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Unzulässige Klauseln in Unfall- und Rechtsschutzversicherung der Merkur

Der VKI hat im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Merkur Versicherung AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Unfallbedingungen und den  Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung geklagt. Der OGH erklärte nun 12 von 13 Klauseln für unzulässig.

Klauseln in den Allgemeinen Unfallbedingungen (AUVB 2013):

Klausel 1:

Laufzeitbonus

[...] Bei Verbraucherverträgen beinhaltet die im Antrag bzw. in der Polizze ausgewiesene Gesamtprämie ab einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren einen 20%igen Laufzeitbonus. Dieser Laufzeitbonus wird jedoch nur unter der Voraussetzung gewährt, dass eine 10-jährige Vertragslaufzeit, für die die Prämie kalkuliert wurde, erfüllt wird. [...]

Laufzeitbonus-Nachforderung:

Sollte der Vertrag, aus welchen Gründen auch immer, vor Ablauf der 10 Jahre aufgelöst werden, so entfällt die Grundlage für den Laufzeitbonus bzw. für die Weitergabe des kalkulatorischen Kostenvorteils und ist der Versicherungsnehmer zu einer Nachzahlung verpflichtet.

Bemessungsgrundlage für die Nachforderung ist die letzte gültige Prämie, wobei diese auf eine Jahresprämie hochzurechnen ist. [...]

Die Laufzeitbonus-Nachforderung errechnet sich gemäß nachstehender Tabelle:

Vertragsauflösung nach einem vollen Versicherungsjahr 70 % der Bemessungsgrundlage

Vertragsauflösung nach 2 vollen Versicherungsjahren 70 % der Bemessungsgrundlage [...]

Klauseln, die eine Dauerrabattrückvergütung mit gleichbleibenden jährlichen Beträgen vorsehen, sodass der rückforderbare Betrag mit längerer Vertragsdauer steigt statt sinkt, sind mangels sachlicher Rechtfertigung gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam. Dies gilt gleichermaßen für sogenannte „gemäßigte“ oder „gemildert progressive“ Klauseln. Eine Klausel, die eine Dauerrabattrückvergütung vorsieht, muss daher grundsätzlich so gestaltet sein, dass sich die vom Versicherer rückforderbaren Beträge streng degressiv entwickeln. Der „Vorteil“, den der Versicherungsnehmer nach § 8 Abs 3 VersVG herauszugeben hat, kann nur der Betrag sein, der ihm an „Mehr“ als Rabatt während der Laufzeit zugekommen ist.

Im vorliegenden Fall entwickeln sich die vom Versicherer rückforderbaren Beträge schon nicht streng degressiv, beträgt der Prozentsatz der Rückzahlungsverpflichtung doch für die ersten drei Jahre unverändert 70 %, was unstrittig jedenfalls dazu führt, dass bei einer Vertragsauflösung nach einem bzw zwei vollen Versicherungsjahren der Versicherungsnehmer mehr zurückzahlen muss, als er an Rabatt erhalten hat. Die Klausel ist als gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB anzusehen.

 

Klausel 2:

Die Merkur Versicherung AG übernimmt die Dauerrabattrückforderung des Vorversicherers in der vorgeschriebenen Höhe, maximal jedoch in der Höhe einer Jahresprämie des bei der Merkur Versicherung AG abgeschlossenen Vertrags, unter der Voraussetzung, dass die vereinbarte zehnjährige Vertragslaufzeit eingehalten wird. Sollte der bei der Merkur Versicherung AG abgeschlossene Vertrag vor Ablauf der zehnjährigen Vertragslaufzeit aufgelöst werden, ist der von der Merkur Versicherung AG übernommene Dauerrabatt an diese zurückzuzahlen.“

Den Verbraucher trifft nach der Klausel in der Mehrzahl der Fälle eine längere Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten als der Zeitraum wäre, für den er dem Vorversicherer den Dauerrabatt rückersetzen müsste. Damit wird das gesetzliche Kündigungsrecht des Konsumenten gemäß § 8 Abs 3 erster Satz VersVG mit wirtschaftlichen Mitteln untergraben. Eine sachliche Rechtfertigung für die zehn Jahre dauernde Rückzahlungsverpflichtung des Konsumenten, obwohl der Versicherungsnehmer gegenüber seinem Vorversicherer nur noch bedeutend kürzer gebunden wäre, ist nicht ersichtlich.

Zusätzlich sieht die Klausel keine aliquote Rückzahlung vor. Sie ist keinesfalls degressiv und daher auch aus den zu Klausel 1 ausgeführten Gründen gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam.

 

Klausel 3:

Ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität ist innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes, aus dem Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die Möglichkeit einer auf Lebenszeit dauernden Invalidität hervorgeht, zu begründen.“

Die Klausel wurde vom OGH als einzige der klagsgegenständlichen Klauseln als zulässig befunden.

