Zum Inhalt

Sammelklagen: Miklautsch will Neuregelung bis Jahresende

Verpflichtende Einbindung von Klagsverbänden soll fallen - Arbeitsgruppe ab Herbst - Anwalt Klauser: "Keine amerikanischen Verhältnisse".

Wien (APA) - Justizministerin Karin Miklautsch plant eine Neuregelung der sogenannten "Sammelklagen". Eine entsprechende Novelle der Zivilprozessordnung soll ab Herbst von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet werden und bis Jahresende stehen, kündigte Miklautsch am Montag an. Derzeit sind Sammelklagen nur möglich, wenn geschädigte Konsumenten ihre Ansprüche an einen berechtigten Klagsverband abtreten und von diesem einklagen lassen. Dies will Miklautsch ändern, um den einzelnen Klägern im Gerichtsverfahren mehr Mitspracherecht zu geben.

   Momentan laufen Sammelklagen in der Regel über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) und die Arbeiterkammer. Auch wenn deren Arbeit gut sei, wolle sie den Betroffenen doch die Option bieten, Sammelklagen auch ohne Abtretung ihrer Ansprüche an einen Klagsverband einzubringen, sagt Miklautsch. Sie will die bestehenden Möglichkeiten von Sammelklagen (Verbindung von Verfahren, Musterprozesse, Streitgenossenschaften und Verbandsklagen) daher adaptieren und ein neues Instrument für Massenverfahren ohne Klagsverband schaffen.

   Dies forderte bei einem gemeinsamen Symposium von Justiz- und Sozialministerium am Montag auch der Anwalt Alexander Klauser, der für VKI und Arbeiterkammer Sammelprozesse durchführt. "Man kann nicht von einem Anspruchinhaber verlangen, dass er seine Ansprüche an einen Dritten abtreten muss, um sie überhaupt einklagen zu können", kritisiert Klauser.

   Die Gefahr "amerikanischer Verhältnisse" durch Ausweitung der Möglichkeiten zur Sammelklage sieht Klauser nicht. Er verweist darauf, dass in Österreich im Gegensatz zum US-amerikanischen Recht kein "Strafschadenersatz" vorgesehen ist. "In Österreich kriegt ein Geschädigter nur das als Schadenersatz, was er als Schaden erlitten hat", weist er Befürchtungen zurück, Unternehmen könnten durch hohe Schadenersatzforderungen unter Druck gesetzt werden.

   Das Kostenargument spricht nach Ansicht des Rechtsanwaltes jedenfalls klar für Sammelklagen: Während bei einem Streitwert von 1.000 Euro allein für die Einbringung einer Klage Gerichtsgebühren und Anwaltskosten von bis zu 30 Prozent des Streitwertes fällig werden, sinkt dieser Anteil bei einem Streitwert von 100.000 Euro auf drei Prozent.

   Darauf verweist auch Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek: Er glaubt, dass einzelne Konsumenten angesichts hoher Gerichtsgebühren häufig davor zurückschrecken, ihre Ansprüche einzuklagen. Wenn sich mehrere Geschädigte zusammenschließen, "dann kommen Streitkosten zusammen, die sehr wohl für einen Prozesskostenfinanzierer interessant werden", glaubt Dolinschek.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark gibt Unterlassungserklärung ab

Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark gibt Unterlassungserklärung ab

Das Lipizzanergestüt Piber betreibt auf dem Gelände des Lipizzanergestüts Piber einen Kletterpark.
Anlässlich einer Verbraucher:innenbeschwerde hat der VKI die AGB dieses Kletterparks geprüft und die Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark, im Auftrag des Sozialministeriums, wegen zwei unzulässigen Klauseln in diesen Teilnahmebedingungen für den Kletterpark abgemahnt. Betroffen sind eine Haftungsfreizeichnungsklausel und eine Klausel, welche die Verwendung von aufgenommenen Fotos und Videos während der Aktivitäten im Kletterpark ohne weitere Zustimmung und auch für Werbezwecke erlaubt hätte.

Die Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Kletterpark hat am 25.06.2024 eine außergerichtliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Unterlassungserklärung von Temu

Unterlassungserklärung von Temu

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des BMSGPK die Whaleco Technology Limited (Temu) wegen unzureichender Zurverfügungstellung von Kontaktinformationen (konkret: Telefonnummer) auf ihrer Website abgemahnt. Die Homepagegestaltung von Temu entsprach nach Auffassung des VKI nicht den Vorgaben des FAGG. Temu hat am 24.06.2024 eine Unterlassungserklärung abgegeben.

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

Der OGH hat mit Beschluss vom 25.01.2024 (4 Ob 5/24z) das Geschäftsmodell der gewerblichen „Besitzschützer“ hinter der Website www.zupfdi.at für rechtswidrig erkannt. Das HG Wien hat in VKI-Verbandsverfahren ua die Unzulässigkeit von Klauseln über die Abtretung der Besitzschutzansprüche und die Einräumung von Mitbesitz an den bewachten Liegenschaften bestätigt. Nach Rechtsauffassung des VKI ergeben sich aus diesen Entscheidungen Rückforderungsansprüche der betroffenen Verbraucher:innen, die Zahlungen an „Zupf di“ getätigt haben.

Unterlassungserklärung der Sanag Health Care GmbH

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Sanag Health Care GmbH wegen acht Klauseln in ihrem Mietvertrag für ein Leihgerät abgemahnt. Die Sanag Health Care GmbH hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) äußerte sich kürzlich zu offenen Auslegungsverfahren der Klausel-Richtlinie (RL 93/13/EWG) und der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008 (RL 2008/48/EG). Das Urteil vom 21.03.2024 (C-714/22, Profi Credit Bulgaria) betrifft ein bulgarisches Vorlageverfahren; die Aussagen des Gerichtshof sind jedoch auch für österreichische Verbraucher:innen von Relevanz.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang