis 9.12.2012, also früher als 14 Tage vor Urlaubsbeginn, zurechnen zu lassen.

Das Berufungsgericht stellte auch klar, dass die RSV grundsätzlich den Schutz der Reisenden bezweckt. Konsumenten trifft aus der RSV keine eigenen Handlungspflichten. Bei einer Verletzung der Bestimmungen der RSV - wie hier - durch den Erfüllungsgehilfen kann den Konsumenten daher kein Mitverschulden angelastet werden.

Der Konsument hat daher Anspruch auf Rückzahlung des zu viel bezahlten Reisepreises vom Reiseveranstalter.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand 11.2.2014).

HG Wien 16.1.2014, 1 R 268/13b
Volltextservice
Klagevertreter, Dr. Gerhard Deinhofer, RA in Wien

Anmerkung: Seit 1.12.2012 sind die Veranstalter berechtigt, die Zahlungen der Kunden frühestens 20 Tage vor Reiseantritt entgegen zu nehmen (§ 4 Abs 5 RSV). Aufgrund der dadurch erhöhten Ansammlung von Kundengeldern beim Reiseveranstalter sind diese nunmehr verpflichtet, ihre Insolvenzabsicherung entsprechend zu erhöhen (§ 4 Abs 1 und 5 RSV).

Auf der Reisebestätigung ist weiters für die Kunden ein deutlich lesbarer Hinweis unmittelbar nach Nennung des Reisepreises anzubringen, in welcher prozentmäßigen Höhe und in welchem Zeitraum vor Reiseantritt Anzahlungen und Restzahlungen im Hinblick auf die Insolvenzabsicherung geleistet werden sollten (§ 7 Abs 3 und 5 RSV). Dieser hat zu lauten:

"Wichtige Information zur Insolvenzabsicherung: Zahlen Sie nicht mehr als 10 vH des Reisepreises als Anzahlung, die Restzahlung nicht früher als zwanzig Tage vor Reiseantritt." oder  " Wichtige Information zur Insolvenzabsicherung: Zahlen Sie nicht mehr als 20 vH des Reisepreises als Anzahlung, die Restzahlung nicht früher als zwanzig Tage vor Reiseantritt."

Werden (Rest)zahlungen vom Reisebüro daher entgegen den Bestimmungen der RSV früher als 20 Tage vor Urlaubsantritt verlangt, dann ist eine solche Zahlung schuldbefreiend. Der Reiseveranstalter kann nicht die nochmalige Zahlung verlangen, wenn das Reisebüro- etwa wegen Insolvenz - die entgegengenommenen Beträge nicht weiterleitet.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums MyTrip (OY SRG FINLAND AB) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 33 Klauseln, darunter unzulässige Gutscheinregelungen, Haftungsbeschränkungen, Bearbeitungs- und Servicegebühren beanstandet wurden. MyTrip ließ es nicht auf ein Urteil ankommen und erklärte sich zu einem gerichtlichen Unterlassungsvergleich bereit. Der Vergleich ist rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang