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Unzulässige Klauseln der TVP

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co KG wegen unzulässigen Klauseln in deren Treuhandverträgen (zum 43., 51. und 72. Fonds) geklagt. Die verfahrensgegenständlichen Klauseln sind gesetzwidrig.

Der OGH sah bei den Klauseln nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Die ordentliche Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.

Klausel 4., d) und h) Erfüllungsort: Erfüllungsort (für sämtliche Verpflichtungen) ist der Sitz der Treuhänderin (Hamburg), (soweit dies gesetzlich zulässig vereinbart werden kann).

Nach Auffassung der Vorinstanzen verstößt diese Vereinbarung des Erfüllungsorts gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG, habe der Verbraucher doch sämtliche Zahlungen auf Konten zweier in Österreich domizilierter Banken zu überweisen (Zahlstelle). Jedenfalls soweit es die Erfüllung dieser Verbindlichkeit des Verbrauchers betreffe, sei diese Klausel nach kundenfeindlichster Auslegung für den Verbraucher gröblich benachteiligend, weil er mit der Weiterüberweisung auf ein deutsches Konto belastet sein könnte; der Zahlungseingang auf dem angeführten inländischen Konto führe nach dieser Klausel gerade nicht zur Schuldbefreiung und zum Gefahrenübergang. Für eine derartige Überwälzung des Verzögerungs- und Insolvenzrisikos auf den Verbraucher fehle es an jeder sachlichen Rechtfertigung. Im Übrigen könne der Verbraucher diesen Bedeutungsgehalt der Klauseln diesen nicht hinreichend klar entnehmen, weshalb sie intransparent seien.

Dem hält die Revision inhaltlich nichts entgegen.

 

Klausel 4., d) und h) Gerichtsstandsvereinbarung: Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag sowie über das Zustandekommen dieses Vertrags ist der Sitz der Treuhänderin (Hamburg), (soweit dies gesetzlich zulässig vereinbart werden kann).

Das Erstgericht hat diese Klauseln aus mehreren Gründen untersagt, wogegen sich die Beklagte weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren inhaltlich wehrte.

 

Klausel 1., a) und e) Freistellung:

1. Jeder Treugeber stellt die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten frei, die sich aus dem Treuhandverhältnis ergeben können. Wird die Treuhänderin aus solchen Verbindlichkeiten in Anspruch genommen, ist seitens des Treugebers in vollem Umfang Ersatz zu leisten.

a) Der Treugeber ist verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an der Gesellschaft freizuhalten bzw. soweit die Treuhänderin bereits geleistet hat, dieser den Gegenwert der Leistung auf erste Anforderung zu erstatten.

e) Die Treuhandkommanditistin hat einen Anspruch gegen den Treugeber auf Freistellung von sämtlichen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, die ihr im Zusammenhang mit dem vertragsgemäßen Erwerb und der pflichtgemäßen Verwaltung der treuhänderisch für den Treugeber übernommenen Beteiligung an der Gesellschaft entstehen. Soweit die Treuhandkommanditistin auf solche Verbindlichkeiten und Verpflichtungen bereits geleistet hat, ist der Treugeber verpflichtet, der Treuhandkommanditistin den Gegenwert der Leistung auf erste Anforderung gegen Nachweis zu erstatten.

Nach dem Wortlaut der Klausel(n) ist unklar, welche Verbindlichkeiten von der Freistellungsverpflichtung tatsächlich erfasst sein sollen. Nach dem Wortlaut wäre sogar denkbar, dass der Treugeber die Treuhänderin auch von Steuer- und Abgabeverpflichtungen freistellen muss; es könnten selbst Schadenersatzpflichten der Treuhänderin umfasst sein. Dies macht die Klauseln intransparent.

Eine Freistellungsverpflichtung für nicht gewinngedeckte Ausschüttungen, die der Treugeber erhalten hat, entspricht zwar grundsätzlich dem dispositiven Recht. Daraus folgt allerdings nicht zwingend die Zulässigkeit der vorliegenden Klausel(n), ist die Freistellungsverpflichtung dem Wortlaut nach doch nicht auf solche Konstellationen beschränkt. Es ist nämlich irrelevant, ob das einzig realistische Haftungsszenario die Rückzahlung der empfangenen Ausschüttungen gewesen wäre und ob die Beklagte die Klauseln nur zu diesem Zweck eingesetzt hat. Ausschlaggebend ist allein, dass eine solche Einschränkung aus den Klauseln nicht ersichtlich ist.