Die Klausel bezieht sich nicht auf den Eintritt des Versicherungsfalls selbst, sondern nennt die Voraussetzungen für die Leistungspflicht des Versicherers. Sie regelt somit regelt keinen Fall des § 33 VersVG, wonach der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalls unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen hat, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat.

Unsicherheiten über das Vorliegen der dauernden Invalidität werden dadurch abgefangen, dass für die Anspruchserhebung schon die Möglichkeit einer dauernden Invalidität genügt, deren genauere Abklärung gerade durch die Geltendmachung herbeigeführt wird.

 

Klausel 4:

Hatte der Versicherte am Unfalltag das 75. Lebensjahr bereits vollendet, tritt anstelle der Kapitalleistung eine Rente. Die Höhe der auszuzahlenden Rente wird nach der am Unfalltag geltenden Rententafel und unter Zugrundelegung des am Unfalltag vollendeten Lebensjahres des Versicherten berechnet.“

Die Leistungen aus der Unfallversicherung sind idR als Kapitalzahlungen und nur in Ausnahmefällen als Rente zu erbringen (vgl 7 Ob 2/94, 7 Ob 206/18x).

Die Klausel weicht von den Erwartungen des durchschnittlichen Unfallversicherungsnehmers schon insoweit erheblich ab, als üblicherweise die – vom Invaliditätsgrad abhängige – Auszahlung eines Kapitalbetrags erwartet wird, zumal die Versicherungssumme für dauernde Invalidität in der Versicherungspolizze auch regelmäßig als eine (einmalige) Kapitalleistung ausgewiesen ist.

Die Klausel ist damit als objektiv ungewöhnlich anzusehen, selbst wenn sie die Überschrift „Ab welchem Lebensalter erfolgt anstelle der Kapitalleistung eine Rentenleistung?“ trägt. Die Nachteiligkeit der Klausel für den Versicherungsnehmer ist evident (§ 864a ABGB).

 

Klausel 5:

Für Erwachsene gelten die Versicherungssummen in der vereinbarten Höhe bis zum Ende des Versicherungsjahres, in dem der Versicherte das 70. Lebensjahr vollendet hat. Ab diesem Zeitpunkt reduzieren sich die Versicherungssummen für den betreffenden Versicherten um 30 %. Der Versicherungsnehmer kann die Umstellung in eine Unfallversicherung für Senioren beantragen.“

Zwar wurde in 7 Ob 288/08s die Reduktion der Versicherungssumme bei gleichbleibenden gegenüber einer Jugend- oder Erwachsenenunfallversicherung wesentlich niedrigeren Prämien, wenn ein Kind 15 Jahre alt wird, als zulässig erachtet, weil allgemein bekannt ist, dass die Schadenshäufigkeit und Schadenshöhe bei Jugendlichen wesentlich höher ist als bei Kindern. Dies gilt aber nicht für den Erwachsenenunfallversicherungsvertrag bei dem ein Erwachsener eine Versicherung für Erwachsene abgeschlossen hat.

Das Einziehen einer willkürlichen Altersgrenze, die die Reduktion der Versicherungssumme bewirkt, ist objektiv überraschend und daher die Klausel nach § 864a ABGB unwirksam.

 

Klausel 6 und 7:

Als Obliegenheit, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß den Voraussetzungen und Begrenzungen des § 6 Abs 3 VersVG bewirkt, werden bestimmt:

Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Krankenanstalt sowie diejenigen Ärzte oder Krankenanstalten, von denen der Versicherte aus anderen Anlässen behandelt oder untersucht worden ist, sind zu ermächtigen und aufzufordern, die vom Versicherer verlangten Auskünfte gemäß § 11a VersVG zu erteilen und Berichte zu liefern. Ist der Unfall einem Sozialversicherer gemeldet, so ist auch dieser im vorstehenden Sinn zu ermächtigen.“ [K 6]

Als Obliegenheit, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß den Voraussetzungen und Begrenzungen des § 6 Abs 3 VersVG bewirkt, werden bestimmt:

Die mit dem Unfall befassten Behörden sind zu ermächtigen und zu veranlassen, die vom Versicherer verlangten Auskünfte gemäß § 11a VersVG zu erteilen.“ [K 7]

An der Verständlichkeit einer Klausel fehlt es auch dann, wenn zusammenhängende Bestimmungen und ihre nachteiligen Folgen deshalb nicht erkennbar sind, weil sie sich an unterschiedlichen Stellen des Bedingungswerks befinden (vgl 7 Ob 216/11g).

