Wer von einer Flugannullierung betroffen ist oder wessen Flug nur mit großer Verspätung (mindestens 3 Stunden) den Zielort erreicht oder wem die Beförderung trotz Vorlage eines gültigen Tickets verweigert wurde, kann grundsätzlich Ausgleichsleistungen fordern; je nach Flugdistanz zwischen EUR 250,- und EUR 600,-.
Von dieser Verpflichtung, Ausgleichsleistungen zu zahlen, ist die Airline nur dann befreit, wenn vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auszugehen ist und die Airline alles versucht hat, diese negativen Folgen abzuwenden.
Streik stellt nicht per se außergewöhnliche Umstände dar.
In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung stellte der EuGH abermals klar, dass außergewöhnliche Umstände nur dann vorliegen, wenn das Vorkommnis seiner Natur oder Sache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens ist und es von ihm tatsächlich nicht beherrschbar ist. Ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind, sei von Fall zu Fall zu beurteilen. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob ein "wilder Streik" (der nicht von Arbeitnehmervertretern ausgerufen wurde) außergewöhnliche Umstände begründen kann. Dabei stellte der EuGH klar, dass wenn es in Zusammenhang mit geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen des Unternehmens zu (unternehmensinternen) Streiks kommt, dies sowohl Teil der normalen Ausübung des Betriebs eines Unternehmens sei, als auch auf eine Entscheidung des Unternehmens zurückzuführen wäre und demnach von ihm beherrschbar sei (EuGH 17.04.2018, verbundene Rechtssachen C-195/17 Krüsemann ua.)
Selbst wenn außergewöhnliche Umstände bejaht werden sollten, muss die Airline den Entlastungsbeweis erbringen.
Ein Streik stellt nicht per se einen Entlastungsgrund dar. Wenn die Airline nicht darlegen kann, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen hat, um Flugannullierungen oder große Ankunftsverspätungen in Folge des Streiks zu verhindern, und sie dabei nicht alle ihr zumutbaren Optionen ausgeschöpft hat, müssen Ausgleichsleistungen bezahlt werden.
Ein pauschaler Verweis der Airline, man habe alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, ist dafür nicht ausreichend.
Im vorliegenden Fall kann unseres Erachtens nicht von außergewöhnlichen Umständen ausgegangen werden. Der VKI wird Betroffene unterstützen und Ansprüche auf Auszahlungen musterhaft gerichtlich klären.