Die Zulässigkeit einer Klausel ist auch anhand von ausgefallenen Konstellationen zu prüfen.

 

Klausel 2., b) Haftungsfreizeichnung I:

2. Die Treuhänderin und ihre Organe haften auch für ein vor Vertragsschluss liegendes Verhalten nur, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Bei Verletzung wesentlicher Verpflichtungen aus diesem Vertrag haftet sie ebenfalls für leichte Fahrlässigkeit. Der Umfang der Haftung ist auf die jeweilige Höhe des in dem Zeichnungsschein angegebenen Betrages begrenzt.

b) Die Treuhänderin und die Personen, die sie vertreten, haften auch für ein vor dem Abschluss des Treuhandvertrages liegendes Verhalten nur, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Im Falle der Haftung, ausgenommen vorsätzliches Verschulden, haftet die Treuhänderin nur für den typischen und vorhersehbaren Schaden. In jedem Fall ist der Umfang der Haftung auf die jeweilige Höhe des vom Anleger gezeichneten Zeichnungsbetrags begrenzt.

Die Haftungseinschränkung der Klauseln auf den Zeichnungsbetrag betrifft ihrem Wortlaut nach in nicht zulässiger Weise (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG) auch die Haftung für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten. Weiters ist im Sinn dieser Bestimmung unzulässig, dass Personenschäden vom Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit nicht ausgenommen sind. Diese mögen zwar nicht typisch sein, sie sind aber auch nicht gänzlich unmöglich.

Bei Hauptleistungspflichten verstößt ein genereller Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit gegen § 879 Abs 3 ABGB; vielmehr ist ein solcher Haftungsausschluss besonders streng zu beurteilen und nur bei einem anerkennenswerten Interesse des Unternehmers sachlich gerechtfertigt, wobei hier ein solches Interesse weder erkennbar ist noch von der Beklagten behauptet wird. Bei der Ausnahme für die „Verletzung wesentlicher Verpflichtungen aus diesem Vertrag“ in Klausel 2. ist unklar, ob diese Fälle ident mit den Hauptleistungspflichten sind. Klausel b) enthält eine diesbezügliche Ausnahme überhaupt nicht. Der Satz „Im Falle der Haftung, ausgenommen vorsätzliches Verschulden, haftet die Treuhänderin nur für den typischen und vorhersehbaren Schaden“ in Klausel b) ist ebenso unklar und führt zu einer unzulässigen Haftungseinschränkung bei grober Fahrlässigkeit, wenn darin bei kundenfeindlichster Auslegung eine strengere Grenze als die Grenze der adäquaten Schadenszufügung gesehen wird.

 

Klausel 5. Haftungsfreizeichnung II: Grundlage der treuhänderischen Beteiligung sind ausschließlich die im Emissionsprospekt der Initiatoren enthaltenen Informationen. Die Treuhänderin hat den Emissionsprospekt und die darin enthaltenen Angaben keiner eigenen Überprüfung unterzogen. Sie haftet daher auch nicht für den Inhalt des Emissionsprospektes und für die Angaben zur Wirtschaftlichkeit und zu den steuerlichen Folgen der Beteiligung. Sie haftet insbesondere nicht für die Werthaltigkeit der Beteiligung oder deren Ertragsfähigkeit oder für den Eintritt etwa angestrebter steuerlicher Wirkungen.

Satz 1 der Klausel erklärt grundsätzlich nur Angaben im Emissionsprospekt als – offensichtlich auch für eine potenzielle Haftung – beachtlich, was bereits vor dem Hintergrund des § 6 Abs 3 KSchG intransparent erscheint. Darüber hinaus werden dadurch anders mitgeteilte Informationen bei kundenfeindlichster Auslegung als rechtlich unbeachtlich erklärt. Dies steht einerseits in Konflikt mit § 10 Abs 3 KSchG und führt andererseits zu einem Haftungsausschluss für jegliche Informationen, die außerhalb des Emissionsprospekts erteilt werden (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG).