§ 11a VersVG ist im Anhang zu den Versicherungsbedingungen abgedruckt. Der bloße Verweis auf den, einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht geläufigen § 11a VersVG, lässt nach dem Klauselwerk aber in keiner Weise erkennen, dass dort weitere konkrete Voraussetzungen für die Ermächtigung zur Auskunftserteilung Dritter normiert werden, sodass der unrichtige Eindruck vermittelt wird, der Versicherungsnehmer sei jedenfalls zu einer umfassenden an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Ermächtigung zur Auskunftserteilung verpflichtet.

 

Klausel 8:

Nach Eintritt des Versicherungsfalles kann der Versicherer kündigen, wenn er den Anspruch auf die Versicherungsleistung dem Grunde nach anerkannt oder die Versicherungsleistung erbracht hat [...]“

S OGH in 7 Ob 84/16b: Durch die Klausel wird dem Versicherer die Möglichkeit eingeräumt, die Prämien während eines langen Zeitraums zu lukrieren und beim ersten Versicherungsfall (mag dieser auch nur in einer einmaligen Rechtsberatung liegen) den Versicherungsvertrag zu kündigen. Die Kündigungsrechte sind zwar formal gleich geregelt, jedoch besteht in diesen Fällen eine ganz erheblich unterschiedliche Interessenlage, die den Versicherer ohne sachliche Rechtfertigung deutlich bevorzugt. Er kann nach der Klausel uneingeschränkt kündigen, während die Möglichkeit für den Versicherungsnehmer keinen besonderen Wert hat. Inhaltlich besteht insofern ein grobes Ungleichgewicht. Wird dem Versicherer eine völlig unkonkrete Kündigungsmöglichkeit beim ersten – noch so kleinen – Rechtsschutzversicherungsfall eingeräumt, ist die Kündigungsregelung mangels objektiver Kriterien gröblich benachteiligend und hält schon aus diesem Grund der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB nicht Stand.

Diese Grundsätze sind auf die vorliegend Klausel zu übertragen, die die Kündigungsmöglichkeit beim ersten Versicherungsfall, mag dieser auch nur in der Knochenbruchpauschale – von hier 75 EUR – liegen, vorsieht.

 

Klausel 9:

Hat der Versicherer mit Rücksicht auf die vereinbarte Vertragszeit eine Ermäßigung der Prämie gewährt, so kann er bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages die Nachzahlung des Betrages fordern, um den die Prämie höher bemessen worden wäre, wenn der Vertrag nur für den Zeitraum abgeschlossen worden wäre, während dessen er tatsächlich bestanden hat.“

Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB, weil bei den Gründen für die vorzeitige Vertragsbeendigung keine Einschränkung vorgesehen und daher die Klausel auch dann anzuwenden sei, wenn der Vertrag aus einem vom Versicherer gesetzten wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst oder der Vertrag im Schadenfall aufgekündigt werde.

Die Beklagte setzte sich in ihrer Revision mit dieser Beurteilung in keiner Weise auseinander und brachte keine Argumente dagegen vor.

 

Klausel 10:

Jährliches Kündigungsrecht nach drei Jahren für beide Vertragspartner

In Ergänzung der diesem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen und Besonderen Bedingungen haben beide Vertragspartner das Recht, gegenständlichen Versicherungsvertrag, unabhängig von der in der Polizze festgesetzten Dauer zum Ende des dritten Jahres nach Vertragsbeginn oder danach jeweils zum Ende der laufenden Versicherungsperiode unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen. Für den Versicherungsnehmer gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat, für den Versicherer gilt eine Kündigungsfrist von drei Monaten, als vereinbart.“

Grundsätzlich enden befristete Vertragsverhältnisse mit Zeitablauf. § 8 Abs 3 VersVG sieht ausnahmsweise zu Gunsten des Versicherungsnehmers ein vorzeitiges – ordentliches – Kündigungsrecht bei einem befristeten Versicherungsvertrag vor. Nach den ErläutRV 1553 BlgNR 18. GP S 16 zu § 8 wird ausdrücklich festgehalten, dass das Kündigungsrecht nach dreijähriger Vertragsdauer nur dem Versicherungsnehmer, nicht aber auch dem Versicherer eingeräumt wird.

Es besteht nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers für den Versicherer gar nicht die Möglichkeit ein solches Kündigungsrecht zu seinen Gunsten zu vereinbaren, wird der Versicherer doch ausdrücklich auf eine entsprechende Wahrnehmung bei Vereinbarung der Befristung verwiesen. Die Klausel verstößt damit gegen das Gesetz und ist iSd § 879 Abs 1 ABGB nichtig.