In Satz 3 und 4 der Klausel wird jegliche Haftung für den Inhalt des Emissionsprospekts, die Angaben zur Wirtschaftlichkeit und den steuerlichen Folgen der Beteiligung, die Werthaltigkeit und Ertragsfähigkeit der Beteiligung oder für den Eintritt angestrebter steuerlicher Wirkungen ausgeschlossen. Auch dieser Haftungsausschluss verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

Aufgrund der Verschränkung dieser beiden Sätze mit Satz 2 (arg: daher) kommt diesem keine eigenständige Bedeutung zu.

 

Klausel 3., c), f) und g) Verjährung:

3. Abs 1: Ansprüche gegen die Treuhänderin und ihre Organe verjähren sechs Monate nach Kenntnis des schädigenden Ereignisses, spätestens drei Jahre von dem Zeitpunkt an, an dem der Anspruch entstanden ist.

Abs 2: Absatz 1 gilt insbesondere auch für etwaige vorvertragliche Pflichtverletzungen.

c) Ein etwaiger Ersatzanspruch gegen die Treuhänderin verjährt nach zwölf Monaten; soweit kraft Gesetzes kürzere Verjährungsfristen gelten, sind diese anwendbar. Die Verjährungsfrist beginnt für alle Ersatzansprüche gegen die Treuhänderin grundsätzlich mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme der tatsächlichen Umstände, die eine Haftung der Treuhänderin begründen. Spätestens mit dem dritten Tag nach der Absendung des jeweiligen Geschäftsberichts und/oder des Berichts der Treuhänderin an die Treugeber beginnt die Verjährungsfrist für Ansprüche, die während des Geschäftsjahres der Kommanditgesellschaft entstanden sind, auf die sich der Geschäftsbericht und/oder der Bericht der Treuhänderin an die Treugeber bezieht.

f) Sämtliche Schadenersatzansprüche des Treugebers aufgrund dieses Vertrages, gleich aus welchem Rechtsgrund, verjähren in drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches, soweit nicht gesetzlich eine kürzere Verjährung vorgeschrieben ist. Der Treugeber hat Schadensersatzansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Erlangung der Kenntnis von dem Schaden gegenüber der Treuhandkommanditistin schriftlich geltend zu machen.

g) Ein etwaiger Schadenersatzanspruch eines Treugeber ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Kenntniserlangung von den haftungsbegründenden Tatsachen durch eingeschriebenen Brief geltend zu machen. Hinsichtlich der Haftung für Vorsatz verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.

Die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist ist zwar grundsätzlich zulässig, unterliegt aber der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB, wenn sie in AGB erfolgt. Verfallsklauseln sind dann sittenwidrig, wenn sie die Geltendmachung des Anspruchs ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren. Je kürzer die Verfallsfrist sein soll, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein; jedenfalls ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Die Revision nennt allerdings keinerlei Grund, der die Verkürzung der Verjährungsfrist rechtfertigen können sollte.

Darüber hinaus ist bei Verbraucherverträgen die (pauschale) Verkürzung der Verjährungsfrist eine iSd § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässige Beschränkung der Schadenersatzpflicht. Dies gelte auch dann, wenn der Inhalt des Schadenersatzanspruchs selbst gar nicht tangiert werde; schon die Verkürzung der Frist schmälere die Rechtsposition des Verbrauchers und verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

 

Klausel 6. Zugangsfiktion: Schriftliche Mitteilungen der Treuhänderin an die zuletzt bekannt gegebene Anschrift des Treugebers gelten nach dem gewöhnlichen Postlauf (3 Werktage) als dem Treugeber zugegangen.

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG. Da die Klausel eine Zugangsfiktion für sämtliche schriftlichen Mitteilungen der Treuhänderin enthält und davon somit jedenfalls auch für den Verbraucher nachteilige Mitteilungen erfasst, ist sie unzulässig.

Das Verbot von Zugangsfiktionen bezieht sich auch auf die Frage des Zeitpunkts des Zugangs. Es macht keinen Unterschied, ob festgeschrieben wird, dass eine überhaupt nicht zugegangene Erklärung als zugegangen gilt, oder ob ihr Zugang bloß früher eintreten soll, als dies nach allgemeinen Regeln der Fall wäre.

 

OGH 25.11.2020, 6 Ob 179/20x

Klagsvertreter: Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien

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Das Urteil im Volltext.

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