 

Klauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2011):

Klausel 11:

Das Wahlrecht nach Pkt. 1. und 2. bezieht sich nur auf Personen, die ihren Kanzleisitz am Ort des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist. Wenn am Ort dieses Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde nicht mindestens vier solcher Personen ihren Kanzleisitz haben, erstreckt sich das Wahlrecht auf eine im Sprengel des zuständigen Landesgerichtes ansässige vertretungsbefugte Person.“

Zwar orientiert sich die Klausel am Gesetzestext (§ 158k Abs 2 VersVG), jedoch lässt sie die vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH Rs C-199/08 (10. 9. 2009) erforderliche Information weg, dass bei richtlinienkonformer Auslegung unter bestimmten Voraussetzungen auch ein nicht ortsansässiger Rechtsanwalt gewählt werden kann (RIS-Justiz RS0125556), jedenfalls wenn dieser verbindlich erklärt, seine Leistungen wie ein ortsansässiger Vertreter zu verrechnen. Die Klausel erweist sich also insoweit als unvollständig und damit als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.

 

Klausel 12:

Tritt nach der Kündigung eine Erhöhung des Tarifes aufgrund der Wertanpassung in Kraft, vermindert sich die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis, in dem die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie zu der im Zeitpunkt des Versicherungsfalles gültigen Tarifprämie steht.“

Der OGH hat zu wortgleichen Klauseln (7 Ob 62/15s [Art 14.3 ARB 2012]; 7 Ob 242/18s [Art 14.3 ARB 2005]; RS0130148) bereits ausgeführt: Im Falle einer Tariferhöhung kürzt der Versicherer seine Leistung (in jedem zukünftigen Versicherungsfall), was in keinem Zusammenhang mit der vereinbarten Versicherungssumme steht, die dann gleich bleibt. Damit wird das im Versicherungsvertrag vereinbarte Äquivalenzverhältnis einseitig und ohne gerechtfertigten Grund zu Gunsten des Versicherers verändert, denn er muss nun nicht mehr (nur) begrenzt durch die Versicherungssumme Leistungen erbringen, sondern kann diese noch entsprechend den Tarifänderungen kürzen. Diese durch die Klausel herbeigeführte einseitige Benachteiligung des Versicherungsnehmers ist überraschend, sachlich nicht gerechtfertigt und gröblich benachteiligend (Verstoß gegen §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB).

 

Klausel 13:

Im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Versicherungsfalles kann der Versicherungsvertrag unter folgenden Voraussetzungen gekündigt werden: [...]

3.2. Der Versicherer kann zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor überdurchschnittlicher oder ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Versicherung kündigen, wenn

- er den Versicherungsschutz bestätigt oder eine Leistung erbracht hat,

[…] Als überdurchschnittliche Inanspruchnahme gilt bei Versicherungsverträgen, deren Abschluss nicht zum Betrieb eines Unternehmens des Versicherungsnehmers gehört (Verbraucherverträge), wenn der Versicherer innerhalb der letzten 2 Versicherungsperioden den Versicherungsschutz mindestens 2 mal bestätigt oder 3 mal eine Leistung erbracht hat.“

Auch wenn das Kündigungsrecht in der Rechtsschutzversicherung nicht vollständig paritätisch sein muss, bedeutet dies nicht, dass sich der Versicherer ein unbeschränktes Kündigungsrecht einräumen und damit den Versicherungsnehmer, der nur eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten hat, gröblich benachteiligen darf. Ist es imparitätisch, müssen die Voraussetzungen für das Kündigungsrecht des Versicherers besonders genau präzisiert und objektivierbar sein, um beurteilen zu können, ob es iSd § 879 Abs 3 ABGB auch sachlich gerechtfertigt ist.

Auch wenn der Begriff „überdurchschnittliche Inanspruchnahme“ definiert wird, so führt doch schon der Umstand, dass nach der Klausel der Beratungsrechtsschutz nicht gesondert behandelt wird, dazu, dass die Beklagte bei kundenfeindlichster Auslegung selbst dann kündigen kann, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb der letzten zwei Versicherungsperioden zwei Mal den Versicherungsschutz für eine Rechtsberatung bestätigt oder drei Mal Leistung für eine Rechtsberatung anerkannt wurde, obwohl nach Art 22.3 ARB ausdrücklich eine häufigere Inanspruchnahme von Rechtsberatung vom Versicherungsschutz gedeckt ist.

Zusätzlich zeigt die Beklagte auch keine sachliche Rechtfertigung für eine Kündigung zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor überdurchschnittlicher Inanspruchnahme für den Fall auf, dass sie zwar zweimal innerhalb der letzten beiden Versicherungsjahre den Versicherungsschutz bestätigte, dies aber mit keinen Leistungen ihrerseits – beispielsweise aufgrund des Obsiegens des Versicherungsnehmers – verbunden war. Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend nach § 879 ABGB.

 

OGH 25.11.2020, 7 Ob 156/20x

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Das Urteil im Volltext.

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